14.02.2025 -- 99.565 // Zuwachs zum 31.01.2025: 2.636
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Ria Nowosti ist die bedeutendste staatliche Nachrichtenagentur in Russland. Auf ihrem Telegram-Kanal veröffentlichte sie heute (12.08.2024) die nebenstehende Grafik, die wir durch Google haben übersetzen lassen. Der Text zu jener Grafik lautete: Putin bewertete die Aussichten für Verhandlungen mit der Ukraine vor dem Hintergrund der Lage in der Region Kursk. Dazu gab es folgende weitere Stellungnahmen von Putin: |
Petropawlowsk-Kamtschatski, Hauptstadt von Kamtschatka -- Foto: kuhnmi -- Lizenz: CC BY 2.0
Die Halbinsel Kamtschatka ganz im Osten Russlands ist etwa so groß, wie Spanien und Portugal zusammen. Über 160 Vulkane gibt es auf der Insel, wovon 29 noch aktiv sind. Bewohnt wird die Insel von etwa 300.000 Menschen mit stark abnehmender Tendenz, im Jahr 1990 lebten dort noch 480.000 Personen. Knapp 60 % der Bevölkerung lebt in der Hauptstadt Petropawlowsk-Kamtschatski. Das Klima ist kalt bis gemäßigt (kalt) mit viel Niederschlag. Durchgehende Straßenverbindungen von Norden nach Süden gibt es nicht.
Und obwohl der Krieg Russlands gegen die Ukraine geografisch ganz weit weg liegt, sterben Männer aus Kamtschatka in der Ukraine. Bis Ende 2024 hatten wir 348 Namen von getöteten Soldaten erfasst, durch das dritte Video sind jetzt viele Namen neu dazu gekommen.
Weiterlesen: Die getöteten Soldaten aus Kamtschatka - Update 22.01.25
Wenn es um die russischen Verluste an Soldaten im Krieg gegen die Ukraine geht, wird in der Öffentlichkeit viel spekuliert. Die meisten Angaben der Regierungen oder der Geheimdienste basieren auf unbekannten Daten und lassen sich schwerlich überprüfen. Auch die meist von der Presse zitierten Angaben der BBC/Mediazone sind nicht überprüfbar, da die Datenbasis nicht offengelegt wird. Trotzdem denken wir, dass es sich bei den BBC-Daten um eine seriöse Quelle handelt. Die Zahlen entsprechen in der Summe unseren Erkenntnissen, weichen allerdings im Detail - also in den Regionen - häufig stark ab.
Wenn es um die Hochrechnung der tatsächlichen Kriegstoten geht, nimmt die BBC eine höhere Rate an nicht gefundenen Kriegstoten an als wir. Auf Basis vom Besuch von Friedhöfen verdoppelt die BBC ihre gefundenen Zahlen. Wir dagegen gehen davon aus, dass wir nur 60% aller Kriegstoten gefunden haben. Wer am Ende richtig spekuliert hat, wird sich vielleicht erst in vielen Jahren zeigen. Aber eine kleine Beispielrechnung wollen wir mit den Zahlen des Monats Juli vorlegen.
Tatsächlich gibt es zwei feststehende Zahlen - unsere gefunden Kriegstoten im Monat Juli 2024 mit 4.394 Fällen. Und die Angabe des russischen Kriegsministeriums, dass jeden Monat 30.000 neue Freiwillige geworben werden müssen, um die getöteten, verletzten und ausgebrannten Soldaten zu ersetzen. Wie passen diese beiden Zahlen zusammen?
Weiterlesen: Wie plausibel unsere Hochrechnungen der Kriegsopfer sind
Der russische Präsident Putin hat Ende Juli 2024 ein Dekret unterzeichnet, das die Bundeszahlungen zum Vertragsdienst in der Armee weiter erhöht. Bisher zahlte der Bund für jeden Vertragsabschluss 195.000 Rubel (ca. 1.950€), dieser Betrag wird für alle neuen Verträge zwischen dem 1. August und 31.12.2024 auf 400.000 Rubel (4.000€) erhöht.
Den Regionen wird empfohlen zusätzlich mindestens 400.000 Rubel zu bezahlen. Wie viel die Regionen zur Zeit bezahlen haben wir in einer Tabelle am Ende dieses Beitrags zusammengestellt. Die Beträge können sich aber jederzeit ändern - im Prinzip erhöhen.
Nach Angaben des russischen Kriegsministeriums haben im Zeitraum zwischen 1. Januar 24 bis Ende Juli 190.000 Menschen Verträge zur Teilnahme am Krieg gegen die Ukraine unterzeichnet . Im Durchschnitt werden nach Angaben des Ministeriums etwa 1.000 Menschen pro Tag rekrutiert. Es gab zuletzt im Dezember 2023 die Gesamtzahl der unter Vertrag stehenden russischen Militärangehörigen bekannt – 640.000 Soldaten.
Weiterlesen: Die Antrittsprämien zum Vertragsdienst in der russischen Armee steigen schnell
Über das Bataillon "Hispaniola" hatten wir schon mehrfach berichtet. Seine Ursprünge gehen bis 2014 zurück, als der Gründer Stanislaw Orlow, Mitglied der Fangruppe „Rot-Blaue Krieger", sich den "Separatisten" des Donbass anschloss und unter der Führung von Igor Besler kämpfte. Hispaniola wird heute über die russische PMC Redut organisiert und wahrscheinlich durch die Brüder Arkady und Boris Rotenberg finanziert. Seit Frühjahr 2023 positioniert sich Hispanola als unabhängiges privates Militärunternehmen.
Ein großer Teil der Söldner sind Fußball-Ultras der großen russischen Vereine. Sie vertreten offen neonazistische Ansichten, sind mit Hakenkreuzen und ähnlichen Symbolen tätowiert. Einer der Kämpfer, Michail „Pitbull“ Turkanow, wurde wegen öffentlicher Zurschaustellung von Nazi-Symbolen verurteilt.
Wie die PMC Redut bietet Hispaniola einen Sechsmonatsvertrag mit zwei Monaten für Training und Koordination auf einem Trainingsgelände in der Region Tambow an.
Zum Tod eines ihrer Kämpfer, Roman Bogdan, hat Hispaniola am 16. Juli 24 ein längeres Pamphlet veröffentlicht, das Einblick in die Denke dieser Hooligans gibt. Wir veröffentlichen den Text im übersetzten Original:
Weiterlesen: Das Bataillon "Hispaniola" der Fußballhooligans
Freiwillige der kritischen Initiative "Bürger des Baikal" haben im Juli erneut den Alexanderfriedof bei Irkutsk besucht. Im September 2023 gab es dort 140 Bestattungen, bis Juli 2024 entstanden 138 neue Gräber. Die Namen von 62 gefallenen Soldaten waren der Initiative bisher unbekannt.
Fast jeder Dritte von denen, die neu aufgenommen wurde, war vorbestraft. Neun wurden wegen Mordes inhaftiert, drei davon wegen Mordes an ihren eigenen Eltern. In einem weiteren Fall geht es um versuchten Mord, bei den übrigen um Raub, Diebstahl, Verkauf und Besitz von Drogen.
Der Friedhof befindet sich dem Bericht nach in einem verwahrlosten Zustand. Zwischen den Gräbern gefallener Soldaten liegen Plastikflaschen, -becher und Getränkedosen verstreut. Entlang der Straße zwischen den Gräbern häuften sich Müllberge – Plastiktüten gefüllt mit Kiefernnadeln des letzten Jahres, verblasste Kunstblumen, Kränze. Die Mülltonnen quellen über und um sie herum hat sich spontan eine Mülldeponie mit Kränzen gebildet, die offenbar seit letztem Jahr nicht mehr aufgeräumt wurde. Noch immer schaufeln Arbeiter jeden Tag neue Gräber.
Nachstehend die von den "Bürgern des Baikals" veröffentlichte Liste, wir haben mit Stern (*) die 45 Namen gekennzeichnet, die uns bisher unbekannt waren:
Weiterlesen: Irkutsk: 138 neue Gräber auf dem Wagner-Friedhof / Teil II
Wir hatten in mehreren Beiträgen über die Bezahlung der russischen Freiwilligen informiert, sie unterscheiden sich nach Regionen (St. Petersburg, Tatarstan, Angebot & Nachfrage). Jede Region ist angehalten, jeden Monat ein bestimmtes Kontingent an Freiwilligen zu rekrutieren. Die Bezahlung ist durchweg gleich hoch, entscheidend ist die gezahlte Antrittsprämie. Die ist dort niedrig, wo leicht neue Todesmutige zu finden sind - zum Beispiel in Baschkirien. Die Prämie ist dort hoch, wo die Region Mühe hat, ihr Kontingent zu erfüllen. In den letzten Wochen überboten sich die Regionen mit immer höheren Zahlungen, jetzt hat Moskau noch einen Betrag oben drauf gesetzt.
Die Stadt Moskau bietet ab sofort allen geeigneten Männer, die sich zu einem Vertrag entschließen eine Antrittsprämie von 1,9 Millionen Rubel - umgerechnet etwa 19.000 €. Wer es schafft, das erste Jahr an der Front zu überleben kann sich auf Einnahmen von insgesamt 5,2 Millionen Rubel (52.000 €) freuen. Besser bezahlte legale Jobs wird man in ganz Russland kaum finden. Die Auslobung solch einer hohen Prämie zeigt, dass es der Stadt Moskau schwer fällt, ihr Kontingent an Freiwilligen zu erfüllen. Der Stadt ist es auch völlig egal, aus welcher Region Russlands der Freiwillige kommt - Hauptsache er unterschreibt in Moskau.
Der Texts des abgebildeten Dekrets lautet grob übersetzt:
Sowjetskaja-Straße, Mitschurinsk -- Foto: Bok -- Lizenz: CC BY-SA 4.0
Etwa 400km südlich von Moskau liegt die Stadt Mitschurinsk in der Oblast Tambow. Durch die fruchtbaren Schwarzerdeböden ist die Region landwirtschaftlich geprägt, folglich gibt es auch eine staatliche Agraruniversität in der Stadt. Im zweiten Weltkrieg wurde die Stadt von Kampfhandlungen verschont, deshalb besitzt Mitschurinsk noch eine gute erhaltene Altstadt mit historischen Gebäuden. Doch auch diese Stadt hat eine unsichere Zukunft. Im Jahr 2000 lebten noch 120.000 Menschen dort, 2010 zählte man etwa 100.000 Bewohner und bei der letzten Zählung im Jahr 2021 sind noch 90.000 Einwohner erfasst worden.
Irgend jemand aus Mitschurinsk hat Anfang Juli einen Film veröffentlicht, der die getöteten Soldaten der Stadt im Krieg gegen die Ukraine auflistet. Insgesamt enthält der Film 44 Namen mit Geburts- und Sterbedatum. Wir konnten 20 neue Namen nachtragen. Da solche Filme oft schnell in den sozialen Medien gelöscht werden, dokumentieren wir ihn nachstehend. Ihn anzuschauen ist eigentlich Zeitverschwendung - nur am Ende werden einige Szenen aus der Erinnerungsallee der Stadt gezeigt.
Die Tagesschau berichtete am 17. Mai.2024: Auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim sind nach Angaben eines Satellitenunternehmens aus den USA diese Woche drei russische Kampfflugzeuge und eine Treibstoffanlage bei einem ukrainischen Angriff zerstört worden. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Es handle sich um zwei MiG-31-Kampfjets und einen Su-27-Kampfjet auf dem von Moskau kontrollierten Luftwaffenstützpunkt Belbek nahe Sewastopol, teilt der Konzern Maxar unter Berufung auf Satellitenbilder mit. Eine Stellungnahme der Ukraine liegt dazu bislang nicht vor.
Der Angriff fand am 15. Mai statt. Nach ukrainischen Angaben wären 10 Raketen auf das Militärgelände abgefeuert worden. Zerstört worden wären Treibstoff- und Schmiermittellager, zwei S-400-Luftverteidigungssysteme, Radar „92Н6E“, MiG-31 beschädigt und 3 Su-27 beschädigt. Sieben Soldaten wären getötet worden, 12 weitere verletzt.
Oberleutnant Dmitri Michailowitsch Pugatschow (Foto) war einer der getöteten Offiziere. Ein Film aus Russland von Ende Juni zeigt die getöteten Opfer des Angriffs.
Das Lewada-Zentrum ist ein russisches Meinungsforschungsinstitut mit Sitz in Moskau. Es gilt als die letzte unabhängige Forschungseinrichtung in Russland auf diesem Gebiet. Inzwischen muss es aber alle seine Publikationen mit dem Kainsmal einer "Aktivität eines ausländischen Agenten" kennzeichnen.
Lewada hat Anfang Juli eine neue Studie veröffentlicht. Die Ergebnisse decken sich in etwa mit unseren Erfahrungen aus den vielen Todesmeldungen in den sozialen Netzwerken. Die Unterstützung des Krieges bleibt hoch, die Russen sind stolz auf ihr Land, schuld am Krieg sind die Nato und der Westen. Der Anteil der Russen, die Friedensverhandlungen zur Beendigung des Krieges befürworten, hat mit 58 Prozent einen historischen Höchststand erreicht.
Die vollständige Studie findet man hier.
Anmerkung: Wir haben die Tabellen durch die Google-Übersetzungsfunktion auf deutsch getrimmt, kleinere Fehler in den Beschriftungen haben wir von Hand korrigiert. Wir hoffen, wir haben nichts übersehen. Alle Texte in kursiver Schrift sind übersetzte Orginalzitate aus der Studie.
Weiterlesen: Russland: Die Unterstützung des Krieges bleibt hoch
Im Vorland des Kaukasus liegt die Stadt Budjonnowsk mit etwa 60.000 Einwohnern. Die Stadt lebt von der chemischen Industrie, in der Region gibt es Erdöl- und Erdgasvorkommen. Zudem sind einige militärische Verbände in der Stadt stationiert.
Im Jahr 1995 stand Budjonnowsk plötzlich im Zentrum der Weltöffentlichkeit. Tschetschenische Kämpfer unter der Führung von Schamil Bassajew nahmen am 14. Juni 1995 im Krankenhaus der Stadt zwischen 1100 und 1600 Geiseln. Die Geiselnehmer forderten ein Ende des Krieges in Tschetschenien und die Aufnahme von Verhandlungen. Sechs Tage später stürmten russische Sicherheitskräfte das Krankenhaus. 120 Geiseln wurden getötet und rund 400 verletzt.
Auch heute sterben Bürger von Budjonnowsk wieder im Krieg. Der kurze Film zeigt die Verleihung von Tapferkeitsorden an die Angehörigen von zwei im Krieg gegen die Ukraine getöteten Soldaten aus der Stadt. Um den Saal des Kulturpalastes zu füllen, wurden junge Kadetten und ältere Schüler abkommandiert.
Kyzyl -- Foto: Valery Irgit -- Lizenz: CC BY 4.0
Kyzyl ist die Hauptstadt der russischen Teilrepublik Tuwa mit aktuell etwa 130.000 Einwohnern. Die Stadt liegt am Zusammenfluss des Grossen- und Kleinen Jenissei. Die Region ist ablegen, nur zwei Straßenverbindungen führen nach Tuwa. Die Bahnverbindung von Kyzyl nach Russland besteht nur aus einem Kilometer Strecke und wird vielleicht einmal gebaut.
Tuwa hat die höchsten Opferzahlen im Krieg gegen die Ukraine gemessen an der Bevölkerung. Wir haben schon häufig darüber berichtet. Am 15. Juni 24 hat eine Bewohnerin von Kyzyl einen Film über den Friedhof der Stadt veröffentlicht, der die Gräber der im Krieg gegen die Ukraine getöteten Kyzyl-Bewohner zeigt. Neun Namen waren uns noch nicht bekannt
Nachdem die Aufmerksamkeit zu unseren Veröffentlichungen wächst, eine kurze Information zu OskarMaria.
Unter diesem Pseudonym war der Initiator im Internet seit über 25 Jahren recht unregelmäßig präsent. Ab dem Jahr 2014 hat er hier über die Situation in den von Russland besetzten Gebieten des Donbass geschrieben. Als einer der ersten Journalisten überhaupt informierte er über die damals neu gegründete Gruppe Wagner.
Beruflich war er seit den 80-iger Jahren Geschäftsführer von diversen Medienunternehmen im Printbereich. Jetzt im Ruhestand, Kinder erwachsen, bleibt etwas mehr Zeit, die gesammelten Erfahrungen zusammen mit wenigen Mitstreitern für dieses Projekt zu nutzen.
Nachtrag: OskarMaria– das ist eine kleine Verbeugung vor dem beinahe vergessenen Schriftsteller Oskar Maria Graf. In Zeiten der Bücherverbrennungen wurden seine Werke von den Nazis verschont, ja sogar teilweise empfohlen. „Verbrennt mich!“ schrieb er 1933 in der Wiener Arbeiterzeitung, „nach meinem ganzen Leben und nach meinem ganzen Schreiben habe ich das Recht, zu verlangen, dass meine Bücher der reinen Flamme des Scheiterhaufens überantwortet werden und nicht in die blutigen Hände und die verdorbenen Hirne der braunen Mordbanden gelangen!“ Schließlich floh er in die USA – dort lebte er in bescheidenen Verhältnissen. Deutschland wollte den unbequemen Mann nach dem Krieg nicht wieder haben. Er starb 1967 in New York.
Literaturempfehlung: Wir sind Gefangene - Autobiograhie 1927.
Beruflich erfolgreich war Wjatscheslaw Alexandrowitsch Borchoschkin nicht. Wjatscheslaw wurde am 19. März 1987 im burjatischen Dorf Jelanzy in der Region Irkutsk geboren. Nach der Schule besuchte er eine Flugschule in Irkutsk, aber mit dem Fliegen hat es nicht geklappt, er verdiente als Bauarbeiter in Ulan-Ude sein Geld.
Zurück in seinem Heimatdorf arbeitete er in einem Asphaltbetonwerk, in den Touristenzentren der Region oder war arbeitslos. Das örtliche Arbeitsamt verdonnerte ihn zu einer Ausbildung als Tischler. Das schnelle Geld wollte Wjatscheslaw dann im Krieg gegen die Ukraine verdienen. Am 17. Dezember 2024 unterschrieb er einen Militärvertrag und im Januar 25 war er schon tot. Das genaue Todesdatum wird verschwiegen. Am 6. Februar 25 wurde Wjatscheslaw in seinem Heimatdorf begraben.
Tawda ist die östlichste Stadt der Oblast Swerdlowsk, sie liegt im asiatisch Teil der Region und ist von der Hauptstadt Jekaterinburg 360 km entfernt. Die Geschichte der Stadt ist untrennbar mit dem stalinistischen Gulag-System verbunden. Um das Jahr 1930 wurden 11.000 Enteignete aus Kuban, der Ukraine und Belarus gewaltsam in das Dorf verbracht, deren Anzahl die Bewohner der Siedlung um das Dreifache überstieg. Es folgten weitere Deportierte - Deutsche, Kalmücken, Usbeken, Bulgaren, Griechen und Chinesen.
Bei Tawdas städtischen Wohnungs- und Kommunaldienst arbeitete der 49 jährige Marat Ravilewitsch Achmadulin als Planierraupenfahrer. Für langjährige gewissenhafte Arbeit im Bereich Wohnungs- und Kommunaldienstleistungen und hohe Professionalität wurde Marat im März 2024 ausgezeichnet.
Warum Marat kurze Zeit später seine Arbeit aufgab und in den Krieg zog, ist nirgendwo überliefert. Er hatte sich der "Wilden Division des Donbass" angeschlossen, eine militärische Einheit von ehemalilgen Söldnern, die vorher für private Gruppierungen am Krieg teilgenommen hatten.
Aber Marat konnte wenig zum Krieg beitragen, er ging bei der Erstürmung der ukrainischen Stadt Makijiwka am 11. Mai 24 verloren. Erst am 4. Februar 25 wurde er in Tawda bestattet.
In der Stadt Suchoi Log im asiatischen Teil der Region Swerlowsk lebte Juri Wiktorowitsch Borowitsch. Juri wurde am 6. April 1980 geboren und hatte den Beruf eines Traktor- und Mähdrescherfahrers erlernt. Sein Sohn wurde im Herbst 2022 mobilisiert und im August 2024 an der Front in der Ukraine schwer verwundet.
Das Schicksal seines Sohnes nahm Juri persönlich, er meldete sich als Freiwilliger zum Kriegsdienst in der Ukraine und erklärte: "Für alle Toten und Verletzten".
Lange dauerte sein Kriegseinsatz nicht. Am 10. September informierte er seine Familie, dass ihre Einheit Nowogrodowka stürmen würde. Das war Juris letzter Kampf. Am 31. Januar 25 wurde er bestattet.
Anatoli Alexandrowitsch Wlassow, geboren am 4. Oktober 2006, kam aus dem ukrainischen Luhansk, das seit Frühjahr 2014 von Russland besetzt ist. Vater und Mutter hatten wohl eine prorussische Einstellung, den Vater sieht man auf Fotos in Militäruniform, die Mutter mit einem "Z", dem Symbol des russischen Angriffskrieges, auf ihrem T-Shirt. Und Anatoli findet man auf einem Foto mit 10-11 Jahren in militärischer Kleidung bei einem Übungsschießen.
Anatoli wurde am 4. Oktober 24 achtzehn Jahre alt, bereits am 21. November 24 schloss er einen Vertrag mit dem russischen Militär und zog in den Krieg.
Auf seiner VKontakte-Seite findet man zahlreiche Fotos, auf denen er allein und mit Kameraden posiert.
Auch Anatolis Leben fand ein schnelles Ende. Seinen genauen Todestag kennen wir nicht, aber seine Beisetzung fand am 7. Februar 2025 statt.
Andrej Iwanowitsch Tortumaschew, geboren am 02. Februar 1968, kam aus der Stadt Taschtagol in der Region Kemerowo. Die Existenz der Stadt mit 22.000 Einwohnern hängt an einem Unternehmen: der Eisenerzmine Taschtagol. Andrej ist als Freiwilliger in den Krieg gezogen und wurde am 29. März 24 als vermisst gemeldet. Seine Angehörigen suchten nach ihm mit folgenden Details:
Andrej Iwanowitsch Tortumaschew, geb. am 02.02.1968 aus Mittel-Tscheley, Taschtagol. Militäreinheit 21005 74. separate motorisierte Schützenbrigade, Jurga seit 29.03.2023 als vermisst gemeldet.
Unter der rechten Brust befindet sich eine Narbe von einer Lungenoperation, zwei Segmente der rechten Lunge wurden entfernt, links eine gebrochene Nase, links eine Narbe über der Oberlippe.
Alexandra Konstantinowna Lobanowskaja wäre die erste Frau aus der Region Iwanowo gewesen, die im Krieg gegen die Ukraine getötet wurde.
Alexandra wurde im Jahr 1990 geboren und kam aus der Stadt Kineschma. Sie hatte sich in einer anderen Region für den Einsatz im Krieg als Sanitäterin beworben, vermutlich weil dort höhere Antrittsprämien gezahlt werden. Alexandra wurde im Januar 2025 getötet.(Link)
Die Stadt Sudak liegt an der Ostküste der Krim und ist das Zentrum der Wein- und Sektherstellung auf der Halbinsel. Aus Sudak kam Elena Jurjewna Kim, geboren am 19. Oktober 1972. Sie machte ihren Abschluss an der Schule Nr. 2 in Sudak und studierte anschließend an der medizinischen Hochschule in Simferopol.
Mit Beginn des Krieges bewarb sich Elena beim russischen Militär als Sanitäterin. Am 23. Mai 23 schließlich konnte sie einen Vertrag abschließen und wurde Teil einer Angriffseinheit. Am 12. Januar 2025 wurde sie getötet. Sie hinterließ zwei Söhne und eine Tochter. (Link)
Zu den entbehrlichen Soldaten in der russischen Armee gehören auch die Waisen, wir haben das schon viel zu häufig dokumentiert. Auch sie werden auf die gefährlichsten Angriffe geschickt und sterben schnell an der Front. Ein aktuelles Beispiel aus Baschkortostan:
Wladislaw Arturowitsch Saliew wurde am 27. Oktober 2003 in Ufa, der Hauptstadt Baschkortostans, geboren. Mit zehn Jahren kam er in ein Waisenhaus, das später geschlossen wurde. Wladislaw wurde in ein 100 km entferntes Waisenhaus in der Stadt Birsk abgeschoben. Nach der 9. Klasse im Jahr 2020 absolvierte er eine Ausbildung zum Automechaniker. In seinem Beruf fand er keine feste Anstellung und verdiente sein Geld als Gelegenheitsarbeiter.
Wladislaw hatte keinen Wehrdienst geleistet, trotzdem schloss er im September 2024 einen Vertrag mit dem russischen Militär und im Oktober war er bereits tot.
Am 22. Januar 25 wurde er in Ufa begraben.
Russlands Krieg gegen die Ukraine begann im Jahr 2014 mit dem Einmarsch in den Donbass. Eine Tatsache, die Russland bis heute leugnet. Per Zufall sind wir heute über eine Nachricht aus Perm gestoßen, veröffentlicht am 3. September 2014. Der übersetzte Orginaltext von PermNews.ru in Auszügen:
In der Ukraine ist ein Vertragssoldat aus der Region Perm gestorben
Ein 20-jähriger Bewohner des Dorfes Kuwa im Bezirk Kudymkarsky im Perm-Territorium, Wassili Karawajew, der im Rahmen eines Vertrags in den Panzertruppen der russischen Streitkräfte diente, starb in Donezk.
Den Tod des Soldaten aus der Kama-Region berichtet PermNews unter Berufung auf die Schwester des Verstorbenen.
Nach Angaben der Frau wurde sie am 31. August vom Militärkommissar und dem Leiter der ländlichen Siedlung Beloevsky persönlich über den Tod ihres Bruders informiert. Sie sagten, dass ihr Bruder Wassili Karawajew am 21. August schwer verletzt und ins Krankenhaus in Rostow am Don eingeliefert wurde, es jedoch nicht möglich war, das Leben des Verwundeten zu retten, und er am 26. August starb. Der Veröffentlichung zufolge sollte die Leiche des Verstorbenen am 3. September nach Hause gebracht werden.
Die Schwester des Verstorbenen sagte auch, dass Wassili im Mai 2014 seinen Militärdienst in der russischen Armee abgeschlossen habe und sich im Juli entschieden habe, im Rahmen eines Vertrags zum Militärdienst zu gehen. Kurz bevor der junge Mann verwundet wurde, teilte er seinen Angehörigen mit, dass seine Einheit an die Grenze zur Ukraine in der Region Rostow gebracht worden sei....
Knapp 5.000 Menschen wohnen im Dorf Bogoslowka in der Region Pensa und die meisten davon gehören der russisch-orthodoxen Kirche an. Der Priester der Gemeinde, Pater Paul, bürgerlich Pawel Anatoljewitsch Batschurin, hatte seine Ausbildung am am Theologischen Seminar Pensa erhalten und war seit 2002 predigender Teil der Orthodoxie.
Doch mit 54 Jahren zog es Pater Paul zu höheren Aufgaben - er meldete sich als Freiwilliger zum Krieg gegen die Ukraine.
Wir haben bisher schon über einige Priester berichtet, die an der Front gefallen sind, aber alle waren mit der geistlichen Betreuung der Frontsoldaten beauftragt. Pater Paul zog es zur kämpfenden Truppe. Details über seinen Kriegseinsatz wissen wir nicht, aber Pawel wurde am 24. Januar 25 in seinem Heimatdorf beigesetzt.
Er wäre ein mitfühlender, freundlicher, verantwortungsbewusster und aufrichtiger Mensch gewesen, heißt es in seinem Nachruf - kaum zu glauben.
Russlands Krieg gegen die Ukraine wird von beiden Seiten auch mit Drohnen geführt. Häufig kommen handelsübliche Kleindrohnen zum Einsatz, die geringfügig modifiziert und mit Sprengkörpern ausgerüstet werden. Die Drohnenpiloten sitzen in geringer Entfernung zum Kampfgebiet in Gebäuden versteckt, haben eine FPV-Brille über den Augen und steuern die Drohne mit einem kleinen Controller.
Und so kommt es, dass wir immer häufiger solche Drohnenpiloten in unsere Liste der Getöteten aufnehmen. Meist sind es junge Soldaten, die in Computerspielen Reaktionsschnelligkeit erlernt haben.
Damir Ischkinejew war so ein junger Drohnenpilot. Damir, geboren am 15. Januar 1999, kam aus der Stadt Nurlat in Tatarstan. Nach der Schule erlernte er einen Beruf in der Fachrichtung "Landwirtschaftliche Mechanisierung". Doch im November 2023 zog er als Freiwilliger in den Krieg, steuerte dort Drohnen und wurde am 25. Dezember 24 getötet.
Ein Foto von Damir haben wir nicht, aber ein Foto seiner Beisetzung.
Am 15. November 2024 wurde Derrick Ngamana, ein Bürger der Zentralafrikanischen Republik, bei den Kämpfen um das Dorf Novoivanovka im Bezirk Sudzhansky der Region Kursk getötet.
Der Todesanzeige zufolge kämpfte der 32-jährige Söldner in der Angriffskompanie einer Marine Brigade der Pazifikflotte im Dienstgrad eines Matrosen.
Ngamana diente zuvor bei den zentralafrikanischen Streitkräften im Rang eines Unteroffiziers. Im Jahr 2023 wandte sich Ngamana an einen Freund der Familie und Teilzeitdiplomaten der Zentralafrikanischen Republik in Moskau, mit der Bitte um Hilfe bei der Einschreibung an einer russischen Universität, doch dann fehlten ihm die Mittel, um nach Russland zu reisen. Das gab Whangapou selbst auf Facebook bekannt .
Ngamanas jüngerer Bruder behauptet, er habe einen Vertrag mit der russischen Armee unterzeichnet und sei im September 2024 zum Kampf in die Ukraine gegangen. Laut seinem Bruder sagte Ngamana ihm, dass er auf diese Weise hoffte, „seine Kinder großzuziehen“ und ihnen „eine bessere Zukunft zu ermöglichen“.(Quelle)
Gestern haben wir hier über Stanislaw Tymrik berichtet, der aus dem aussterbenden Dorf mit dem Namen "Schnee" in einer abgelegenen Region von Tschukotka stammte. Nur 15 km davon entfernt (für die dortigen Verhältnisse wenig) liegt das größere Dorf Ust-Belaja mit etwa 600 Bewohnern. Aus diesem Dorf kam der sehr junge Waleri Beljajew, geboren am 24.10.2002.
Waleri meldete sich im September 24 freiwillig zum Kriegstdienst beim russischen Militär, bereits am 12. Dezember war er tot. Wir haben den Originalbeitrag aus Tschukotka hier veröffentlicht.
Waleri ist bereits der dritte junge Mann aus dem Dorf, der im Krieg gegen die Ukraine getötet wurde. (Ruslan, Alexej)
Kubinka ist eine kleine Stadt etwa 60 km westlich von Moskau. Die örtliche Schule soll nach einem gefallenen Teilnehmer des Krieges gegen die Ukraine umbenannt werden. Pawel Tichonow ging dort zur Schule, hatte eine Frau und vier Kinder und viel mehr wissen wir nicht. Dafür wissen wir etwas über seinen militärischen Lebensweg.
Im Jahr 2014 reise Pawel in den ukrainischen Donbass, um als Separatist verkleidet, Moskaus erste Invasion der Ukraine zu unterstützen. Als dann 2022 der zweite russische Einmarsch erfolgte, unterschrieb Pawel erneut einen Vertrag und ging zurück ins Kriegsgebiet. Eine schwere Verwundung hielt ihn nicht auf, er lernte danach russische Drohnen zu steuern. Anfang 2024 beendete eine HIMARS-Rakete sein Kriegsabenteuer.
Maxim Michailowitsch Kusnetsow, geboren am 24. Juni 1985, kam aus dem Dorf Gorchon in Burjatien. Nach der Schule absolvierte er eine Sekundärausbildung an der Technischen Hochschule Baikal mit den Schwerpunkten Recht und Organisation der sozialen Sicherheit. Danach musste er seinen Wehrdienst ableisten und erhielt nach dessen Ende eine Stelle als Gerichtsvollzieher in Baschkortostan.
Privat trainierte Maxim als Boxer und als "Martial Arts"-Kämpfer und bekam 2015 in diesen Sportarten den Titel eines Meisters. Im Jahr 2023 gab er seine Stelle in Baschkortostan auf und wurde Gerichtsvollzieher im von Russland besetzten Teil der Oblast Saporoschja.
Und weil er schon mal nahe am Krieg war, schloss Maxim am 1. September 2024 einen Vertrag zum Kriegsdienst mit dem russischen Militär ab. Für einen Gerichtsvollzieher mag seine "Martial Arts"-Ausbildung von Vorteil sein, im Krieg der Drohnen und Artilleriegefechte ist sie eher zweitrangig. Bereits am 24. Oktober 24 lief Maxims Vertrag aus. Er wurde am 14. Januar 25 in seiner Heimat bestattet.
Schon wieder sind wir in Baschkortostan, diesmal in einer Region nördlich der Hauptstadt Ufa. Im Bezirk Mischkinski befindet sich das Dorf Staroarzamatowo mit etwas über 500 Einwohnern. Die Bewohner des Dorfes sind fast alle ethnische Mari. Benz Leonidowitsch Parsajew, wurde am 24.12.2002 im Dorf geboren und ist dort aufgewachsen. In der Berufsschule machte er eine Ausbildung zum Schweißer. Danach arbeitete er ohne feste Anstellung.
Auch ihn lockte das viele Geld zum Kriegsdienst, am 15. November 24 schloss er einen Vertrag mit dem Militär. Er hätte als einfacher Schütze in einer Sturmtruppe gedient. Aber bereits im Dezember war Benz tot - das genaue Datum wird überall verschwiegen.
Er hätte "mit Ehre und Würde beschlossen, die edle Arbeit seiner Vorfahren fortzusetzen", schreibt die Bezirksverwaltung am 7.1.25 im Nachruf.
Heute haben wir den ersten Eskimo in unsere Datenbank eingetragen. Kirill Agha stammte aus Neu Tschaplino, das auf der russischen Seite des Beeringmeers liegt.
Wir haben den Originalbeitragder Presseagentur von Tschukotka hier veröffentlicht.
Zur Situation der verschiedenen Ethnien im Nordosten Russlands empfehlen wir den Beitrag "Das Volk der Kerek existiert nicht mehr".