15.07.2024 -- 61.949 // Zuwachs zum 30.06.24: 2.489
Als Freiwilliger zog der 36-jährige Ilja Bacharew von Nowosibirsk aus in den Krieg. Er hat diese Entscheidung nicht überlebt. Seine Familie ging den Umständen seines Todes nach und erfuhr zunächst, dass Ilja seine Einheit ohne Erlaubnis verlassen hätte. Was auch zutreffend war, denn seine Leiche war im Wald vergraben und seine persönlichen Gegenstände verbrannt worden. Nach Feststellungen der Familie wären in dieser Militäreinheit Gewalt, Schläge und Erpressungen an der Tagesordnung gewesen.
Die beiden mutmaßlichen Täter waren inzwischen geflohen. Es stehen junge Soldaten aus dem fernen Osten Russlands unter Verdacht - einer aus Chabarowsk, der andere aus Birobidschan, der Hauptstadt des jüdischen autonomen Gebiets.
Iljas Schwester hat bei change.org inzwischen eine Online-Petition gestartet, in der der gesuchte Kriegsverbrecher Wladimir Putin aufgefordert wird, der Sache nachzugehen.
Maxim Perevezentsev war ein Umweltaktivist aus der Region Swerdlowsk, ein Anhänger direkter Demokratie und Unterstützer lokaler ethnischer Minderheiten wie der Mansi. Das alles klingt ganz gut, wenn da nicht auch großrussische Träume und antisemitische Mißtöne mitschwingen würden.
Folglich setzte sich der Mann für ein großrussisches Reich ein und lehnte die Existenz einer eigenständigen Ukraine ab. Er meldete sich freiwillig zum Krieg. Am 8. November beendete eine Granate sein Leben, sein Tod konnte nur anhand der DNA nachgewiesen werden. Einen Nachruf aus Russland veröffentlichen wir hier.
OM 09.01.23
Dmitri Medwedew war immer ein treuer Gefolgsmann von Wladimir Putin. Von 2008 bis 2012 fungierte er sogar als dessen Platzhalter im Präsidentenamt, weil Putin auf Grund der Verfassung damals nicht kandidieren durfte.
Seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine informiert er die Öffentlichkeit über einen eigenen Telegram-Kanal. Die Kriegsziele definierte er damals so: „Wir werden weiter für die Weltordnung kämpfen, die der Russischen Föderation und unseren Bürgern entspricht. In der kein Platz ist für Nazis, historische Lügen und Völkermord.“
Eine Zeitlang galt das als allgemeine Begründung für den Krieg, doch in letzter Zeit hat sich die Sichtweise von Medwedew stark verändert.
Am 4. November, dem russischen Tag der Nationalen Einheit, schrieb Dmitri Medwedew seinem Publikum per Telegram: „Wir haben die Möglichkeit, alle Feinde in die feurige Hölle zu schicken, aber das ist nicht unsere Aufgabe. Wir hören in unseren Herzen auf die Worte des Schöpfers und gehorchen ihnen. Diese Worte geben uns einen heiligen Zweck. Das Ziel ist es, den höchsten Herrscher der Hölle aufzuhalten, egal welchen Namen er verwendet – Satan, Luzifer oder Iblis. Denn sein Ziel ist der Tod. Unser Ziel ist das Leben."
OM, 07.11.22
Birante Dembaevich Sakkho saß wegen Drogenhandel in einem Gefängnis in Karelien im russischen Norden. Birante ist der Sohn eines Mauretaniers und einer Russin. Der Vater ist seit langer Zeit wieder in seiner Heimat, seine Mutter gestorben. Es ist leicht, in Russland wegen Drogen ins Gefängnis zu kommen. Es reichen 100 Gramm Marihuana, 25 Gramm Haschisch oder fünf Gramm Kokain. Darauf steht laut aktueller Rechtsprechung eine Haftstrafe von drei bis zehn Jahren.
Die Gruppe Wagner rekrutierte 30 Personen aus dem Gefängnis, in dem Birante seine Strafe absaß, darunter auch Birante, der im Marinecorps gedient hatte. Bei den Kämpfen um Soledar und Bakhmut sollen die meisten Häftlinge gefallen sein. Darunter auch Birante, der in einem Zinksarg in einem karelischen Dorf beerdigt wurde.
Soweit die Erzählung auf VKontakte, den Wahrheitsgehalt können wir nicht überprüfen. Aber die Rahmenereignisse sind unbedingt stimmig. OM, 18.10.22
Zemfira Suleymanova, 25-jährige Aktivistin und Cover-Girl der Limonow-Partei ist ein weiteres Opfer des russischen Krieges in der Ukraine. Die Limonow-Partei (eigentlicher Name "Das andere Russland") ist eine Gründung des verstorbenen Schriftstellers Eduard Limonow, dessen politische Gesinnung von ganz links nach ganz rechts mäanderte. Was Zemfira ins Kriegsgebiet trieb ist unklar - irgend etwas mit humanitärer Hilfe, freiwilligem Militär und Journalismus.
Am 15. August, wurde das Auto, in dem Zemfira zusammen mit einem Soldaten der russisch gesteuerten Donezker Volksrepublik unterwegs war, zwischen Donezk und Novomikhailovka von einer ukrainischen Panzermine in die Luft gesprengt. Dreharbeiten waren geplant. Semfira starb an hohem Blutverlust.
Anmerkung: Der Gruß "Ja-Tod" war ein Motto der Nationalbolschewistischen Partei Russlands, die 2005 verboten wurde und als deren Nachfolger sich die Limonow-Partei versteht.
OM, 17.08.22
Igor Girkin versuchte offensichtlich gestern mit einem Alias-Geheimdienstpass auf die annektierte Krim zu gelangen und wollte von dort weiter an die Cherson-Front. Offensichtlich ist er der Meinung, dass dort seine Erfahrung und sein Durchsetzungswille unbedingt gebraucht würden. Doch er wurde von der Polizei abgefangen und durfte nicht weiter. In Haft wurde er aber auch nicht genommen. Auf VKontakte schrieb er zu seiner Aktion: "Früher oder später werde ich definitiv an der Front sein (dieser Krieg wird, wie ich im Voraus gewarnt habe, lang und schwierig sein). Aber nicht jetzt." OM, 14.08.22
Zurück in die achtziger Jahre - es entstand ein Projekt für eine große Publikumszeitschrift. Diese sollte aber nicht auf normalem Magazinpapier gedruckt werden, sondern auf dem damals neu eingeführten grauen Umweltpapier, das ohne umweltschädliche Chlorbleiche auskam. Das gab drucktechnisch große Herausforderungen, viele Großdruckereien konnten damit nicht umgehen. Und auch die Gestaltung war diffizil, feingerasterte Fotos waren auf dem Papier nicht möglich. Auch der Farbdruck mit den vier Farben Cyan, Magenta, Yellow und Schwarz machte Probleme. Dafür hatte ein Professor für Grafikdesign und begnadeter Typograph ein Gesamtkonzept entworfen, das im Druck mit eigenen Volltonfarben arbeitete: Ein knalliges Blau & Rot, ein warmes Gelb und natürlich schwarz.
Die Technik hat sich seither stark verändert, Umweltpapier gab es später auch in weiß in guter Qualität und der Computer hat die Lithografieverfahren im Druck abgelöst. Das Magazin, das früher so anders war, kann man heute in der Anmutung von anderen Printerzeugnissen nicht mehr unterscheiden.
All das war ein guter Grund die Gestaltung dieser Seiten an dieses Farbkonzept anzulehnen - eine Reminiszenz an die alten Zeiten und Herausforderungen. In Bezug auf die Typographie allerdings mussten wir passen - zu kompliziert umzusetzen.
Jeden Tag stellen wir einen neuen jungen russischen Soldaten vor, der im Krieg gegen die Ukraine gefallen ist. Dabei zeigen wir nur Kriegsopfer, die im Jahr 2000 oder später geboren wurden. Es sind willkürliche Beispiele aus einer großen Menge, die wir niemals alle zeigen können. In einer Woche im Juli hatten wir 59 Kriegstote, geboren 2000 oder jünger.
Ein kurzer Blick auf den Kopf unserer Seite zeigt, die Opferzahlen im russischen Angriffskrieg steigen immer weiter. Knapp 2.500 getötete Soldaten in 14 Tagen hatten wir noch nie.
Unsere Sache ist: All das zu verarbeiten ist eine extreme Herausforderung an unser kleines Team.
Die wichtigste Sache aber bleibt: Wie lange kann Russland diesen Angriffskrieg mit all den vielen Toten noch rechtfertigen?
Nach Informationen des britischen Geheimdienstes plant Russland die Bandbreite von Youtube einzuschränken, damit der populäre Dienst in Russland kaum noch zu benutzen ist. Wir brauchen keinen Geheimdienst um täglich die Erfahrung zu machen, dass viele staatliche Informationsportale in Russland für uns nicht mehr erreichbar sind.
Zudem wird offensichtlich auch die Bandbreite von VKontakte und Odnoklassniki (Klassenkameraden) aus Russland heraus gedrosselt, so dass die Seiten sich nur zögerlich öffnen.
Die letzten Tage konnten wir leider keine neuen Beiträge einstellen. Es ist Ferienzeit, da liegt man lieber in der Sonne und einen großen Teil unserer Arbeit sieht man sowieso nicht - nämlich das Erfassen der russischen Kriegstoten. Aber auch da sind wir in Rückstand geraten.
Der Grund waren Debatten mit unseren technischen Dienstleistern, die gerne mehr wollen, als wir uns zumuten können. Verständlich - aber der Schwerpunkt sollte bei unserer redaktionellen Arbeit liegen.
Eine unserer wichtigsten Informationsquellen aus Tatarstan ist aus Deutschland nicht mehr erreichbar. https://kazanreporter.ru/ - war für uns eine zuverlässige Informationsquelle, die zahlreichen Links auf deren Meldungen werden wohl ins Leere laufen.
Dies trifft übrigens auch auf viele staatlichen Institutionen aus Russland zu, auch deren Seiten sind nicht mehr erreichbar. Zudem scheint auch die Bandbreite der russischen sozialen Medien geringer zu werden. Über die Woche hinweg dauert das Laden der Seiten länger oder die Seiten öffnen sich gar nicht.
Übrigens - auch die Einwahl über einen Proxy im Ausland führt zu keinem besseren Ergebnis.
Der russische Krieg gegen die Ukraine wird immer wilder. Wir sitzen die ganze Woche an den Daten und es wird immer schwieriger aktuell zu bleiben - trotz täglich sechs bis acht Stunden Beschäftigung auch am Wochenende.
In etwa einer Woche werden wir alle Listen/Tabellen der Regionen und unseren Seiten aktualisiert haben. Allerdings hinkt unsere Datenbank im Moment um etwa 10 Tage zurück, das bedeutet, dass die Zahlen des Monats Juni 24 eigentlich höher sind. Nur kommen wir nicht hinterher.
Wer stoppt die Wahnsinnigen im Kreml, die gnadenlos ihre Soldaten in diesem Krieg verheizen?
Wir alle in unserem kleinen Team haben den Wehrdienst verweigert, das zu unserer Entschuldigung. Wir haben bisher den militärischen Rang eines Fähnrichs als Offiziersanwärter behandelt, also ein Offizier in Ausbildung. Entsprechend haben wir den Rang eines "Unterleutnants" vereinheitlicht als Fähnrich, da wir im deutschen Sprachgebrauch so etwas selten/nie gehört hatten. Wir mussten uns belehren lassen: Fähnrich ist ein Unteroffiziersdienstgrad, Unterleutnant ein Offiziersdienstgrad. Wir werden das künftig berücksichtigen.
28.06.24
Ob das alles so richtig ist, was Dieter Süverkrüp in seinem Lied zusammendichtete, da könnte man über 40 Jahre später trefflich streiten. Im Kinderladen war das Lied auch 20 Jahre später bei den Kids ein Hit. Gemeint ist der Baggerführer Willibald, denn Baggerführer wollen viele Kinder gerne werden.
Das als Hinweis auf die heutige Überschrift "Baggerführer Dmitri", der besser auch so ein freundlicher Mensch geblieben wäre.
26.06.24
Wir haben uns immer wieder gewundert, warum das Kriegsgebiet in der Ukraine in den -übersetzten - Meldungen notorisch "nördlicher Militärbezirk" genannt wird, liegt die Ukraine doch deutlich südlich von Moskau. So ein Quatsch, Google übersetzt СВО (übersetzt SWO) immer als nördlichen Militärbezirk, dies ist aber die Abkürzung für jene "Spezielle Militäroperation (russisch - Специа́льная вое́нная опера́ция) ". Wenn wir viel Zeit haben, werden wir das noch korrigieren. Bis dahin muss diese Erklärung reichen.
Gleich vorneweg - unser Erleben in den russischen sozialen Netzwerken ist sehr einseitig. Gerade bearbeiten wir den Zeitraum zwischen 3. und 15. Juni in Bezug auf Region, Alter und Todesdatum. Das geht nur langsam voran, da wir uns häufig in den vielen Kommentaren verlieren. So viel Unruhe über die vielen Kriegstoten gab es noch nie.
20.06.24
Nachdem die Aufmerksamkeit zu unseren Veröffentlichungen wächst, eine kurze Information zu OskarMaria.
Unter diesem Pseudonym war der Initiator im Internet seit über 25 Jahren recht unregelmäßig präsent. Ab dem Jahr 2014 hat er hier über die Situation in den von Russland besetzten Gebieten des Donbass geschrieben. Als einer der ersten Journalisten überhaupt inormierte er über die damals neu gegründete Gruppe Wagner.
Beruflich war er seit den 80-iger Jahren Geschäftsführer von diversen Medienunternehmen im Printbereich. Jetzt im Ruhestand, Kinder erwachsen, bleibt etwas mehr Zeit, die gesammelten Erfahrungen zusammen mit wenigen Mitstreitern für dieses Projekt zu nutzen.
Nachtrag: OskarMaria– das ist eine kleine Verbeugung vor dem beinahe vergessenen Schriftsteller Oskar Maria Graf. In Zeiten der Bücherverbrennungen wurden seine Werke von den Nazis verschont, ja sogar teilweise empfohlen. „Verbrennt mich!“ schrieb er 1933 in der Wiener Arbeiterzeitung, „nach meinem ganzen Leben und nach meinem ganzen Schreiben habe ich das Recht, zu verlangen, dass meine Bücher der reinen Flamme des Scheiterhaufens überantwortet werden und nicht in die blutigen Hände und die verdorbenen Hirne der braunen Mordbanden gelangen!“ Schließlich floh er in die USA – dort lebte er in bescheidenen Verhältnissen. Deutschland wollte den unbequemen Mann nach dem Krieg nicht wieder haben. Er starb 1967 in New York.
Literaturempfehlung: Wir sind Gefangene - Autobiograhie 1927.
Doppelt
Wladimir: 25. Artem Kozhenkov // Nischni Nowgorod: 35 Artem Kozhenkov
Wolgograd: 01 Juri Agarkov // Pskow: 41 Juri Agarkow
Kutelev Stanislav, dreifach, Kostroma, Rjasan und Orenburg. Nur Orenburg
Nikolai Symov, Rjasan & Tschuwaschien - nur Tschuwaschien
Mamontov Mikhail - Krasnodar Teil 1 & Teil 2
Ivan Alekseevich Chulkov, Kostroma, Pos. 51/56
Elimov Alexey Michailowitsch , Kostroma & Tschuwaschien
Falsch einsortiert
Ruslan Khamitov, Tscheljabinsk, kein Söldner der Gruppe Wagner