2014 12 27 sachartschenko kleinMan kennt es aus vielen Filmen: Ein Mordauftrag innerhalb der Mafia wurde durchgeführt. Die Gemeinde trauert in sehr großer Anzahl und nimmt Abschied von dem Opfer. Unter den weinenden Trauergästen befinden sich auch die Mörder und deren Auftraggeber und kondolieren den Hinterbliebenen. Alles nur Fiktion? Aber genau diese Scharade wurde höchstwahrscheinlich Anfang September nach der Ermordung von Alexander Sachartschenko aufgeführt, dem damaligen Chef der ‚Donezker Volksrepublik‘. (Foto: Alexander Sachartschenko aufgenommen von Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Lizenz: СС-BY-SA )

 Erinnern wir uns – Alexander Sachartschenko wurde am 31.August 2018 beim Betreten eines Cafés getötet. Eine Bombe, die in der Deckenverkleidung angebracht war, tötete ihn und einen Leibwächter. Mit großem Pomp wurde seine Beerdigung zelebriert, an der bis zu 100-tausend Menschen teilgenommen haben sollen. Sogar der russische Präsident Putin kondolierte.

Verantwortlich für den Mord wurde der ukrainische Geheimdienst gemacht. Und die dortigen Sicherheitsbehörden präsentierten schnell einen im Jahr 2017 Verhafteten, der bezeugte, dass er bei der Vorbereitung eines Attentats im Auftrag der Ukraine mitgemacht hätte. Danach hörte man nichts über weitere Ermittlungen.

Alexander Sachartschenko hatte sich in Donetsk eine eigene Machtbasis geschaffen. Der Separatistenchef verfügte über eigene Truppen, die nicht wie sonst von russischen Offizieren vor Ort befehligt worden waren. Dazu gehörte die ‚Republikanische Garde‘, das Spezialeinheiten-Regiment ‚SpezNas‘, ein Raketenwerferverband und Sachartschenkos Leibwache. Dazu versuchte er auch wirtschaftlich zu reüssieren. Sein Mann dafür war sein Stellvertreter und ‚Einnahmenminister‘ Alexander Timofejew. Der hatte in der Vergangenheit Trupps von Bewaffneten losgeschickt, um alle halbwegs lukrativen Unternehmen in der Hand der Administration des Republikchefs – faktisch in seiner – zu konzentrieren.

Die beiden abtrünnigen Volksrepubliken Donezk und Luhansk werden von Russland aus gesteuert. Nur die dortigen Kuratoren haben unterschiedliche Interessen und Anliegen. Die russische Zeitung Nowaja Gaseta schreibt dazu, dass es sich um Konflikte innerhalb der russischen Silowiki handelt. Auf der einen Seite agiere ein Machtblock von Rostow am Don aus mit Vertretern des Innenministeriums und der Geheimdienste und stehe in Konkurrenz zu der Präsidialverwaltung mit dessen Beauftragten Wladislaw Surkow. In Luhansk musste zuletzt Surkow eine Niederlage einstecken, als sein favorisierter Regierungschef Plotnizki abdanken und ins Moskauer Exil flüchten musste.

puschilinMit dem Tod von Sachartschenko setzte sich in Donezk wieder die Präsidialverwaltung unter Surkow durch. Dmitri Trapesnikow, der Stellvertreter von Sachartschenko und dessen Nachfolger im Amt, musste zurücktreten und dem Gegenspieler Denis Puschilin (Foto rechts) Platz machen. Alle direkt dem Chef unterstellten Militäreinheiten wurden der Befehlsgewalt der russischen Komandeure der Volksmiliz überstellt. Und auch alle ehemaligen Getreuen von Sachartschenko, darunter auch Einnahmeminister Timofejew, wurden aus dem Amt gejagt. Ihr Versuch, in Moskau die Sache zu wenden, scheiterte kläglich. Sie bekamen nicht einmal einen Termin bei der Präsidialverwaltung. Und damit Puschilin auch ganz ohne Alternative bliebe, wurde der in Donezk populäre Alexander Chodakowski, ehemals Minister für Staatssicherheit, an der Einreise nach Donezk gehindert.

Der ukrainische Geheimdienst präsentierte Ende September ein abgehörtes Gespräch in Antalya/Türkei. Dort hatte sich im Juni 2018 ein Gewährsmann des neuen Chefs Denis Puschilin, ein Mann namens Alexander Lavrentyev, mit zwei russischen Geheimdienstmitarbeitern getroffen. In dem Gespräch wurde erörtert, dass Sachartschenko bis September ganz ohne Wahlen aus seinem Amt entfernt werden solle. Ganz passt dieses Gespräch allerdings nicht zur Sachlage, denn Sachartschenko wurde dabei als ein Mann der russischen Präsidialverwaltung bezeichnet. Allerdings halten sowohl Alex Chodakowski wie auch Igor Girkin das Gespräch für authentisch.

Kostenko 040918 750x430Übrigens – das Cafe, in dem Alex Sachartschenko getötet wurde, gehörte mutmaßlich dem Fraktionsführer der Regierungspartei im Parlament von Donezk Alexander Kostenko (Foto). Der trat danach von seinen Ämtern zurück und wurde öffentlich nicht mehr gesehen.

 

Also halten wir fest:
- Die Ermittlungen zum Tod von Sachartschenko blieben erfolglos, soweit sie überhaupt geführt werden.
- Die Ermordung Sachartschenkos konnte nicht ohne Insider aus seinem Machtapparat durchgeführt werden.
- Nach der Ermordung Sachartschenkos hat Moskau wieder volle Kontrolle über Donezk übernommen, sowohl in politischer, militärischer als auch wirtschaftlicher Hinsicht.
- Die gesamten politischen und wirtschaftlich eigennützigen Klüngel um Sachartschenko wurden zerschlagen.
- Sein Nachfolger, der farblose Denis Puschilin, hat fleißig am Sturz von Sachartschenko gearbeitet.
- Wladislaw Surkow aus der Präsidialverwaltung hat sich in voller Linie gegenüber den russischen Geheimdiensten und dem Innenministerium durchgesetzt.

All diese Indizien sprechen deutlich dafür, dass die Ermordung von Sachartschenko entweder von Konkurrenten um die Macht oder von Moskau aus geplant und durchgeführt wurde.