Jewgeni SiderowJewgeni Siderow, Jahrgang 1981, kam aus Kondapoga, einer Kleinstadt in Karelien mit etwas über 30.000 Einwohnern. Seinem Profil auf VKontakte zu Folge waren seine Hobbys Fischen und Grillen. Und er suchte eine Partnerin. Warum er im Ukrainekrieg gelandet war, geht aus den wenigen Informationen nicht hervor. Dafür dürften die letzten Minuten im Leben von Jewgeni sich etwa so abgespielt haben:
Am 16.07.23 trat der Kommandant Michail Alexandrowitsch Tschischow vor seine Soldaten und gab Befehle. Der Mann war betrunken, sein Tross weigerte sich diese Anweisungen auszuführen.
Um sich durchzusetzen zwang der Befehlshaber seine Mannschaft auf die Knie, alle sollten ihre Waffen abgeben.  Und um seinen Befehlen Nachdruck zu verleihen,  gab der Mann -zumindest- einen Schuss ab. Der traf den schlafenden Jewgeni Siderow in die Brust.
Wie üblich gibt es nur wenige Nachrichten auf VKontakte zu diesen Vorfall. In Medien aus Karelien konnten wir keine Bestätigung finden, solche Vorfälle werden still vertuscht. Und sicher werden die Angehörigen von Jewgeni mit sehr viel Geld ruhig gestellt.
OM, 15.08.23

Oberleutnant Aleksey Alekseevich Melnikov, Kommandeur der 6. Kompanie, war ein wahrer Held. Mit seinen Männern hielt er sechs Angriffen der Ukrainer stand - trotz deren Exkalibur- und Streumunition. Schwer verletzt koordinierte er seine Leute und hielt die Stellung ganz alleine, so dass seine Leute ohne Verluste abziehen konnten und starb schließlich.
So oder noch viel ausschweifender kann man es in unendlich vielen Heldenerzählungen in den sozialen Medien lesen. Und es gibt sogar ein kurzes Video von der Ordensverleihung an die überlebende Mannschaft.
Doch auch die ukrainische Seite schläft nicht und veröffentlicht den Militärausweis und andere Dokumente des Oberleutnants, der sich nach ihren Angaben in ukrainischer Gefangenschaft befinde - schwer verletzt. Alles gefälscht, antwortet die russische Seite.
Doch seit wenigen Tagen kursiert jetzt ein Video, das einen schwer verletzten Soldaten im Krankenhausbett zeigt. Es soll sich Aleksey Alekseevich Melnikov handeln. Wir werden den Oberleutnant besser nicht in unsere Statistik aufnehmen.
OM, 15.08.23

Wjatscheslaw LjamaewWjatscheslaw Ljamaew aus Wolgograd wurde am 20. Juli 23 begraben. Er gehörte zum Bataillon der Gefängnisinsassen "Sturm-Z" und wurde Anfang Mai 23 bei Bakhmut getötet. Auch er hatte gehofft, eine lange Haftstrafe durch das Töten in einem fremden Land abkürzen zu können.
Dabei fing alles mit einem Begräbnis an. Eine Gruppe junger Freunde feierte den Geburtstag eines 22-jährigen Tadschiken. Wahrscheinlich ging es hoch her, so dass es dem Hausbesitzer Alexander Bulak zu viel wurde. Es kam zum Konflikt mit dem Geburtstagskind.
Der Konflikt wurde unter "Freunden" gelöst. Der Hausbesitzer und Wjatscheslaw Ljamaew schnappten sich ihren tadschikischen Freund und zerrten ihn in einen Scheunenkeller. Dort musste das Opfer sein eigenes Grab schaufeln, das die beiden Freunde dann zuschütteten.
Dumm nur - sie hatten das Opfer nicht nach dessen Mobiltelefon durchsucht. Also wurde das Kellergrab wieder frei gelegt. Das Handy fanden sie nicht, dafür stellten sie fest, dass das Opfer noch lebte. Hausbesitzer Bulak schlug mit einem Spaten den Ausländer zu Tode.
Das Gericht in Wolgograd verurteilte beide Täter zu langen Haftstrafen - Alexander Bulak bekam 19 Jahre, Wjatscheslaw Ljamaew bekam 17 Jahre Haft in strenger Kolonie.
OM, 14.08.23

Alexei Smirnow, 39 Jahre, kam aus der Kleinstadt Tschulym in Sibirien und arbeitete als Kraftfahrer. Er wurde im Herbst 2022 mobilisiert, im Ural ausgebildet und kam über die Region Belgorod an die Front bei Luhansk.
Alexei erlitt an der Front einen Granatenschock. Das Pfeifen und die Explosionen der Granaten kann bei Soldaten eine schwere posttraumatische Belastungsstörung hervorrufen, so dass diese nicht mehr diensttauglich sind. Ständiges unkontrolliertes Zittern, Zucken, Panikattacken und Essstörungen können als Symptome auftreten.
Alexei bekam zudem durch die nassen Schützengräben eine Lungenentzündung, sein Kreislauf spielte verrückt, schmerzende Beine und Krampfadern waren die Folge, dazu ständige Kopfschmerzen.
Ende Mai 23 wurde Alexei nach Hause geschickt und kam ins Krankenhaus nach Nowosibirsk. Ende Juni wurde er aus dem Hospital entlassen und starb noch am gleichen Abend zuhause an einem Herzinfarkt.

„Die Generation von 1914 ist gestorben im Krieg, auch wenn sie seinen Granaten entkam.“
– Im Westen nichts Neues von Erich Maria Remarque 1928

Eduard Aidarovich SufiyanovEduard Aidarovich Sufiyanov kam aus dem Dorf Druzhinino in der Oblast Swerlowsk. Der Vertragssoldat und Unteroffizier  habe seine Pflicht bis zum Ende erfüllt. Er wäre ein Beispiel für Mut und Selbstlosigkeit gewesen und hätte den Frieden und die Sicherheit Russlands vor Nationalsozialismus und Neofaschismus verteidigt, heißt es in seinem Nachruf auf der VKontakte-Seite des Dorfes. Im Juni  wurde Eduard in der Region Donezk getötet und am 5. Juli in seinem Heimatdorf begraben.
Eduard ist einer von den weit über 20.000 Kriegstoten, die wir hier namentlich vorgestellt haben. Und er ist gleichzeitig der 1.000. Gefallene der Region Swerdlowsk in unseren Liste, die damit als erste Region in den vierstelligen Bereich wechselt.
OM, 30.07.23

Juri ChartschelawaJuri Chartschelawa stammte aus dem Dorf Starojurjewo in der Region Tambow und war 61 Jahre alt. Als Freiwilliger der Bars13-Einheit kämpfte er in der Ukraine. Am 16. Juni 23 wurde er getötet.
Seine Tochter schrieb zur Meldung seines Todes: "Zum ersten Mal, dass ich so schreibe, sind die Gedanken noch nicht gesammelt. Passt nicht in meinen Kopf. Ich liebe ihn sehr. Ich kann es nicht verstehen."
Viel weniger verständlich ist eigentlich die Tatsache, dass ein 61-jähriger Mann meint, in den Krieg ziehen müssen. Wahrscheinlich wurde auch er durch das hohe Salär angeworben, mit dem der Staat die Armen in den Krieg lockt. Und die Tochter kann sich jetzt über die Höhe der stattlichen Abfindung freuen, die locker für eine Eigentumswohnung reicht.
OM, 27.07.23

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