15.03.2025 -- 104.989 // Zuwachs zum 28.02.2025: 2.473
Der erste Teil dieser Geschichte spielt in Wolgograd, aber aktuell befindet sich Artem Dilmudarow ganz im Osten Russlands auf der Insel Sachalin und hält Vorträge für Schulkinder in der Hauptstadt Juschno-Sachalinsk. "Denkt daran, Kinder und Familie sind die wichtigsten Dinge im Leben," predigt er den Schülern.
Vor eineinhalb Jahren steckte Artem noch in den Bombentrichtern bei Bachmut. Er war Söldner bei der Gruppe Wagner und gehörte schließlich zu den wenigen, die den Bachmut-Fleischwolf überlebten. Über 20.000 Wagner-Kämpfer ließen dort ihr Leben.
„Es war meine Familie, die mir geholfen hat, in ein friedliches Leben zurückzukehren," erzählt Artem weiter und mit Familie hat er auch reichlich Erfahrung.
Wir sind hier im großen Dorf Werchnije Tatyschly in Baschkortostan. Der Ort hat über 7.000 Einwohner, die Hauptstadt Ufa ist 240 km und der nächste Bahnhof 25 km entfernt. Und nein, das ist keine Veranstaltung zur Ertüchtigung im Krieg gegen die Ukraine, sondern eine Trauerfeier für den im Krieg gegen die Ukraine gefallenen sehr jungen Soldaten Aiwas Karamow.
Aiwas wurde am 18. April 2002 geboren, war verheiratet und muslimischen Glaubens. Tabak und Alkohol lehnte er ab, seinen Wehrdienst hatte er zwischen 2021 und 2022 abgeleistet und nach seinen Angaben sprach er auch Englisch, was man eher selten in den russischen Lebensläufen findet.
Weiterlesen: Ich träume davon, bei Sonnenuntergang im Auto zu fahren
Am 1. August hatten wir den bis dahin jüngsten Soldaten vorgestellt, Geburtsdatum 25. Mai 2006, der auf russischer Seite im Krieg gegen die Ukraine getötet wurde und es war nur eine Frage der Zeit, bis ein noch jüngeres Kriegsopfer auftauchen würde. Maxim Andrejewitsch Tschernow, geboren am 21. Juli 2006, hatte einen weiten Weg an die Front. Der junge Soldat kam aus der Kleinstadt Dolinsk auf der Insel Sachalin mit etwa 12.000 Einwohnern ganz im fernen Osten Russlands.
Auf Grund der rechtlichen Lage in Russland konnte sich Maxim erst mit Erreichen des achtzehnten Lebensjahres beim Militär verdingen. Danach musste er sich auf den weiten Weg in das Kriegsgebiet machen, eine Entfernung Luftlinie wie von Frankfurt nach New York und schließlich brauchte er auch noch militärisches Training, denn Maxim hatte keinen Wehrdienst abgeleistet. Aber auf Grund seiner zahlreichen Tätowierungen könnte man auch annehmen, dass Maxim sich einer Gefängnisstrafe entzogen hat, indem er einen Sturm-V-Vertrag mit dem Militär abschloss und solche Soldaten sind beim russischen Militär Kanonenfutter.
In der Suchanfrage nach Maxim vom 3. September werden einige Details genannt.
Am weißen Meer in der russischen Teilrepublik Karelien liegt das Städtchen Belomorsk. Der Ort besitzt einen Bahnhof an der Strecke nach Murmansk und einen Seehafen. Und wenn man sich die Fotos von Belomorsk anschaut, dann begreift man, warum im Jahr 1992 noch 19.000 Menschen dort wohnten und im Jahr 2023 nur noch 7.400.
Aber eigentlich wollten wir nur schnell Waleri Raspopnin vorstellen, der aus Belomorsk kam, in den Krieg zog und am 7. August 24 in Belomorsk bestattet wurde.
Sonst wissen wir nichts über den Mann und nein, wir wollen uns keineswegs lustig über Waleri machen. Wir fragen uns nur, wie es möglich ist, dass die Rekrutierer der russischen Armee, diesen alten, abgearbeiteten Mann an die Front schicken konnten?
In der Ukraine starb der 28-jährige Belgoroder Artjom Nefjodow – er sah aufgrund einer Verlangsamung des Wachstumshormons wie ein Kind aus. Im Internet wurde er als „der beliebteste Wachmann Russlands“ bezeichnet.
Berühmt wurde Nefedov durch eine Fake-Story, wonach er trotz seiner kleinen Statur und kindlichen Erscheinung angeblich als Wachmann in Ufa gearbeitet habe. Bevor er den Vertrag unterzeichnete, arbeitete er in der Futtermühle der Gorin-Kollektivfarm.
Wir geben den Bericht der Belgoroder Initiative "Asche" etwas redigiert wieder
Alexej Ksenofontow ist ein Oberst der russischen Streitkräfte mit dem Kampfnamen "Tiger". Im März dieses Jahres bekam der Oberst wieder eine Auszeichnung. Der Bericht auf VKontakte löste eine Flut von Kommentaren aus, viele Frauen fragten nach dem Verbleib ihrer Männer an der Front.
Der durchgehende Vorwurf lautet, dass wenn der Oberst betrunken ist, er Dutzende von mobilisierten und freiwilligen Soldaten in selbstmörderische Angriffe schicken würde.
Wir können all diese Behauptungen nicht überprüfen, aber es gibt dazu einen Bericht der russischen Nachrichtenagentur Astra vom 2. September 24. Wir geben ihn übersetzt wieder:
Salawat ist eine Großstadt im Süden Baschkortostans. Der Leiter der Stadtverwaltung hielt am 26. Juli eine Trauerrede für Ruschat Wildanowitsch Abdullin, der im Krieg gegen die Ukraine getötet wurde:
„Heute haben wir uns versammelt, um uns von unserem Landsmann Ruschat Wildanowitsch Abdullin zu verabschieden. Keine Worte können die Trauer und Bitterkeit des Verlustes ausdrücken, den jeder von uns heute erlebt. Es ist unmöglich, sich an die Nachricht zu gewöhnen, dass unsere Jungs bei der Verteidigung des Landes sterben, Sie und ich. Ich bin zuversichtlich, dass die Arbeit, für die Ruschat starb, von seinen Kameraden vollendet wird. Unsere Streitkräfte werden den Frieden und das Recht auf Freiheit verteidigen.
Man kann ziemlich sicher sein, dass der Bürgermeister seine Rede mit dem nötigen Ernst formuliert hat, doch bei genauer Betrachtung wirken seine Worte nur noch grotesk.
Immer wieder berichten wir über kleine Ethnien, die in den abgelegensten und unwirtlichsten Gegenden Russlands leben, fernab unserer Zivilisation, die gezielt für den russischen Angriffskrieg geworben werden. Die Unwissenheit dieser Menschen über das aktuelle politische Geschehen weit weg von ihrer eigenen Lebensrealität und die vielen ausgelobten Rubel verführen immer wieder Menschen aus diesen Regionen in einem Krieg mitzumachen, der definitiv nicht ihrer ist. So kommt es, dass viele Regionen des hohen Nordens in unserer Statistik der Opfer im Krieg gegen die Ukraine - gemessen an der Bevölkerung - ganz weit vorne liegen.
Ein Beispiel dafür ist die Nachrichtenagentur von Tschukotka, die auf ihrer Titelseite im Internet inzwischen schamlos und gezielt für den Freiwilligendienst in der russischen Armee wirbt. Das sind die Resultate:
Schon wieder sind wir in dem kleinen Tschukschen-Dorf Ryrkaipij mit 500 Einwohnern, das völlig abgelegen an der Nordküste Tschukotkas liegt. Über das Dorf haben wir bereits berichtet. Jetzt ist der zweite Einwohner dieses Dorfes im Krieg gefallen. Dimitri Ettynekei, geboren am 13. November 2001 aus dem Dorf Ryrkaipij, hatte sich im Jahr 2024 freiwillig für den Krieg gemeldet und wurde am 21. August 24 getötet.
Ein noch abgelegeneres Dorf im Norden Tschukotkas ist das Dorf Nutepelmen mit nur etwa 150 Einwohnern. Wir hatten bereits über den Tod von Roman Rachthyn (Bericht) und Waleri Sleptsow (Bericht) geschrieben. Am 9. August 24 wurde der dritte Bewohner dieses kleinen Ortes getötet. Juri Chaletsky, geboren am 10. September 1998, hatte sich bereits im Sommer 2023 freiwillig gemeldet.
Die Berichte im übersetzten Original:
Weiterlesen: Die jungen Hoffnungen aus Tschukotka getötet im Krieg
Scharlachrotes Segel I Tjumen -- 2. Sept. 24 um 13:17 -- Staatliche Organisation -- Link
19 Jahre, aus Tjumen
Schüler des maritimen Kinderzentrums „Scharlachrotes Segel“ der militärisch-patriotischen Vereinigung „Karbyschewzy“, ausgezeichnet mit dem Tapferkeitsabzeichen der Jugendarmee (Junarmija) dritten Grades. Er kam bei der Erfüllung seiner militärischen Pflichten während einer speziellen Militäroperation auf tragische Weise ums Leben.
Während seiner Ausbildung beteiligte sich Kirill aktiv an der Organisation der Sommerkampagne zur Verbesserung der Gesundheit im Rahmen des Programms des Tjumener Ratniki-Verteidigungs- und Sportzeltlagers als Mitglied des Kommandantenzuges.
Das Foto zeigt das Dorf Janranai im Autonomen Kreis der Tschuktschen - ganz im nordöstlichen Teil Russlands. Das Dorf war mal das nördlichste Dorf in Tschukotka, es lag am östlichen Eingang zur Tschaunbucht, bis es 2015 von staatlicher Seite aufgelöst wurde. Dabei war das Dorf noch jung, es wurde erst 1960 gegründet, als eine noch weiter nördliche Siedlung aufgegeben wurde. Die Bewohner von Janranai wurden nach Pewek umgesiedelt, einer Kleinstadt mit Gulaggeschichte am Ostrand der Tschaunbucht.
Der russische Staat konnte bisher kein Konzept entwickeln, das die traditionelle Lebensweise der Bewohner dieser unwirtlichen Gegenden bewahrt und den Menschen dort eine Zukunft bietet. Dafür lockt das russische Militär die Tschuktschen mit viel Geld in den Krieg gegen die Ukraine. Wie zum Beispiel den zwanzigjährigen Wassili Kutuwgi, der in jenem Dorf Janranai geboren wurde.
Wir geben den Bericht aus Tschukotka im übersetzten Original wieder:
Weiterlesen: Ein im Krieg getöteter Tschuktsche und sein verlassenes Dorf
Alexander Tschintschikow (links) & Gennadi Woronow (rechts)
Ihr werdet euch noch wundern, wenn ich erst Rentner bin
Sobald der Stress vorbei ist, dann lang ich nämlich hin,
Dann fön' ich äußerst lässig, das Haar, das mir noch blieb
Ich ziehe meinen Bauch ein und mach' auf 'heißer Typ'
Das Lied sang Udo Jürgens Ende der 70-iger Jahre und schien uns die passende Einleitung für diesen Beitrag zu sein, denn wir wollen zwei 66-jährige Russen vorstellen, die sich als Freiwillige für den Krieg gegen die Ukraine gemeldet haben. Alexander Tschintschikow ist ein Professor für Rechtswissenschaft. Der bürgerliche Beruf von Leutnant Gennadi Woronow wurde nicht überliefert, er ist bereits an der Front gefallen. Beide sind/waren 66 Jahre alt.
Die Berichte über die beiden Spätberufenen liefern wir im übersetzten Original:
Lachdenpochja im Mai 2016 -- Foto: Tatu Kosonen -- CC BY-SA 4.0
Heute, am 23. August 24 findet eine Trauerfeier in Lachdenpochja statt. Richtig - der Namen der Stadt klingt wenig nach russischer Sprache. Die Kleinstadt liegt in Karelien und gehörte mal zu Finnland, bis im Winterkrieg 1940 die damalige Sowjetunion diese Region blutig eroberte.
Heute sind wir wieder im Krieg und in Lachdenpochja wird der 19-jährige Stanislaw Alexandrowitsch Jaremtschuk (Foto links und rechts unten) beigesetzt.
Ein wahrlich dummer junger Mann, der bar jeder militärischen Ausbildung sich plötzlich mitten im Kriegsgeschehen wiederfand. Es liegt nahe, dass das viele Geld, das man als Freiwilliger verdienen kann, zusammen mit dem Renommee des Kriegshandwerks in Russland, ihn zu diesem Entschluss beflügelte. Seine Vorgesetzten fanden es eine gute Idee, solch junge Soldaten in die Region Kursk zu schicken, um den ukrainischen Angriff abzuwehren.
Nachdem die Aufmerksamkeit zu unseren Veröffentlichungen wächst, eine kurze Information zu OskarMaria.
Unter diesem Pseudonym war der Initiator im Internet seit über 25 Jahren recht unregelmäßig präsent. Ab dem Jahr 2014 hat er hier über die Situation in den von Russland besetzten Gebieten des Donbass geschrieben. Als einer der ersten Journalisten überhaupt informierte er über die damals neu gegründete Gruppe Wagner.
Beruflich war er seit den 80-iger Jahren Geschäftsführer von diversen Medienunternehmen im Printbereich. Jetzt im Ruhestand, Kinder erwachsen, bleibt etwas mehr Zeit, die gesammelten Erfahrungen zusammen mit wenigen Mitstreitern für dieses Projekt zu nutzen.
Nachtrag: OskarMaria– das ist eine kleine Verbeugung vor dem beinahe vergessenen Schriftsteller Oskar Maria Graf. In Zeiten der Bücherverbrennungen wurden seine Werke von den Nazis verschont, ja sogar teilweise empfohlen. „Verbrennt mich!“ schrieb er 1933 in der Wiener Arbeiterzeitung, „nach meinem ganzen Leben und nach meinem ganzen Schreiben habe ich das Recht, zu verlangen, dass meine Bücher der reinen Flamme des Scheiterhaufens überantwortet werden und nicht in die blutigen Hände und die verdorbenen Hirne der braunen Mordbanden gelangen!“ Schließlich floh er in die USA – dort lebte er in bescheidenen Verhältnissen. Deutschland wollte den unbequemen Mann nach dem Krieg nicht wieder haben. Er starb 1967 in New York.
Literaturempfehlung: Wir sind Gefangene - Autobiograhie 1927.
Drei Brüder aus dem Dorf Lebjaschje in der Region Wolgograd zogen in den Krieg - Iwan, Wladimir und Viktor Stolbow.
Der Ortsvorsteher sagte dazu: "Die Familie ist vor langer Zeit nach Lebjaschje gezogen, Wanja (Iwan) ist mit uns zur Schule gegangen und hat dort seinen Abschluss gemacht, danach hat er in Petrow-Wal bei der Feuerwehr gearbeitet. Als der Sondereinsatz begann, unterzeichnete er freiwillig den Vertrag. Zwei weitere Brüder, Victor und Wladimir, gingen mit ihm. Victor unterschrieb zunächst einen Vertrag über drei Monate, musste den Dienst dann aber aus gesundheitlichen Gründen verlassen. Wladimir und Iwan setzten ihren Dienst fort und Wanja wurde 2023 der Orden des Mutes verliehen.“
Der Orden hat dann nicht geholfen - am 15. März 2025 zogen Iwan und Wladimir los zu einem Einsatz an der Front. Beide kamen nicht lebend zurück. Am 24. März wurden sie in ihrem Dorf verabschiedet.
Falls ihr Wladislaw Surkow nicht kennt, er war bis vor ein paar Jahren der geistige Vater des Putinismus. Er hat die Politik Russlands in einen ideologschen Zusammenhang gestellt und hat ähnliche Thesen formuliert, wie sie heute aus den Vereinigten Staaten zu uns herüberschwappen. Wir haben vor neun Jahren über das Wirken von Surkow geschrieben. Ganz nebenbei war er auch für die von Russland besetzten Gebiete in der Ukraine, in Abchasien und Südossetien verantwortlich.
Warum Surkow nicht mehr im Vorzimmer von Putin sitzt, bleibt unbekannt. Dass er sich nicht weit von dessen Politik entfernt hat, zeigt sein erstes Interview nach Beginn des Ukrainekrieges, das er einem französischen Medium gegeben hat. Und er bekräftigt, die Ukraine ist erst der Anfang.
Das komplette Interview ist im französischen Wochenmagazin L'Express erschienen und wurde freundlicherweise auch in Deutsch übersetzt.
Das ist nicht unser erster Fall, dass Menschen mit geistiger Behinderung an die Front geschickt werden (Beispiele 1, 2). Diese Suchmeldung ist vom 22.03.25:
Helfen Sie mir, meinen Sohn Alexej Iwanowitsch Gladyschew zu finden, geboren am 12. März 2004.
83. Garde ODShBr. 04.02.25 ging zu BZ, seitdem kein Kontakt mehr zu ihm.
Ich versuchte, ihn nach Kräften davon abzubringen und bat den Kommandanten persönlich, ihn aus gesundheitlichen Gründen nicht an die Front zu schicken.
Aber mein Sohn, Sunny, so stur, wollte immer noch kämpfen, wollte nicht hinten sitzen ((
Wenn ihn jemand gesehen hat, sagt mir bitte Bescheid.
Es ist ein sehr ernstes Thema - Familienväter und Ehemänner ziehen in den Krieg, erfahren dort physisch und psychisch traumatische Kriegsgeschehnisse und kommen an Körper und/oder Geist verwundet wieder nach Hause. Dort müssen sie feststellen, dass die Welt sich weiter gedreht hat, die Ehefrau den Alltag ganz alleine gemeistert hat und sich nicht mehr dem verrohten Ungeheuer unterordnen will, das mal ihr Ehemann gewesen ist. Trennung und Scheidung sind dann die Konsequenzen.
Ursache dafür könnte allerdings auch die westliche Propaganda sein, die von geschulten Feministinnen verbreitet wird, meint eine Gruppe Kriegsteilnehmer und appelliert an Präsident Putin:
Teilnehmer des Krieges baten Putin, sie vor „feministischen Gruppen“ zu schützen
Die Teilnehmer des gesamtrussischen Väterkongresses haben Putin gebeten, sie vor „feministischen Gruppen“ zu schützen. In einer Videobotschaft erklärten sie, dass Frauen unter dem Einfluss von „westlich geschulten“ Feministinnen, die von USAID unterstützt werden, die Ehen mit Kriegsteilnehmern in der Ukraine auflösen und ihnen ihre Kinder und ihr Eigentum wegnehmen.
Die Kinder sagen vor Sorgerechtsgerichten gegen ihre Väter aus, weil sie „von Feministinnen unterrichtet werden“, sagten sie. Die Männer nannten diese Gruppen „ein gut organisiertes System, in dem Profis arbeiten, die darauf abzielen, die Familie zu zerstören“.
Iwan Nikolajewitsch Demidow, geboren am 22.05.1988, Kampfname "Botox", kam aus Moskau in den ukrainischen Donbass, um als Separatist dort die Abspaltung von der Ukraine zu unterstützen. Er agierte ab 2014 als Sanitäter des Militärs, irgendwann später wurde er Söldner der Gruppe Wagner und tauchte mit deren Soldateska in Syrien und Libyen auf.
Als das Ende der Grppe Wagner eingeläutet wurde, hatte Iwan immer noch nicht genug vom Kriegshandwerk. Der Ultra des Fußballvereins Torpedo Moskau schloss er sich natürlich der Fußball-Hooligan Einheit Hispaniola an und wurde deren Leiter des Sanitätsdienstes. Im März 2025 wurde er in der Region Belgorod bei einem Kampfeinsatz getötet.
"Armeen gehen zugrunde, Verwandte sterben und wir selbst sind sterblich. Doch der laute Ruhm würdiger Taten kennt keinen Tod. Ivan Botox ist nach Walhall gegangen, wo ihn seine gefallenen Brüder treffen werden, wo Lieder von Heldentaten erklingen und wo es keinen Platz für Angst gibt", schreiben seine Kampfbrüder von Hispaniola
Wir haben bereits über die Tschuktschen-Siedlung Kantschalan berichtet. Zu der Siedlung gibt es keine feste Straße, will man das Dorf besuchen, muss man einen Platz im Hubschrauber buchen. Pawel Alexejewitsch Strukow wurde am 21. September 1990 in Kantschalan geboren und ging dort zur Schule. Er hat einen Beruf erlernt und bekam in seinem Heimatort eine feste Anstellung beim staatlichen Energieversorger für die Region Tschukotka.
Trotzdem meledte sich Pawel im Mai 2023 freiwillig zum ferrnen Krieg in der Ukraine. Am 5. März 25 meldete der Leiter des Bezirks Anadyr, Sergej Sawtschenko, seinen Tod.
Alexander Kljuschin, ein Einwohner der Stadt Melenki in der Region Wladimir, wurde im Krieg gegen die Ukraine getötet. Die feierliche Verabschiedung fand am 2. März statt.
„Alexander Wladimirowitsch wurde am 19. Mai 1980 geboren. Er folgte dem Gebot seines Herzens und kämpfte an der Front gegen den Faschismus und verteidigte sein Vaterland. Diente als Oberschütze. Er hatte den Rang eines Korporals. Er starb am 1. November 2024 bei der Ausübung seines Militärdienstes. Er starb in ehrenhafter Erfüllung seiner Militärpflicht...
Die Bestattungszeremonie fand statt, wie es sich für einen Helden und Verteidiger des Vaterlandes gehört – mit einer Flagge, einem militärischen Gruß und der Hymne des Landes, für das er gekämpft und sein Leben gegeben hat. Ewige Erinnerung und Ruhm ihm!“, schrieb die Lokalzeitung.
Doch das Internet vergisst manches nicht: Im Jahr 2016 wurde Kljuschin wegen Raubes verurteilt. Zuvor saß er bereits wegen vorsätzlicher, lebensgefährlicher Körperverletzung im Gefängnis: Er hatte während eines Streits im betrunkenen Zustand seinen Saufkumpanen niedergestochen. Zuvor war er mehrfach wegen Diebstahls verurteilt worden.
Zurück in das Jahr 2022 - ukrainische Truppen drängen im Juli die russische Armee aus der Region um Cherson. Swetlana Alexandrowna Nadtotschewa und ihre Kameradin Anastasia Sawitskaja kämpfen im Reparatur- und Restaurierungsbataillon der Eisenbahntruppen der russischen Streitkräfte. Sie geraten unter Beschuss und flüchten in einen Keller, aus dem sie nicht mehr lebend herauskommen.
Über beide Frauen ist wenig bekannt, immerhin haben wir eine VKontakte-Seite von Swetlana gefunden. Doch der letzte Eintrag ist aus dem Jahr 2013. Swetlana Alexandrowna Nadtotschewa (Foto), geboren am 03.12.1974, kam aus der Großstadt Newinnomyssk in der Region Stawropol, Anastasia Sawitskaja war 35 Jahre alt, hatte zwei Kinder und wurde in Wolgograd beigesetzt. (Link)
Am 14. Februar 25 wurde im kleinen Dorf "Oberes Tschat" in Baschkortostan Rinat Fanirowitsch Imangulow zu Grabe getragen. Rinat wurde am 31. Mai 1987 geboren umd musste keinen Wehrdienst ableisten. Er wäre stolz gewesen, dass das Militär ihn im letzten Jahr dann doch auf Vertragsbasis genommen hätte, berichtet der Dorfrat. Seine militärische Karriere war vorhersehbar kurz. Am 18.10.24 unterzeichnete er den Vertrag, am 11.12.24 war Schluss.
So bekam der tote Rinat am Ende mehr Aufmerksamkeit als der lebende Rinat jemals erhalten hat. Er wäre ein Beispiel an Mut, Furchtlosigkeit und Tapferkeit, hätte sich als wahrer Verteidiger des Vaterlandes gezeigt, schrieb der Dorfrat zum Abschied, wohl wissend, dass Rinat weder sein Heimatdorf, noch Baschkortostan und auch nicht Russland verteidigt hatte.
Nikolaj Nikolajewitsch Jewstifejew wurde im Dorf Kirja in der russischen Teilrepublik Tschuwaschien geboren. Bald landete er in einem Waisenhaus, damit wurde sein Lebensweg in Russland festgeschrieben.
Mit zehn Jahre wurde ihm eine Pflegefamilie zugewiesen. Die Schule schloss er mit neun Klassen ab, danach besuchte er Fachschulen für Kommunikation und Informatik mit der Spezialisierung auf Computersysteme und -technologien. Nach seiner Ausbildung folgte der Wehrdienst und danach fand Nikolaj keine Arbeit in seinem Beruf - er verdiente als Bauarbeiter seinen Unterhalt.
So meldete sich Nikolaj freiwillig zum Krieg gegen die Ukraine. Am 30. September 24 schloss er einen Vertrag, am 31. Oktober 24 war er tot. Seine Schule hat ihm Ende Januar 25 einen Heldenpult gewidmet.
Wenn man mit der Transsibirischen Eisenbahn von Moskau immer weiter nach Osten fährt, dann hält der Zug bei Kilometer 6.906 am Bahnhof von Mogotscha. Das Städtchen im Osten der Region Transbaikalien hat etwa 12.000 Einwohner und ist erst durch den Bau der Eisenbahnstrecke um 1914 herum entstanden. In der Stalinära wurde im Gebiet von Mogotscha Gold abgebaut, bis zu 3.000 Häftlinge aus dem Gulag-System schufteten in den Bergwerken.
Sanan Huseinow ist der Sohn eines wohlhabenden Geschäftsmannes aus Mogotscha mit aserbaidschanischen Wurzeln. Mit 18 Jahren hatte er eine junge Russin kennengelernt, schnell geheiratet und zusammen ein Kind gezeugt. Dann war es auch bald aus mit der Zweisamkeit, Sanan wurde gewalttätig und seine Ehegattin ließ sich scheiden.
Als Sanan schließlich letztes Jahr 31 Jahre alt wurde, war seine Wut noch immer nicht verraucht. Am 6.10.24 verschoss er ein ganzes Magazin Kugeln auf seine geschiedene Frau mit einer durchgebohrten Schreckschusswaffe. Die Frau war sofort tot. Sanan wurde gefasst, kam vor Gericht und vor einem Urteil zog er die "Sie kommen aus dem Gefängnis frei"-Karte. Er meldete sich zum Kriegsdienst in die Ukraine. Die Bevölkerung von Mogotscha protestierte zwar, aber das half nicht.
Viel Lust auf lebensgefährliche Kampfeinsätze hatte Sanan auch nicht, am 12. Februar 2025 unterzeichnete er den Vertrag, am 25. Februar verschwand er von seiner in Donezk stationierten Einheit. Man nimmt an, dass er sich in die Heimat seiner Eltern nach Aserbaidschan abgesetzt hat. (Link)
Sireniki ist ein kleines Eskimodorf mit knapp 500 Bewohnern an der russischen Küste des Beringmeeres in Tschukotka. Früher war es ein reines Eskimodorf mit einer eigenen Sprache - Sirenik, aber die letzte Muttersprachlerin starb 1997. Das Dorf liegt an einer dauerhaft eisfreien Küste, die Bewohner pflegen deshalb die traditionelle Seejagd.
Artem Eineutegin wurde am 27. Juli 1999 in Sireniki geboren und ging dort zur Schule, an einer Fachschule erlernte er den Beruf eines Traktorfahrers. In seinem Heimatdorf lebte er zunächst als Seejäger, wie fast alle Männer dort. Im Jahr 2020 zog er in die Hauptstadt von Tschukotka, Anadyr, wo er im Kindergarten "Zolotoy Kljutschik" arbeitete. Doch nach zwei Jahren kehrte Artem in sein Heimatdorf zurück.
Wahrscheinlich wollte auch Artem mal richtig viel Geld verdienen, im Jahr 2023 meldete er sich zum Kriegsdienst und wurde Drohnenpilot. Am 23. Februar 25 wurde sein Tod gemeldet.
Der Telegram-Kanal "Ich will jemanden finden" veröffentlicht laufend Registerkarten und Interviews mit russischen Kriegsgefangenen, die die russische Seite nicht austauschen will. Angehörige können über einen Bot des Kanals Kontakt zu den Gefangenen aufnehmen. Hier das Beispiel des 57 Jahre alten Oleg Grischakin, ein Sturm-V Soldat:
Oleg Grischakin hoffte aufgrund seines Alters, in der Nachhut zu bleiben, doch stattdessen fand er sich an der Front wieder. Hier ist seine Geschichte:
Oleg Grishakin, Kriegsgefangener, geb. 20.12.1967, 57 Jahre alt aus Krasnoslobodsk, Mordwinien, Russische Föderation. 74. separate motorisierte Gewehrbrigade, in/h 21005 der Streitkräfte der RF. Im Dezember 2024 in der Richtung Pokrowski gefangen genommen.
Oleg Grischakin befindet sich in der Ukraine im Status eines Kriegsgefangenen. Seine Angehörigen können sich an das Projekt „Ich will ihn finden“ wenden, um eine Bestätigung zu erhalten, Kontakt mit ihm aufzunehmen und seine Rückkehr nach Russland im Rahmen eines Kriegsgefangenenaustauschs zu erreichen.
Es ist kalt in Salawat, einer Großstadt in Baschkortostan, als Mitglieder der örtlichen Jugendarmee am 14. Februar 25 Oleg Wladimirowitsch Sigakow zum Grab begleiten. Oleg wurde am 27.04.1983 geboren und wurde im Krieg gegen die Ukraine getötet. Und er muss ein ganz besonderer Soldat gewesen sein, wenn man seinem Nachruf glauben darf:
"Wir haben einen Berufskämpfer verloren, einen wahren Sohn unseres Vaterlandes... Im Laufe seiner Jahre, einschließlich seines Militärdienstes, war Oleg ein Beispiel für eine positive Lebenseinstellung und glaubte nur an das Beste. Er ging sehr sensibel auf die Belange seiner Einheit und seiner Militärpflicht ein. Er stellte zeitlebens hohe Ansprüche an sich selbst, verfügte über die notwendigen organisatorischen Fähigkeiten und war in der Lage, auch unter unvorhergesehenen Umständen Entscheidungen zu treffen und zu handeln.
Denn um all diese Fähigkeiten beim Militär unter Beweis zu stellen, hatte Oleg gerade mal sieben Wochen Zeit - inklusive Anreise und Grundausbildung. Am 18.10.24 unterschrieb er einen Militärvertrag, am 29. November 24 wurde er an der Front getötet.