15.07.2024 -- 61.949 // Zuwachs zum 30.06.24: 2.489
Utschkul ist ein muslimisch geprägter Flecken in der Region Perm. Bei der Volkszählung 2010 fand man im Dorf noch 78 Menschen, 46 Frauen und 32 Männer. In diesem Dorf wohnte Raschit Nakijewitsch Ibrajew, ein ehemaliger Automechaniker, der seinen Ruhestand genießen hätte können. Der Mann wurde am 14.11.1959 geboren, hatte einen Sohn und war geschieden (Lebenslauf [übersetzt]). Doch er entschloss sich, auch noch einen Beitrag zum russischen Krieg gegen die Ukraine zu leisten, dabei hatte Raschit nicht einmal in jungen Jahren Wehrdienst geleistet.
Wie zu erwarten ging diese Entscheidung schlecht aus, am 8. Februar 24 begab er sich auf die Reise, bereits am 23. März war er tot. Die Rückreise dauerte länger, erst am 27. Mai fand seine Beisetzung statt. Und irgendwie war der Trauerredner auch nicht ganz bei Sinnen, als er am Leichnam verkündete: "Wir wünschen Ihnen Kraft und Geduld, Gesundheit und Wohlstand. Er wird für immer in unseren Herzen und in unserer Erinnerung bleiben. Möge die Erde in Frieden ruhen, schlaf gut, Soldat!"
Viktor Alexandrowitsch Tschugurow und Alexej Wiktorowitsch Nasirow waren Vater und Sohn. Sie kamen aus dem Pawlowski Bezirk der Region Uljanowsk. Über die beiden ist sonst so gut wie nichts bekannt, nur dass beide in den Krieg gegen die Ukraine gezogen sind. Und wie es das Schicksal wollte, sind beide auch gemeinsam tot zurück gekommen. Am 26. Mai24 wurden beide gemeinsam im Dorf Nowaja Kamajewka bestattet.
Der russische Dienst der BBC hat heute einen detaillierten Bericht über die im Kampf um die Stadt Bakhmut gefallenen Wagner-Söldner vorgelegt. Die Redaktion hat Listen über die Entschädigungszahlen für die getöteten Söldner zugespielt bekommen. Danach wurden 108 Milliarden Rubel an die Hinterbliebenen ausgezielt, also etwa 1,08 Milliarden Euro. Über die Entschädigungszahlungen für verletzte Soldaten wurde allerdings nichts bekannt. Für jeden gefallenen Söldner erhielten Angehörigen eine Prämie von fünf Millionen Rubel.
Im Prinzip bestätigen die Listen die Angaben von Jewgeni Prigoschin selbst, dass etwa 20.000 Söldner beim Kampf um Bakhmut gefallen sind. Allerdings gab Prigoschin an, dass etwa die Hälfte der Kriegstoten reguläre Söldner gewesen wären, die andere Hälfte aus der Haft rekrutierte Gefängnisinsassen. Diese Angabe stellte sich als falsch heraus. Tatsächlich dürften etwa 17.000 ehemalige Häftlinge sein und 3.000 normale Söldner.
"Die BBC erhielt eine vollständige Liste mit persönlichen Daten von 19.547 toten Wagner-Anhängern, von denen nicht 50 % Gefangene waren, wie Prigozhin behauptete, sondern insgesamt 88 % – das sind 17.175," schreibt die BBC.
Ebenfalls bestätigten die Zahlen, dass die Gruppe Wagner knapp 50.000 Häftlinge aus den russischen Strafanstalten rekrutiert hatte. "Wen brauchen wir? Der ideale Kandidat ist sozusagen ein Mann aus dem strengen Regime, kein Erstverurteilter. Er ist 30-45 Jahre alt, stark, selbstbewusst, zäh. ...Vorzugsweise mehr als einmal wegen Mord, schwerer Körperverletzung, Raub, Raubüberfall [verurteilt]. Wenn er ein paar Verwaltungsbeamte oder Polizisten [verprügelt hat] - das ist noch besser. Wir brauchen Ihre kriminellen Talente", sagte Prigozhin bei einer Rekrutierung im Straflager.
Im zentralen Teil Tschuwaschiens liegt das kleine Dorf Tschuwaschisch-Timjaschi mit 850 Einwohnern. Es hat auch schon bessere Tage erlebt, die Bevölkerung schrumpft. Aus diesem Dorf kam Aleksey Nikolajewitsch Radjukow, ein Veteran des sowjetischen Afghanistankrieges und folglich auch nicht mehr ganz jung. Mit seinen 57 Jahren und zahlreichen Medaillien für Mut glaubte Aleksey auch noch im Krieg gegen die Ukraine gebraucht zu werden. "Er konnte nicht zu Hause bleiben, als die Hydra der braunen Pest gegen Russland aufstieg," schrieb ein unbekannter Autor in seinem Nachruf. Aleksey wurde am 24. März 24 getötet.
Der nächste hochrangige russische Offizier, der am 20. Mai 24 getötet wurde, dürfte ebenfalls ein Opfer des Raketenangriffs auf einen Kommandoposten in der Region Luhansk sein. In der Nachricht seines Todes fehlen allerdings genauere Angaben.
Dabei handelt es sich um Oberst Roman Wiktorowitsch Guryanow, geboren am 10.03.1978, aus der Kleinstadt Bikin in der Region Chabarowsk. Auch Gryanow hat sich Meriten in Syrien verdient und an seine breite Brust geheftet. Er soll eine ABC-Schutzeinheit kommandiert haben, viel mehr ist nicht bekannt.
Am 20. Mai gab es einen weitreichenden Raketenangriff der ukrainischen Armee auf ein Dorf in der Region Luhansk. Ziel war eine Akademie des Innenministeriums der Luhansker Regierung, die auch als Kommandoposten der russischen Armee diente. In dem Gebäudekomplex fand gerade eine Besprechung hochrangiger Offiziere statt. Nach einem Telegramkanal wurden 13 Militärangehörige getötet und weitere 26 verletzt.
Zumindest ein Todesopfer können wir inzwischen benennen. Es ist Oberst Igor Gennadjewitsch Micherkin, geb. am 27. Mai 1979 in der Stadt Tscheboksary, Republik Tschuwaschien. Seine Schwester meldete seinen Tod.
Zurück in die achtziger Jahre - es entstand ein Projekt für eine große Publikumszeitschrift. Diese sollte aber nicht auf normalem Magazinpapier gedruckt werden, sondern auf dem damals neu eingeführten grauen Umweltpapier, das ohne umweltschädliche Chlorbleiche auskam. Das gab drucktechnisch große Herausforderungen, viele Großdruckereien konnten damit nicht umgehen. Und auch die Gestaltung war diffizil, feingerasterte Fotos waren auf dem Papier nicht möglich. Auch der Farbdruck mit den vier Farben Cyan, Magenta, Yellow und Schwarz machte Probleme. Dafür hatte ein Professor für Grafikdesign und begnadeter Typograph ein Gesamtkonzept entworfen, das im Druck mit eigenen Volltonfarben arbeitete: Ein knalliges Blau & Rot, ein warmes Gelb und natürlich schwarz.
Die Technik hat sich seither stark verändert, Umweltpapier gab es später auch in weiß in guter Qualität und der Computer hat die Lithografieverfahren im Druck abgelöst. Das Magazin, das früher so anders war, kann man heute in der Anmutung von anderen Printerzeugnissen nicht mehr unterscheiden.
All das war ein guter Grund die Gestaltung dieser Seiten an dieses Farbkonzept anzulehnen - eine Reminiszenz an die alten Zeiten und Herausforderungen. In Bezug auf die Typographie allerdings mussten wir passen - zu kompliziert umzusetzen.
Jeden Tag stellen wir einen neuen jungen russischen Soldaten vor, der im Krieg gegen die Ukraine gefallen ist. Dabei zeigen wir nur Kriegsopfer, die im Jahr 2000 oder später geboren wurden. Es sind willkürliche Beispiele aus einer großen Menge, die wir niemals alle zeigen können. In einer Woche im Juli hatten wir 59 Kriegstote, geboren 2000 oder jünger.
Ein kurzer Blick auf den Kopf unserer Seite zeigt, die Opferzahlen im russischen Angriffskrieg steigen immer weiter. Knapp 2.500 getötete Soldaten in 14 Tagen hatten wir noch nie.
Unsere Sache ist: All das zu verarbeiten ist eine extreme Herausforderung an unser kleines Team.
Die wichtigste Sache aber bleibt: Wie lange kann Russland diesen Angriffskrieg mit all den vielen Toten noch rechtfertigen?
Nach Informationen des britischen Geheimdienstes plant Russland die Bandbreite von Youtube einzuschränken, damit der populäre Dienst in Russland kaum noch zu benutzen ist. Wir brauchen keinen Geheimdienst um täglich die Erfahrung zu machen, dass viele staatliche Informationsportale in Russland für uns nicht mehr erreichbar sind.
Zudem wird offensichtlich auch die Bandbreite von VKontakte und Odnoklassniki (Klassenkameraden) aus Russland heraus gedrosselt, so dass die Seiten sich nur zögerlich öffnen.
Die letzten Tage konnten wir leider keine neuen Beiträge einstellen. Es ist Ferienzeit, da liegt man lieber in der Sonne und einen großen Teil unserer Arbeit sieht man sowieso nicht - nämlich das Erfassen der russischen Kriegstoten. Aber auch da sind wir in Rückstand geraten.
Der Grund waren Debatten mit unseren technischen Dienstleistern, die gerne mehr wollen, als wir uns zumuten können. Verständlich - aber der Schwerpunkt sollte bei unserer redaktionellen Arbeit liegen.
Eine unserer wichtigsten Informationsquellen aus Tatarstan ist aus Deutschland nicht mehr erreichbar. https://kazanreporter.ru/ - war für uns eine zuverlässige Informationsquelle, die zahlreichen Links auf deren Meldungen werden wohl ins Leere laufen.
Dies trifft übrigens auch auf viele staatlichen Institutionen aus Russland zu, auch deren Seiten sind nicht mehr erreichbar. Zudem scheint auch die Bandbreite der russischen sozialen Medien geringer zu werden. Über die Woche hinweg dauert das Laden der Seiten länger oder die Seiten öffnen sich gar nicht.
Übrigens - auch die Einwahl über einen Proxy im Ausland führt zu keinem besseren Ergebnis.
Der russische Krieg gegen die Ukraine wird immer wilder. Wir sitzen die ganze Woche an den Daten und es wird immer schwieriger aktuell zu bleiben - trotz täglich sechs bis acht Stunden Beschäftigung auch am Wochenende.
In etwa einer Woche werden wir alle Listen/Tabellen der Regionen und unseren Seiten aktualisiert haben. Allerdings hinkt unsere Datenbank im Moment um etwa 10 Tage zurück, das bedeutet, dass die Zahlen des Monats Juni 24 eigentlich höher sind. Nur kommen wir nicht hinterher.
Wer stoppt die Wahnsinnigen im Kreml, die gnadenlos ihre Soldaten in diesem Krieg verheizen?
Wir alle in unserem kleinen Team haben den Wehrdienst verweigert, das zu unserer Entschuldigung. Wir haben bisher den militärischen Rang eines Fähnrichs als Offiziersanwärter behandelt, also ein Offizier in Ausbildung. Entsprechend haben wir den Rang eines "Unterleutnants" vereinheitlicht als Fähnrich, da wir im deutschen Sprachgebrauch so etwas selten/nie gehört hatten. Wir mussten uns belehren lassen: Fähnrich ist ein Unteroffiziersdienstgrad, Unterleutnant ein Offiziersdienstgrad. Wir werden das künftig berücksichtigen.
28.06.24
Ob das alles so richtig ist, was Dieter Süverkrüp in seinem Lied zusammendichtete, da könnte man über 40 Jahre später trefflich streiten. Im Kinderladen war das Lied auch 20 Jahre später bei den Kids ein Hit. Gemeint ist der Baggerführer Willibald, denn Baggerführer wollen viele Kinder gerne werden.
Das als Hinweis auf die heutige Überschrift "Baggerführer Dmitri", der besser auch so ein freundlicher Mensch geblieben wäre.
26.06.24
Wir haben uns immer wieder gewundert, warum das Kriegsgebiet in der Ukraine in den -übersetzten - Meldungen notorisch "nördlicher Militärbezirk" genannt wird, liegt die Ukraine doch deutlich südlich von Moskau. So ein Quatsch, Google übersetzt СВО (übersetzt SWO) immer als nördlichen Militärbezirk, dies ist aber die Abkürzung für jene "Spezielle Militäroperation (russisch - Специа́льная вое́нная опера́ция) ". Wenn wir viel Zeit haben, werden wir das noch korrigieren. Bis dahin muss diese Erklärung reichen.
Gleich vorneweg - unser Erleben in den russischen sozialen Netzwerken ist sehr einseitig. Gerade bearbeiten wir den Zeitraum zwischen 3. und 15. Juni in Bezug auf Region, Alter und Todesdatum. Das geht nur langsam voran, da wir uns häufig in den vielen Kommentaren verlieren. So viel Unruhe über die vielen Kriegstoten gab es noch nie.
20.06.24
Nachdem die Aufmerksamkeit zu unseren Veröffentlichungen wächst, eine kurze Information zu OskarMaria.
Unter diesem Pseudonym war der Initiator im Internet seit über 25 Jahren recht unregelmäßig präsent. Ab dem Jahr 2014 hat er hier über die Situation in den von Russland besetzten Gebieten des Donbass geschrieben. Als einer der ersten Journalisten überhaupt inormierte er über die damals neu gegründete Gruppe Wagner.
Beruflich war er seit den 80-iger Jahren Geschäftsführer von diversen Medienunternehmen im Printbereich. Jetzt im Ruhestand, Kinder erwachsen, bleibt etwas mehr Zeit, die gesammelten Erfahrungen zusammen mit wenigen Mitstreitern für dieses Projekt zu nutzen.
Nachtrag: OskarMaria– das ist eine kleine Verbeugung vor dem beinahe vergessenen Schriftsteller Oskar Maria Graf. In Zeiten der Bücherverbrennungen wurden seine Werke von den Nazis verschont, ja sogar teilweise empfohlen. „Verbrennt mich!“ schrieb er 1933 in der Wiener Arbeiterzeitung, „nach meinem ganzen Leben und nach meinem ganzen Schreiben habe ich das Recht, zu verlangen, dass meine Bücher der reinen Flamme des Scheiterhaufens überantwortet werden und nicht in die blutigen Hände und die verdorbenen Hirne der braunen Mordbanden gelangen!“ Schließlich floh er in die USA – dort lebte er in bescheidenen Verhältnissen. Deutschland wollte den unbequemen Mann nach dem Krieg nicht wieder haben. Er starb 1967 in New York.
Literaturempfehlung: Wir sind Gefangene - Autobiograhie 1927.
Doppelt
Wladimir: 25. Artem Kozhenkov // Nischni Nowgorod: 35 Artem Kozhenkov
Wolgograd: 01 Juri Agarkov // Pskow: 41 Juri Agarkow
Kutelev Stanislav, dreifach, Kostroma, Rjasan und Orenburg. Nur Orenburg
Nikolai Symov, Rjasan & Tschuwaschien - nur Tschuwaschien
Mamontov Mikhail - Krasnodar Teil 1 & Teil 2
Ivan Alekseevich Chulkov, Kostroma, Pos. 51/56
Elimov Alexey Michailowitsch , Kostroma & Tschuwaschien
Falsch einsortiert
Ruslan Khamitov, Tscheljabinsk, kein Söldner der Gruppe Wagner