14.02.2025 -- 99.565 // Zuwachs zum 31.01.2025: 2.636
Blauer See -- Foto: Vlad Tschernenko -- Lizenz: CC BY-SA 3.0
Viele Sehenswürdigkeiten hat der Bezirk Sergijewski in der Region Samara nicht aufzuweisen. Da gibt einen (niederen) Berg, der durch seinen Reichtum an Pflanzen berühmt ist und den blauen See. Das ist ein tiefes, steil abfallendes Loch in der dortigen Karstlandschaft mit einem hohen Anteil an Schwefelwasserstoff und schwefelhaltigen Mineralien. Taucher können bis 38 Meter in die Tiefe vordringen. Der Bezirk hat etwa 45 Tausend Einwohner.
Anatoli Jekamasow (Foto links) ist der Leiter des Bezirks, der aus der Stadt Surgut stammt, die im Autonomen Kreis der Chanten und Mansen liegt. Im Moment hat der Mann viel zu tun, denn alle paar Tage muss er ein weiteres Opfer des russischen Krieges gegen die Ukraine bestatten. Wir haben ein paar Beispiele nur aus dem Monat Juli 2024 zusammengefasst.
Gouverneur Limarenko bei einem "patriotischen" Konzert - "Alles für den Sieg" Anfang Juli 2024
Die Insel Sachalin liegt im äußersten Osten Russlands und wird von etwa 450 Tausend Menschen bewohnt. Auch hier schrumpft die Bevölkerung, 2010 waren es nach Wikipedia noch 500 Tausend Bewohner. Nach unserer Statistik sind inzwischen 639 Einwohner im Krieg gegen die Ukraine gefallen, bezogen auf die Bevölkerung ein außerordentlich hoher Wert.
Gouverneur der Insel ist Valery Limarenko, dessen Karriere vom Wissenschaftsmanager zu Ministerämtern der Regionalregierungen von Saratow und Nischni Nowgorod verlief und schließlich in Sachalin endete. Limarenko wurde in der ukrainischen Großstadt Charkiw geboren und ist dort aufgewachsen. In Sachalin vertritt er die Kriegspolitik Russlands konsequent mit und unterfüttert sie ideologisch, von ihm als "Wahrheit der Mutter" benannt. Wir geben seinen aktuellen Text zu einem Mediengipfel Anfang Juli 2024 übersetzt wieder:
Den aktuellen Rekrutierungsaufruf aus Tatarstan wollen wir noch nachreichen. Wir haben im Bericht zum Monat Juni darüber geschrieben. 1,5 Millionen Rubel entsprechen etwa 15.000 €, also knapp dem zweifachen Jahreseinkommens eines Durchschnittsverdieners. Der übersetzte Text lautet:
Treten Sie der Armee des Sieges bei! Auf einmal bei Vertragsabschluss vor dem 31. Juli 2024 in Tatarstan DO 1.500.000 RUB.
Rufzeichen „YAKTA“, WIR UNTERRICHTEN, HELFEN, UNTERSTÜTZEN, 8 (800) 222 59 00
Urmary - das ist eine Siedlung in der russischen Teilrepublik Tschuwaschien mit etwa 5.200 Einwohnern. Die örtliche Sekundarschule hat Anfang Mai eine eigene Heldengasse eingeweiht, zu Ehren ihrer ehemaligen Schüler, die in den Kriegen Russlands gefallen sind. Es handelt sich dabei um elf Kriegstote, wovon neun im Krieg gegen die Ukraine getötet wurden - ziemliche viele für den kleinen Ort. Zwei dieser Namen waren noch nicht in unserer Liste.
Im Zentrum der Veranstaltung der Sekundarschule stand die Vermittlung von russischen Werten, wie fast alle öffentlichen Bildungseinrichtungen in Russland das im Moment tun. Wir geben den Wortlaut als übersetzten Originaltext wieder. Die Teilnehmerliste haben wir weggelassen.
Jakow Aleksandrowotsch Erschow | Sergey (Tsydyp) Wladimirwitsich | Danil Sergeewitsch Dimitriew |
(geb. 2000) | Otschirow (geb. 1996) | (geb. 2001) |
Wir haben seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges drei Fälle dokumentiert, bei denen junge russische Soldaten in ukrainische Kriegsgefangenschaft gerieten. Alle drei Soldaten sind tot den russischen Behörden übergeben worden. Wir wissen nicht, was in der Gefangenschaft passiert ist, ob es überhaupt einen tödlichen Übergriff ukrainischer Gefängniswärter oder Soldaten gab. Der dritte Fall, der auch in 2022 stattfand und der erst im Mai 24 öffentlich wurde, veranlasste uns eigene Recherchen anzustellen. (Beitrag Erschow -- Beitrag Otschirow/Dimitriew)
Vorneweg: Der russische Angriffskrieg ist ein Verstoß gegen das Völkerrecht, ein Verstoß gegen zahlreiche internationale Verträge und ein ungeheures Verbrechen am Land und am Volk der Ukraine. Russland ist der Täter, die Ukraine das Opfer. Wir meinen aber, dass trotz dieser klaren Verhältnisse die Ukraine in ihrem Abwehrkampf auch an das Völkerrecht gebunden ist. Das bedeutet, dass russische Kriegsgefangene kein Freiwild darstellen.
Wir haben deshalb zunächst bei der ukrainischen Botschaft und beim ukrainischen Verteidigungsministerium angefragt, was mit dem aktuellen Kriegsgefangenen passiert wäre, der tot seinen Angehörigen übergeben wurden. Den Wortlaut unserer Anfrage veröffentlichen wir am Ende des Beitrags. Wir haben keine Antwort erhalten.
Als nächsten Schritt haben wir am 1. Juni 24 beim deutschen Auswärtigem Amt nachgefragt, erst nach Anmahnung erhielten wir ein Rückantwort auf unsere Fragen, die wir zunächst nicht kommentieren wollen:
Russland braucht Soldaten, jeden Monat etwa 30.000 Neue, die die an der Front gefallenen und verletzten Männer ersetzen. Der russische Staat nimmt dabei alles was er bekommen kann - Nepalesen, Afrikaner, Wirtschaftsflüchtlinge aus den südlichen ehemaligen Staaten der Sowjetunion und vor allem eigene Bürger.
Das Durchschnittseinkommen in Russland betrug 2023 knapp 670 €, der Mindestlohn nur 200 €. In den vielen armen Regionen Russlands wird deutlich weniger als jenes Durchschnittseinkommen bezahlt. Die Menschen schuften im Schichtdienst in den Ölförderanlagen, Bergwerken und Minen, arbeiten bei kargem Lohn in den Landwirtschaftsbetrieben oder reisen für Saisonjobs über das weite Land. Und dann haben wir noch jene Außenseiter der Gesellschaft, Alkoholiker, Kleinkriminelle und andere Abgehängte - für all diese Menschen eröffnet sich plötzlich die Möglichkeit, einmal in ihrem Leben auf legale Weise richtig Geld zu verdienen.
In der folgenden Zusammenstellung dokumentieren wir ein aktuelles Vertragsangebot aus St. Petersburg vom 16. Juni 24. Für alle unsere Leser, die sich nicht für Details interessieren, St. Petersburg bezahlt bereits als Antrittsprämie das 1,6-fache eines durchschnittlichen russischen Jahresverdienstes. Der monatliche Verdienst der angeworbenen Soldaten beträgt mindestens das Dreifache eines russischen Durchschnittsverdienstes. Dazu kommen noch zahlreiche Prämien und Sozialleistungen.
Verschwiegen wird, dass jener Einsatz für viele der Freiwilligen mit dem Tod oder einer schweren Verletzung endet.
Die Details:
Unsere Zusammenstellung der Werbeprämien für den russischen Kriegsdienst wollen wir noch um ein Beispiel aus Baschkortostan ergänzen. Das große Dorf Tolbasy hat ebenfalls solch eine Anzeige veröffentlicht.
Die Antrittsprämie mit 500.000 Rubel enttäuscht, da bieten andere Regionen mehr als das Doppelte.
Die aktuelle großangelegte Offensive der russischen Armee bewegt sich in einigen Regionen langsam vorwärts, in anderen stagniert sie und es gibt auch Erfolge der ukrainischen Armee. Der größte Erfolg der ukrainischen Soldaten sind die andauernden hohen Verluste Russlands an Menschen und Ausrüstung.
Es gibt verschiedene Rechnungen, wie lange Russland das noch durchhalten kann, manche meinen vielleicht noch Jahre, da Russland über große Lagerstellen an ausgemustertem Material verfügt. Das Gerät wird nach und nach restauriert und gelangt zum Einsatz, es gibt zahlreiche Luftaufnahmen wie die Bestände langsam schwinden.
Entscheidend dürfte der Faktor Mensch sein, wie lange sich die Gesellschaft die hohen Opferzahlen samt deren verlogenen Begründungen noch bieten lässt. Wir beobachten in den Kommentaren zu den Todesmeldungen häufiger eine wachsende Distanz zum Sinn und Zweck des Krieges. Da man sich in Russland zu diesem Thema nicht explizit äußern kann, ohne eine Strafverfolgung zu riskieren, kann man daraus die wirkliche Stimmung im Land nicht ableiten.
Die russische Armee muss jeden Monat etwa 30.000 Freiwillige anwerben, denn so groß sind die Verluste (Verwundete und Tote) ihrer Armee im Krieg gegen die Ukraine. Die Freiwilligen werden häufig als Kanonenfutter verwendet, sie sterben in sogenannten "Fleischangriffen", damit die eigene Armee wieder vielleicht ein paar hundert Meter vorrücken kann. Wir haben das schon mehrfach dokumentiert.
Die einzelnen russischen Regionen bekommen Vorgaben, wieviele Soldaten sie rekrutieren müssen. Um diese Aufgabe zu erfüllen, übertreffen sich die Regionen gegenseitig mit den Erstzahlungen bei Vertragsabschluss. Die Behörden der Region Karatschai-Tscherkessien (Kaukasus) bieten aktuell 1,3 Millionen Rubel (ca. 13.000 €) für einen Vertragsabschluss. Das ist die bisherige Rekordzahlung, knapp dahinter bisher St. Petersburg mit 1,1 Millionen. Doch inzwischen bietet die Stadt auch 1,3 Millionen. In Krasnodar zum Beispiel wurden den Vertragswilligen eine Million Rubel geboten.
So kann es passieren, dass die russischen Vertragsanwärter eine weite Reise auf sich nehmen, wenn eine Region deutlich mehr Antrittsgeld zahlt als ihr Wohnort.
(Sowjetisches Rekrutierungsplakat, Dmitri Moor, 1920, "Hast Du Dich als Freiwilliger gemeldet?)
Nachstehend vier Rekrutierungsanzeigen aus verschiedenen Regionen:
Am 9. Mai haben wir über die Stadt Kropotkin im Süden Russlands berichtet. Dort wurde ein neues Denkmal für die im Krieg gegen die Ukraine getöteten russischen Soldaten der Stadt und Region errichtet. Die Stadt ist nach dem russischen Fürsten und Anarchisten Pjotr Kropotkin (1842 - 1921) benannt, der sich für eine gewalt- und herrschaftsfreie Gesellschaft einsetzte. Zu unserem damaligen Text gibt es jetzt einen Film, den wir nicht vorenthalten wollen.
Der Salarinski-Bezirk in der Region Irkutsk hat knapp 27.000 Bewohner, die Transsibirische Eisenbahn fährt durch das Gebiet. Kohle wird im Tagebau und wird Steinsalz untertage gefördert.
Anfang Mai veranstaltete die Bezirksverwaltung einen Gedenktag für die Opfer der Region im Krieg gegen die Ukraine. Wir geben den Text zum Film im übersetzten Original wieder:
Weiterlesen: Ein Bezirk der Region Irkutsk gedenkt der Kriegstoten
Keine Region hat aktuell so viele Kriegstote zu beklagen wie Baschkortostan. Und noch immer registrieren wir täglich zahlreiche neue Opfer aus den Dörfern und Kleinstädten des Landes. Und auch keine Region liefert so eindrucksvolle Bilder von den Trauerfeiern wie Baschkortostan.
Ende Mai wurde der Freiwillige Jamil Chadjullowitsch Jagudin (geb. 1984) im kleinen Dorf Baimowo bestattet. Das Dorf hat um die 1.000 Einwohner und ist das Verwaltungszentrum des Gemeindebezirks. Die Bevölkerung schrumpft und lebt bescheiden. Auffällig ist - auf der Treuerfeier finden sich meist nur ältere Menschen, vielleicht weil sie an einem Montag stattfand und weil ob der vielen Begräbnisse, das Interesse nachlässt.
Nachdem die Aufmerksamkeit zu unseren Veröffentlichungen wächst, eine kurze Information zu OskarMaria.
Unter diesem Pseudonym war der Initiator im Internet seit über 25 Jahren recht unregelmäßig präsent. Ab dem Jahr 2014 hat er hier über die Situation in den von Russland besetzten Gebieten des Donbass geschrieben. Als einer der ersten Journalisten überhaupt informierte er über die damals neu gegründete Gruppe Wagner.
Beruflich war er seit den 80-iger Jahren Geschäftsführer von diversen Medienunternehmen im Printbereich. Jetzt im Ruhestand, Kinder erwachsen, bleibt etwas mehr Zeit, die gesammelten Erfahrungen zusammen mit wenigen Mitstreitern für dieses Projekt zu nutzen.
Nachtrag: OskarMaria– das ist eine kleine Verbeugung vor dem beinahe vergessenen Schriftsteller Oskar Maria Graf. In Zeiten der Bücherverbrennungen wurden seine Werke von den Nazis verschont, ja sogar teilweise empfohlen. „Verbrennt mich!“ schrieb er 1933 in der Wiener Arbeiterzeitung, „nach meinem ganzen Leben und nach meinem ganzen Schreiben habe ich das Recht, zu verlangen, dass meine Bücher der reinen Flamme des Scheiterhaufens überantwortet werden und nicht in die blutigen Hände und die verdorbenen Hirne der braunen Mordbanden gelangen!“ Schließlich floh er in die USA – dort lebte er in bescheidenen Verhältnissen. Deutschland wollte den unbequemen Mann nach dem Krieg nicht wieder haben. Er starb 1967 in New York.
Literaturempfehlung: Wir sind Gefangene - Autobiograhie 1927.
Beruflich erfolgreich war Wjatscheslaw Alexandrowitsch Borchoschkin nicht. Wjatscheslaw wurde am 19. März 1987 im burjatischen Dorf Jelanzy in der Region Irkutsk geboren. Nach der Schule besuchte er eine Flugschule in Irkutsk, aber mit dem Fliegen hat es nicht geklappt, er verdiente als Bauarbeiter in Ulan-Ude sein Geld.
Zurück in seinem Heimatdorf arbeitete er in einem Asphaltbetonwerk, in den Touristenzentren der Region oder war arbeitslos. Das örtliche Arbeitsamt verdonnerte ihn zu einer Ausbildung als Tischler. Das schnelle Geld wollte Wjatscheslaw dann im Krieg gegen die Ukraine verdienen. Am 17. Dezember 2024 unterschrieb er einen Militärvertrag und im Januar 25 war er schon tot. Das genaue Todesdatum wird verschwiegen. Am 6. Februar 25 wurde Wjatscheslaw in seinem Heimatdorf begraben.
Tawda ist die östlichste Stadt der Oblast Swerdlowsk, sie liegt im asiatisch Teil der Region und ist von der Hauptstadt Jekaterinburg 360 km entfernt. Die Geschichte der Stadt ist untrennbar mit dem stalinistischen Gulag-System verbunden. Um das Jahr 1930 wurden 11.000 Enteignete aus Kuban, der Ukraine und Belarus gewaltsam in das Dorf verbracht, deren Anzahl die Bewohner der Siedlung um das Dreifache überstieg. Es folgten weitere Deportierte - Deutsche, Kalmücken, Usbeken, Bulgaren, Griechen und Chinesen.
Bei Tawdas städtischen Wohnungs- und Kommunaldienst arbeitete der 49 jährige Marat Ravilewitsch Achmadulin als Planierraupenfahrer. Für langjährige gewissenhafte Arbeit im Bereich Wohnungs- und Kommunaldienstleistungen und hohe Professionalität wurde Marat im März 2024 ausgezeichnet.
Warum Marat kurze Zeit später seine Arbeit aufgab und in den Krieg zog, ist nirgendwo überliefert. Er hatte sich der "Wilden Division des Donbass" angeschlossen, eine militärische Einheit von ehemalilgen Söldnern, die vorher für private Gruppierungen am Krieg teilgenommen hatten.
Aber Marat konnte wenig zum Krieg beitragen, er ging bei der Erstürmung der ukrainischen Stadt Makijiwka am 11. Mai 24 verloren. Erst am 4. Februar 25 wurde er in Tawda bestattet.
In der Stadt Suchoi Log im asiatischen Teil der Region Swerlowsk lebte Juri Wiktorowitsch Borowitsch. Juri wurde am 6. April 1980 geboren und hatte den Beruf eines Traktor- und Mähdrescherfahrers erlernt. Sein Sohn wurde im Herbst 2022 mobilisiert und im August 2024 an der Front in der Ukraine schwer verwundet.
Das Schicksal seines Sohnes nahm Juri persönlich, er meldete sich als Freiwilliger zum Kriegsdienst in der Ukraine und erklärte: "Für alle Toten und Verletzten".
Lange dauerte sein Kriegseinsatz nicht. Am 10. September informierte er seine Familie, dass ihre Einheit Nowogrodowka stürmen würde. Das war Juris letzter Kampf. Am 31. Januar 25 wurde er bestattet.
Anatoli Alexandrowitsch Wlassow, geboren am 4. Oktober 2006, kam aus dem ukrainischen Luhansk, das seit Frühjahr 2014 von Russland besetzt ist. Vater und Mutter hatten wohl eine prorussische Einstellung, den Vater sieht man auf Fotos in Militäruniform, die Mutter mit einem "Z", dem Symbol des russischen Angriffskrieges, auf ihrem T-Shirt. Und Anatoli findet man auf einem Foto mit 10-11 Jahren in militärischer Kleidung bei einem Übungsschießen.
Anatoli wurde am 4. Oktober 24 achtzehn Jahre alt, bereits am 21. November 24 schloss er einen Vertrag mit dem russischen Militär und zog in den Krieg.
Auf seiner VKontakte-Seite findet man zahlreiche Fotos, auf denen er allein und mit Kameraden posiert.
Auch Anatolis Leben fand ein schnelles Ende. Seinen genauen Todestag kennen wir nicht, aber seine Beisetzung fand am 7. Februar 2025 statt.
Andrej Iwanowitsch Tortumaschew, geboren am 02. Februar 1968, kam aus der Stadt Taschtagol in der Region Kemerowo. Die Existenz der Stadt mit 22.000 Einwohnern hängt an einem Unternehmen: der Eisenerzmine Taschtagol. Andrej ist als Freiwilliger in den Krieg gezogen und wurde am 29. März 24 als vermisst gemeldet. Seine Angehörigen suchten nach ihm mit folgenden Details:
Andrej Iwanowitsch Tortumaschew, geb. am 02.02.1968 aus Mittel-Tscheley, Taschtagol. Militäreinheit 21005 74. separate motorisierte Schützenbrigade, Jurga seit 29.03.2023 als vermisst gemeldet.
Unter der rechten Brust befindet sich eine Narbe von einer Lungenoperation, zwei Segmente der rechten Lunge wurden entfernt, links eine gebrochene Nase, links eine Narbe über der Oberlippe.
Alexandra Konstantinowna Lobanowskaja wäre die erste Frau aus der Region Iwanowo gewesen, die im Krieg gegen die Ukraine getötet wurde.
Alexandra wurde im Jahr 1990 geboren und kam aus der Stadt Kineschma. Sie hatte sich in einer anderen Region für den Einsatz im Krieg als Sanitäterin beworben, vermutlich weil dort höhere Antrittsprämien gezahlt werden. Alexandra wurde im Januar 2025 getötet.(Link)
Die Stadt Sudak liegt an der Ostküste der Krim und ist das Zentrum der Wein- und Sektherstellung auf der Halbinsel. Aus Sudak kam Elena Jurjewna Kim, geboren am 19. Oktober 1972. Sie machte ihren Abschluss an der Schule Nr. 2 in Sudak und studierte anschließend an der medizinischen Hochschule in Simferopol.
Mit Beginn des Krieges bewarb sich Elena beim russischen Militär als Sanitäterin. Am 23. Mai 23 schließlich konnte sie einen Vertrag abschließen und wurde Teil einer Angriffseinheit. Am 12. Januar 2025 wurde sie getötet. Sie hinterließ zwei Söhne und eine Tochter. (Link)
Zu den entbehrlichen Soldaten in der russischen Armee gehören auch die Waisen, wir haben das schon viel zu häufig dokumentiert. Auch sie werden auf die gefährlichsten Angriffe geschickt und sterben schnell an der Front. Ein aktuelles Beispiel aus Baschkortostan:
Wladislaw Arturowitsch Saliew wurde am 27. Oktober 2003 in Ufa, der Hauptstadt Baschkortostans, geboren. Mit zehn Jahren kam er in ein Waisenhaus, das später geschlossen wurde. Wladislaw wurde in ein 100 km entferntes Waisenhaus in der Stadt Birsk abgeschoben. Nach der 9. Klasse im Jahr 2020 absolvierte er eine Ausbildung zum Automechaniker. In seinem Beruf fand er keine feste Anstellung und verdiente sein Geld als Gelegenheitsarbeiter.
Wladislaw hatte keinen Wehrdienst geleistet, trotzdem schloss er im September 2024 einen Vertrag mit dem russischen Militär und im Oktober war er bereits tot.
Am 22. Januar 25 wurde er in Ufa begraben.
Russlands Krieg gegen die Ukraine begann im Jahr 2014 mit dem Einmarsch in den Donbass. Eine Tatsache, die Russland bis heute leugnet. Per Zufall sind wir heute über eine Nachricht aus Perm gestoßen, veröffentlicht am 3. September 2014. Der übersetzte Orginaltext von PermNews.ru in Auszügen:
In der Ukraine ist ein Vertragssoldat aus der Region Perm gestorben
Ein 20-jähriger Bewohner des Dorfes Kuwa im Bezirk Kudymkarsky im Perm-Territorium, Wassili Karawajew, der im Rahmen eines Vertrags in den Panzertruppen der russischen Streitkräfte diente, starb in Donezk.
Den Tod des Soldaten aus der Kama-Region berichtet PermNews unter Berufung auf die Schwester des Verstorbenen.
Nach Angaben der Frau wurde sie am 31. August vom Militärkommissar und dem Leiter der ländlichen Siedlung Beloevsky persönlich über den Tod ihres Bruders informiert. Sie sagten, dass ihr Bruder Wassili Karawajew am 21. August schwer verletzt und ins Krankenhaus in Rostow am Don eingeliefert wurde, es jedoch nicht möglich war, das Leben des Verwundeten zu retten, und er am 26. August starb. Der Veröffentlichung zufolge sollte die Leiche des Verstorbenen am 3. September nach Hause gebracht werden.
Die Schwester des Verstorbenen sagte auch, dass Wassili im Mai 2014 seinen Militärdienst in der russischen Armee abgeschlossen habe und sich im Juli entschieden habe, im Rahmen eines Vertrags zum Militärdienst zu gehen. Kurz bevor der junge Mann verwundet wurde, teilte er seinen Angehörigen mit, dass seine Einheit an die Grenze zur Ukraine in der Region Rostow gebracht worden sei....
Knapp 5.000 Menschen wohnen im Dorf Bogoslowka in der Region Pensa und die meisten davon gehören der russisch-orthodoxen Kirche an. Der Priester der Gemeinde, Pater Paul, bürgerlich Pawel Anatoljewitsch Batschurin, hatte seine Ausbildung am am Theologischen Seminar Pensa erhalten und war seit 2002 predigender Teil der Orthodoxie.
Doch mit 54 Jahren zog es Pater Paul zu höheren Aufgaben - er meldete sich als Freiwilliger zum Krieg gegen die Ukraine.
Wir haben bisher schon über einige Priester berichtet, die an der Front gefallen sind, aber alle waren mit der geistlichen Betreuung der Frontsoldaten beauftragt. Pater Paul zog es zur kämpfenden Truppe. Details über seinen Kriegseinsatz wissen wir nicht, aber Pawel wurde am 24. Januar 25 in seinem Heimatdorf beigesetzt.
Er wäre ein mitfühlender, freundlicher, verantwortungsbewusster und aufrichtiger Mensch gewesen, heißt es in seinem Nachruf - kaum zu glauben.
Russlands Krieg gegen die Ukraine wird von beiden Seiten auch mit Drohnen geführt. Häufig kommen handelsübliche Kleindrohnen zum Einsatz, die geringfügig modifiziert und mit Sprengkörpern ausgerüstet werden. Die Drohnenpiloten sitzen in geringer Entfernung zum Kampfgebiet in Gebäuden versteckt, haben eine FPV-Brille über den Augen und steuern die Drohne mit einem kleinen Controller.
Und so kommt es, dass wir immer häufiger solche Drohnenpiloten in unsere Liste der Getöteten aufnehmen. Meist sind es junge Soldaten, die in Computerspielen Reaktionsschnelligkeit erlernt haben.
Damir Ischkinejew war so ein junger Drohnenpilot. Damir, geboren am 15. Januar 1999, kam aus der Stadt Nurlat in Tatarstan. Nach der Schule erlernte er einen Beruf in der Fachrichtung "Landwirtschaftliche Mechanisierung". Doch im November 2023 zog er als Freiwilliger in den Krieg, steuerte dort Drohnen und wurde am 25. Dezember 24 getötet.
Ein Foto von Damir haben wir nicht, aber ein Foto seiner Beisetzung.
Am 15. November 2024 wurde Derrick Ngamana, ein Bürger der Zentralafrikanischen Republik, bei den Kämpfen um das Dorf Novoivanovka im Bezirk Sudzhansky der Region Kursk getötet.
Der Todesanzeige zufolge kämpfte der 32-jährige Söldner in der Angriffskompanie einer Marine Brigade der Pazifikflotte im Dienstgrad eines Matrosen.
Ngamana diente zuvor bei den zentralafrikanischen Streitkräften im Rang eines Unteroffiziers. Im Jahr 2023 wandte sich Ngamana an einen Freund der Familie und Teilzeitdiplomaten der Zentralafrikanischen Republik in Moskau, mit der Bitte um Hilfe bei der Einschreibung an einer russischen Universität, doch dann fehlten ihm die Mittel, um nach Russland zu reisen. Das gab Whangapou selbst auf Facebook bekannt .
Ngamanas jüngerer Bruder behauptet, er habe einen Vertrag mit der russischen Armee unterzeichnet und sei im September 2024 zum Kampf in die Ukraine gegangen. Laut seinem Bruder sagte Ngamana ihm, dass er auf diese Weise hoffte, „seine Kinder großzuziehen“ und ihnen „eine bessere Zukunft zu ermöglichen“.(Quelle)
Gestern haben wir hier über Stanislaw Tymrik berichtet, der aus dem aussterbenden Dorf mit dem Namen "Schnee" in einer abgelegenen Region von Tschukotka stammte. Nur 15 km davon entfernt (für die dortigen Verhältnisse wenig) liegt das größere Dorf Ust-Belaja mit etwa 600 Bewohnern. Aus diesem Dorf kam der sehr junge Waleri Beljajew, geboren am 24.10.2002.
Waleri meldete sich im September 24 freiwillig zum Kriegstdienst beim russischen Militär, bereits am 12. Dezember war er tot. Wir haben den Originalbeitrag aus Tschukotka hier veröffentlicht.
Waleri ist bereits der dritte junge Mann aus dem Dorf, der im Krieg gegen die Ukraine getötet wurde. (Ruslan, Alexej)
Kubinka ist eine kleine Stadt etwa 60 km westlich von Moskau. Die örtliche Schule soll nach einem gefallenen Teilnehmer des Krieges gegen die Ukraine umbenannt werden. Pawel Tichonow ging dort zur Schule, hatte eine Frau und vier Kinder und viel mehr wissen wir nicht. Dafür wissen wir etwas über seinen militärischen Lebensweg.
Im Jahr 2014 reise Pawel in den ukrainischen Donbass, um als Separatist verkleidet, Moskaus erste Invasion der Ukraine zu unterstützen. Als dann 2022 der zweite russische Einmarsch erfolgte, unterschrieb Pawel erneut einen Vertrag und ging zurück ins Kriegsgebiet. Eine schwere Verwundung hielt ihn nicht auf, er lernte danach russische Drohnen zu steuern. Anfang 2024 beendete eine HIMARS-Rakete sein Kriegsabenteuer.
Maxim Michailowitsch Kusnetsow, geboren am 24. Juni 1985, kam aus dem Dorf Gorchon in Burjatien. Nach der Schule absolvierte er eine Sekundärausbildung an der Technischen Hochschule Baikal mit den Schwerpunkten Recht und Organisation der sozialen Sicherheit. Danach musste er seinen Wehrdienst ableisten und erhielt nach dessen Ende eine Stelle als Gerichtsvollzieher in Baschkortostan.
Privat trainierte Maxim als Boxer und als "Martial Arts"-Kämpfer und bekam 2015 in diesen Sportarten den Titel eines Meisters. Im Jahr 2023 gab er seine Stelle in Baschkortostan auf und wurde Gerichtsvollzieher im von Russland besetzten Teil der Oblast Saporoschja.
Und weil er schon mal nahe am Krieg war, schloss Maxim am 1. September 2024 einen Vertrag zum Kriegsdienst mit dem russischen Militär ab. Für einen Gerichtsvollzieher mag seine "Martial Arts"-Ausbildung von Vorteil sein, im Krieg der Drohnen und Artilleriegefechte ist sie eher zweitrangig. Bereits am 24. Oktober 24 lief Maxims Vertrag aus. Er wurde am 14. Januar 25 in seiner Heimat bestattet.
Schon wieder sind wir in Baschkortostan, diesmal in einer Region nördlich der Hauptstadt Ufa. Im Bezirk Mischkinski befindet sich das Dorf Staroarzamatowo mit etwas über 500 Einwohnern. Die Bewohner des Dorfes sind fast alle ethnische Mari. Benz Leonidowitsch Parsajew, wurde am 24.12.2002 im Dorf geboren und ist dort aufgewachsen. In der Berufsschule machte er eine Ausbildung zum Schweißer. Danach arbeitete er ohne feste Anstellung.
Auch ihn lockte das viele Geld zum Kriegsdienst, am 15. November 24 schloss er einen Vertrag mit dem Militär. Er hätte als einfacher Schütze in einer Sturmtruppe gedient. Aber bereits im Dezember war Benz tot - das genaue Datum wird überall verschwiegen.
Er hätte "mit Ehre und Würde beschlossen, die edle Arbeit seiner Vorfahren fortzusetzen", schreibt die Bezirksverwaltung am 7.1.25 im Nachruf.
Heute haben wir den ersten Eskimo in unsere Datenbank eingetragen. Kirill Agha stammte aus Neu Tschaplino, das auf der russischen Seite des Beeringmeers liegt.
Wir haben den Originalbeitragder Presseagentur von Tschukotka hier veröffentlicht.
Zur Situation der verschiedenen Ethnien im Nordosten Russlands empfehlen wir den Beitrag "Das Volk der Kerek existiert nicht mehr".