Spaßiger Alltag in der Rappelkiste!
(Eine virtuelle Satire in mehreren Teilen)
Disclaimer: Jegliche Ähnlichkeit zu lebenden oder toten realen Personen ist rein zufällig und in keinster Weise beabsichtigt. Der Autor fand seine Anregungen und Stichworte an vielen Stellen im Netz, dafür sei den jeweiligen Schreibern gedankt. Während der Erstellung dieses Textes wurden auch keine Tiere verletzt oder andersartige Lebewesen in Mitleidenschaft gezogen. Mein Herz ist rein!
Opferrolle:
Fräulein Rottenmeier - unbescholtene, bedauernswerte Lehrerin.
Täterrollen:
PcFreak "“ farbenblinder Grobmotoriker, der sich beim Start seines neuen Spielzeughelikopters den Pillermann samt Beutelchen weggefegt hat.
Lili "“ dumm grinsende Hohlfrucht mit schmuddeligen Popelfingerchen, die nur in ihrer Welt aus Anziehpuppen und Bilderbüchern lebt.
Loddarnewyork "“ mehrfach sitzen gebliebener Klassenältester, der sich gerne fernsteuern und noch beim Flaschendrehen über den Tisch ziehen lässt.
MerlinWizard - vorlautes, stotterndes Gossenkind, dessen Ausdrucksweise ständig auf niedrigstem Niveau mit seiner Gesinnung wetteifert.
Chris (the best) "“ Rotz und Wasser flennender, egomanischer Bettnässer, der sich ohne Daueraufsicht gerne aus den Brotdosen der anderen Kinder bedient.
Ben-99 - krakelender, gestörter Windelträger, der isoliert in der Ecke sitzt und sich mit seinen Buchstabenklötzchen langweilt.
[Fade In]
Die Rappelkiste, eine Grundschule in Oer-Erkenschwick, gelegen irgendwo zwischen den Vororten von Castrop-Rauxel-Süd und den Bergen des brasilianischen Hinterlandes, wurde als Pilotprojekt nach den ernüchternden Ergebnissen der Pisa-Studie aus dem Boden gestampft mit dem Ziel vor Augen, die Lernerfolge der zukünftigen "Führungseliten" wieder auf internationales Mindestmaß zu bringen und das mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln, selbst die Genfer Konvention hatte dabei zum Beispiel keinerlei Einfluss auf die Erstellung der Hausordnung.
Die Einrichtung wurde haarklein nach unzähligen Feldversuchen exakt auf die Bedürfnisse der Kinder abgestimmt: Immer dann wenn eines von ihnen Anzeichen zeigt, vollkommen oder auch nur halbwegs am Rad zu drehen, greift das gestrenge Aufsichtspersonal ein und verfrachtet den jeweiligen "Übeltäter" an Hose und Jacke packend hinaus ins Freigehege oder auch (bei gutem Wetter) in die Gummizellen, die einen Grossteil des Untergeschosses ausmachen und wo dann selbst ganz schwere Fälle Auslauf bzw. Platz für das Abreagieren ihrer Tobsuchtsanfälle finden.
Das Besondere an dieser Schule ist eben ihre Lage, weitab vom Schuss, brave Jungs und Mädels würden natürlich niemals diesen Ort zu sehen bekommen, dort aber verbringen diese Rappelkisten-Kinder nun mal ihre Schulzeit, zum Wohle und zum Dienste von/an uns allen, jedoch immer gefolgt von den strengen Augen des jeweiligen Lehrkörpers:
Es war ein lauschiger, sonniger Donnerstagmorgen im Wonnemonat Mai als Frl. Rottenmeier, wie immer pünktlich um 7:59 Uhr, das Klassenzimmer der "1E" der Grundschule in Oer-Erkenschwick betrat und nichts, aber auch gar nichts, deutete dabei darauf hin, dass dieser Tag soviel anders sein würde, also unzählige Tage des Schuljahres schon vorher. Kurz gesagt: eine einzige Katastrophe!
Bei der "1E" handelte es sich nämlich um diejenige Klasse, in der schon kurz nach der Einschulung alle ganz ganz "bEsondErEn" Fälle eines Jahrganges zusammengefasst und eben auch einer ganz ganz "bEsondErEn" Betreuung unterzogen wurden (werden mussten).
Die Kinder dieser Klasse konnte man, sehr grob gesagt, in zwei Gruppen unterteilen: zum einen waren da diejenigen, deren Eltern leider versäumt hatten, ihnen den Unterschied zwischen mit einer Rassel spielen und einen an der Rassel haben zu verklickern und zum anderen gab es da eben noch jene, die schlichtweg nicht in der Lage waren, den Unterschied zu verstehen. Nach außen ließen sich die beiden Gruppen allerdings schon nach kurzer Zeit nicht mehr auseinander halten, bildeten schnell einen "homogenen Klassenverband" und trieben ihre Lehrerin dann über kurz oder lang durch ihren kombinierten Rassel-Dassel an den Rande des Wahnsinns.
Dabei war Frl. Rottenmeier gewiss keine gewöhnliche Lehrerin, oh nein, meine lieben Leserinnen und Leser, hatte sie doch schon als junge Frau mehrere Weltkriege als OP-Schwester kurz hinter den Frontlinien überlebt, trug den "Goldenen Einzelkämpfer am Bande" und war später für einen ausländischen Geheimdienst als (natürlich inoffizielle) Auftragskillerin für den Weltfrieden unterwegs. Dass sie dazwischen noch die Zeit fand, sich in unzähligen Heimatfilmen und schlecht animierten japanischen Zeichentrickserien als Bösewicht zu verdingen, bezeugt lediglich die Tatsache, dass sie bestens in der Lage war und eben immer noch ist, sich einer strikten Disziplin zu unterwerfen und diese auch Leuten, für die sie Verantwortung trägt, einzubleuen.
Aber genug der Einführung, schließlich will der Erzähler hier nicht das bisherige Leben dieser außergewöhnlichen Frau nachzeichnen, sondern darlegen, warum auch und grade sie im zarten Alter von nunmehr 42 Jahren an einer Grenze der Belastbarkeit angekommen ist, auf die sie ebenso wenig 10 Jahre der Meditation in einem abgeschiedenen tibetanischen Hochkloster wie anschließende 5 Jahre Ausbildungslager bei den Navy SEALs hatten vorbereiten können, obwohl das von der Schulbehörde als Mindestvoraussetzung gefordert worden war, um eben jene "1E" unterrichten zu dürfen. Ein böser Mensch hätte jetzt sagen können bewachen, aber es gibt ja Gott sei Dank keine bösen Menschen, zumindest nicht im Internet, wie wir ja alle wissen, regiert hier doch an erster Stelle der Spaß.
8.00 Uhr, der Gong ertönt, der Kampflärm schwillt und die Sprache des Erzählers passt sich jetzt auch den Umständen entsprechend an, um die ganze "Atmosphäre" auch gebührend einzufangen.
Resoluten Schrittes stapft Frl. Rottenmeier hinter das Pult, eigentlich ist alles wie immer und doch ist nichts wie es scheint. Ein beherzter Griff an ihr Monokel lässt sie dann auch schnell erkennen, was ihre Augen vorher nur schemenhaft wahrnehmen konnten:
MerlinWizard trohnt wild zappelnd über dem großen Klassenteddybären und drischt diesem hemmungslos und ohne Grund auf seine schwarz-golden-glänzende Bärennase ein, so dass selbst die sonst selten eine Regung zeigende Lili ihren Gesichtsausdruck leise gackernd von dümmlich grinsend in noch blöder guckend wechselt.
Genau in diesem Moment jedoch wird der routinemäßige morgendliche Tumult von einem zischenden Geräusch unterbrochen und gefolgt von einem lauten Knall saust der allzeit bereitstehende Rohrstock von Frl. Rottenmeier auf die Tischplatte nieder.
Normale Kinder wären spätestens jetzt still gestanden vor Schreck, nicht so die Sonderfälle dieser 1E. Begleitet von entsprechendem Gestank entfährt Ben-99 ein weiterer Pups in seine dauervollen Windeln, während PcFreak mal wieder vor sich hinbrabbelt: "Alles nicht so schlimm, alles nur Spaß" - unterbrochen wird das ganze Schauspiel nur von dem schrillen Geplärr von Chris, dem zugleich mit seinen über die Backen kullernden Tränen auch noch das Angstpipi aus dem Hosenbein rinnt.
Noch voller Elan schreitet Frl. Rottenmeier zur Tat, packt und knallt erst mal die Bilderbücher von Lili zu und schon setzt sich diese in Bewegung und trottet, ohne einen Mucks zu sagen, an den ihr zugewiesenen Platz. Wenig Gegenwehr findet Frl. Rottenmeier auch bei PcFreak, kurz an den Ohren gepackt, der Arme, eh schon seiner Eierchen beraubt, wackelt dann auch folgsam auf seinen krummen Beinen zu Lili hinüber, um sich in die an der Tür bildende Schlange einzureihen.
Ein weiterer Schritt auf MerlinWizard zu und wie einem animalischen Instinkt folgend richtet sich dessen aufgestaute Wut unkontrolliert gegen die strammen Waden von Frl. Rottenmeier, wovon ihn erst eine schallende Ohrfeige wieder abbringen kann. Noch kraftvoll gestählt von der erholsamen Nacht packt sie den wild schreienden MerlinWizard an seinem Hosenbund und geht dabei auf Ben-99 zu. Der zetert nun erst einmal so richtig los, mag er doch von seinen heißgeliebten Buchstabenklötzchen gar nicht lassen, aber auch das hat nicht den gewünschten Erfolg. Ein schneller Griff in seinen Kragen und auch er muss sich (noch) dem Ansturm Frl. Rottenmeiers fügen. Diese bugsiert die beiden Krawallmacher schnell in Richtung Schlange an der Tür, als es zu einer erneuten Unterbrechung kommt. Der zappelnde MerlinWizard hat dem Chris dabei dessen ohnehin schon wackliges Kartenhaus eingetreten, was dieser sofort mit einer weiteren Rotz und Wasser heulenden Tirade quittiert. Begleitet das Ganze natürlich wie immer von seinem ausgestreckten, auf andere deutenden Fingerchen und den schluchzenden Schreien: "Der da war"™s, der war so böse zu MIR, hat alles kaputt gemacht."
Also wischt Frl. Rottenmeier fix auch noch Chris die Rotznase, um nun endlich vor dem halbwegs versammelten, unordentlichen Kinderhaufen zu verkünden: "Unsere heutige Unterrichtsstunde wird im Matschraum verbracht. Ihr sollt lernen, Dinge ordentlich mit Euren eigenen Händen zu schaffen, so dass diese halbwegs Bestand haben, ansehnlich sind und ein jeder von Euch dieses zu respektieren lernt."
Mit einem energischen Kopfnicken gibt sie das Zeichen zum Abmarsch in Richtung Matschraum, als ihr plötzlich auffällt, der Loddarnewyork wurde ja vergessen, ein schriller Pfiff auf ihren Fingern befördert dann auch den verschollenen Zögling in die Schlange und ab geht es.
Angekommen im Matschraum liegt, wie nicht wirklich anders zu erwarten, MerlinWizard als erster im Dreck und beschmiert Lili die Ohren. Ben-99 erklimmt sofort den in der Mitte aufgehäuften Matschberg um aller Welt zu verkünden, dass man ihn seiner geliebten Buchstabenklötze beraubt hat, nur um dann hinter seinem Rücken, wie einem Wunder gleich, einen kleinen Setzkasten hervorzuzaubern, ähnlich einem tragbaren Archiv, scheinbar immer auf alles und jeden vorbereitet.
Da sitzen und planschen sie nun die Helden und erhalten von Frl. Rottenmeier die Aufgabenstellung, gemeinsam ein Haus zu bauen. Während MerlinWizard sich sogleich daran macht, geeignete Plätze für Schießscharten und Überwachungskameras zu ersinnen, schwadroniert Ben-99 ellenlange Selbstgespräche führend darüber, wo das Haus zu stehen hat und wie es heißen könnte, während Lili gelangweilt einen ihrer schmutzigen Fingerchen in das rechte Nasenloch schiebt, hingebungsvoll popelt und eine weitere Seite in ihrem mitgeschmuggelten Bilderbuch umschlägt.
PcFreak macht sich als einziger daran, irgendwie mal ein Grundgebilde des geforderten Hauses zusammenzupappen, im Nacken das ständige Heulen von Chris, der da nur noch schluchzend jammern kann, während sein ausgestreckter, dreckverkrusteter Finger nun auf seine eigene Brust zeigt: "Die besten Ideen habe sowieso ICH. Keiner von Euch kann das so gut wie ICH. Lasst MICH doch auch endlich mal mitspielen." - Der Rest geht in den üblichen, undeutlich geschluchzten Weinerlichkeiten unter, hätte sowieso auch bei niemandem Gehör gefunden. Loddarnewyork versucht wenigstens noch, etwas Ordnung in das Gebilde zu bringen, wird aber mit einer knackigen Kopfnuss von MerlinWizard zum Schweigen gebracht, während Ben-99 ihm lange Vorträge darüber hält, dass "er sie man machen lassen solle" und so fügt sich Loddarnewyork ein weiteres Mal in den unheilvollen Lauf des Schicksals.
Endlich, nach mehreren Raufereien, wüsten Beschimpfungen und gegenseitigen Matschschmeissereien steht da etwas, was man mit viel Phantasie auch als "Haus" bezeichnen könnte. Frl. Rottenmeier tritt heran, schiebt ihr Monokel zurecht und begutachtet das zweifelhafte Werk. Sogleich lässt sie mit scharfem Blick einen ihrer langen Finger in die Mitte dieses klobigen Hauses sausen, worauf dieses natürlich sofort in sich zusammenbricht.
Das kann Ben-99 jedoch gar nicht ertragen und leiert wie auf Knopfdruck einen weiteren seiner offenbar abgespeicherten Gesänge in die Ohren von Frl. Rottenmeier. Erprobt im Kampf und an Sonderfälle wie Ben-99 schon lange gewöhnt, wischt diese auch all seinen Singsang beiseite und gibt ihm mit nachdrücklicher Stimme zu verstehen: "Kannst Du auch den Dünnpfiff in Deinem Hirn schon nicht halten, dann kneif wenigstens die Hinterbacken zusammen!" "“ rümpft ihre spitze Nase und wendet sich schnellstens vom aus Ben-99"™scher Windel aufsteigenden Geruch ab.
Urplötzlich und hinterhältig gibt MerlinWizard das Signal zum Angriff und die Rappelkisten-Kinder stürzen über Frl. Rottenmeier her. Zerren sie an den Haaren, entreißen ihr das Monokel, zerfetzen ihr die Unterröcke, kloppen und treten auf sie ein, begleitet von dem alles übertönenden Plärren von Chris: "Das Frl. Rottenmeier ist immer so böse zu MIR. Alles macht SIE immer kaputt mit ihrem Gemecker." "“ woraufhin seine Stimme nur mehr in hysterisches Schluchzen umkippt. Nur eine die stört der ganze Tumult überhaupt nicht. Lili sitzt ungerührt dämlich grinsend daneben, popelt weiter, jetzt auch noch im zweiten Nasenloch, und befummelt ihre längst abgenutzen Anziehpuppen.
Rettung kommt an diesem Tage in Gestalt des Schularztes, der den Matschraum der "1E" betritt und das Frl. Rottenmeier unter dem dreckverschmierten Haufen ihrer Zöglinge hervor zieht und wieder auf die Beine stellt.
Alles was Amt und Würden trägt erweckt bei diesen "bEsondErEn" Kindern von jeher unterwürfige Ansätze und sie halten andächtig inne. Nur einer nicht ganz. Chris - der schielt mit tränenverhangenen Augen auf die Brotdose, die der Schularzt für seine anstehende Pause unter den Arm geklemmt mit sich führt, während Lili, weiterhin popelnd und das dabei "zu Tage Gebrachte" kichernd beglotzend, ungerührt eine weitere Seite ihres Bilderbuchs umklappt"¦
Mit Blick auf diese Szene möchte der Erzähler für heute die Tür des Klassenzimmers der "1E" samt seiner Rappelkisten-Kinder schließen. Gönnen wir dem Frl. Rottenmeier und dem geneigten Leser eine kleine Auszeit von all diesen spaßigen Gegebenheiten, ehe wir uns demnächst vielleicht mit den Inhalten der Brotdosen befassen werden"¦
[Fade Out]