14.02.2025 -- 99.565 // Zuwachs zum 31.01.2025: 2.636
Panorama von Bor -- Foto: Алексей Буслаев -- Lizenz: frei
Mit dem chemischen Element "Bor" hat der Name der Stadt Bor nichts zu tun. Im Altslawischen bedeutete der Begriff Nadelwald und weist darauf hin, dass die Gegend um Bor besonders waldreich ist.
Die Stadt Bor hat 77.300 Einwohner, der gesamte Stadtbezirk 118.000 Bewohner. Bor liegt am linken Ufer der Wolga, auf der anderen Seite liegt die Hauptstadt der Oblast Nischni Nowgorod. Die beiden Städte sind durch zwei Brücken verbunden, es gibt aber auch eine Seilbahn und Tragflügelboote zwischen den beiden Städten.
Die Stadtbibliothek von Bor hat eine Liste aller im Krieg gegen die Ukraine getöteten Soldaten aus dem Stadtbezirk veröffentlicht. Insgesamt 78 Namen wurden benannt, wir konnten drei neue Gefallene zu unserer Datenbank hinzufügen.
Der Text und die Bemerkungen zu den einzelnen toten Soldaten geben das Denken der russischen Staatsdiener zu diesem Krieg deutlich wieder. Wir dokumentieren deshalb die Liste mit den Beschreibungen zu den getöteten Soldaten ungekürzt und nur sehr grob übersetzt.
Wenn man unser Schaubild zu den aktuellen russischen Kriegstoten etwas extrapoliert, dann kann jedermann erkennen, dass bis zu Beginn des vierten russischen Kriegsjahres, die von uns erfassten Kriegstoten die 100.000 Marke überschreiten werden.
Das wird auch dann passieren, wenn bis dahin die Waffen schweigen würden. Noch immer liegen viel zu viele getötete Soldaten zwischen den Fronten.
Um die russischen Opferzahlen plakativer darzustellen, wollen wir sie in diesem Beitrag in Relation zu zwei deutschen Großstädten stellen. Die Stadt Frankfurt ist die fünftgrößte Stadt in Deutschland, die Hansestadt Hamburg belegt nach Berlin den zweiten Platz.
Die Bevölkerung Russlands stagniert seit vielen Jahren und liegt bei etwa 146 Millionen Menschen. Das sind sieben Millionen weniger, als die Bevölkerung von Frankreich und Deutschland zusammengerechnet.
Weiterlesen: Russische Opferzahlen im Vergleich mit Frankfurt und Hamburg
Die genaue Auswertung unserer Zahlen zum Ende des Jahres 2024 wird noch etwa sieben bis zehn Tage dauern. Noch überprüfen wir die vorliegenden Links, recherchieren Alter und Regionen von etwa 1.500 offenen Fällen.
An der absoluten Zahl der ermittelten Todesfälle russischer Soldaten wird sich nach unseren Erfahrungen wenig ändern. Wir können deshalb einige Informationen bereits jetzt veröffentlichen.
Das Schaubild links zeigt die Entwicklung der russischen Kriegstoten seit dem 31.12.2022. Die Kurve entwickelt sich ständig steiler, die Anzahl der täglich getöteten russischen Soldaten wächst andauernd.
Am 9. Dezember 2024 wurde in Russland landesweit der "Tag der Helden des Vaterlandes" durchgeführt. Wir befinden uns an diesem Tag im Südwesten Sibriens in der Oblast Kurgan - Luftlinie etwa 1.800 km von Moskau entfernt. Auch diese Region ist durch Abwanderung gekennzeichnet, in den Jahren um 1990 lebten noch 1,1 Millionen Menschen in der Oblast, heute nur noch 750.000.
Das Dorf Prorywnoe liegt nahe der Grenze zu Kasachstan, etwa 1.000 Menschen leben im Dorf und die örtliche Schule begeht mit all ihren Klassen am 9.12. beispielhaft den "Heldentag".
Auf der Webseite der Schule wird dokumentiert, welches Geschichtsbewusstsein den Schülern an diesem Tag vermittelt wurde und wie Russlands Krieg gegen die Ukraine als Verteidigung zu betrachten ist. Zudem hat das Dorf inzwischen drei Kriegstote zu beklagen.
Der übersetzte Text zu dem obigen Foto:
Jeder Mann, der im Rekrutierungsbüro gerade stehen kann, hat gute Chancen in die Reihen der Freiwilligen für den Kriegsdienst in der Ukraine aufgenommen zu werden - beinahe egal, wie alt der Bewerber ist. Der russischen Armee mangelt es an Personal, um die mindestens 30.000 Soldaten zu ersetzen, die das Militär in den verlustreichen Kämpfen im Donbass und in der Region Kursk jeden Monat verschleißt.
Wir wollen mit zwei kurzen Videos aus Russland die Ausbildung jener Freiwilligen zeigen, die eigentlich als Soldaten völlig ungeeignet erscheinen. Es sind verbrauchte Männer, durch harte Arbeit und/oder durch Alkoholmißbrauch früh gealtert, die auf ihre alten Tage noch einmal richtig viel Geld verdienen wollen.
All diese "Soldaten" werden an der Front nicht lange überleben. Es sind die, die bei den Angriffen ganz nach vorne geschickt werden, um vielleicht wieder eine Stellung zu erobern. Für das russische Militär sind das entbehrliche Soldaten, deren schnellen Tod man in Kauf nimmt.
Wenn es um Abschätzungen und Prognosen zum russischen Krieg gegen die Ukraine geht, bewegen wir uns -vorsichtig- auf dünnem Eis. Besonders im ersten Jahr des Krieges wurden wir mit unseren Zahlen zu den russischen Kriegstoten nicht ernst genommen. Viel zu niedrig war die häufigste Kritik.
Das hat sich inzwischen geändert, durch die hohen russischen Opferzahlen bedarf es keiner propagandistischen Überhöhung der russischen Verluste und auch die Erhebungen von BBC/Mediazone haben sich in weiten Teilen unseren Zahlen angenähert.
Über die verletzten russischen Soldaten haben wir überhaupt keine Daten. Wir multiplizieren einfach die Kriegstoten mit dem Faktor 3,5, entsprechend den Beobachtungen des US Center for Naval Analysis, dass auf jeden getöteten russischen Soldaten, im Durchschnitt etwa dreieinhalb Verwundete kommen. In unserer letzten Berechnung haben wir auf dieser Grundlage 510.000 Verletzte angegeben.
Der Bürgermeister der Stadt Moskau, Sergei Semjonowitsch Sobjanin (Foto), hat anlässlich der Einweihung eines Behandlungszentrums für Kriegsversehrte eine Rede gehalten und die Zahl von 600.000 Kriegsverletzten genannt.
Seine Rede mit einer Übersetzung ins Deutsche:
Bahnhof von Schumerlja -- Foto: Elo4kam bei ru.wikipedia -- Lizenz: Public Domain
Die Stadt Schumerlja befindet sich etwa 600 km östlich von Moskau in der russischen Teilrepublik Tschuwaschien. Der Bahnhof oben im Bild ist für die Stadt von besonderer Bedeutung, denn ihre Gründung erfolgte als Arbeitersiedlung beim Bau der Strecke Moskau-Kasan im Jahr 1916.
Die Tschuwaschen sind eine turksprachige Ethnie in Osteuropa, sie stellen in Tschuwaschien etwa zwei Drittel der Bevölkerung und sind überwiegend christlich-orthodoxen Glaubens.
Aber zurück zur Stadt Schumerlja:
Rusa - Straße der Partisanen -- Foto: NVO -- Lizenz: CC BY-SA 3.0
Die Stadt Rusa liegt etwa 110 km westlich von Moskau in der Oblast Moskau. Rusa hat knapp 15.000 Bewohner und ist ob seiner malerischen Umgebung ein beliebtes Ausflugs- und Erholungsziel der Menschen aus den nahen Großstädten. Die Stadt ist über zwei Buslinien mit Moskau verbunden.
Rusa ist gleichzeitig auch das Verwaltungszentrum des Bezirks Rusa. Der kommt auf etwa 80.000 Bewohner, die größte Stadt des Bezirks ist Tutschkowo mit 23.000 Einwohnern und dem Zugbahnhof des Bezirks.
Im russischen sozialen Netzwerk VKontakte wurde Ende November ein Beitrag veröffentlicht, der die Opferzahlen des Bezirks im Krieg gegen die Ukraine zusammenstellte. Danach befänden sich 450 Soldaten aus dem Bezirk im Kriegsgebiet, 61 Soldaten sind inzwischen dort gefallen. Wir konnten auf Grund des Berichts 27 neue Namen in unsere Datenbank aufnehmen.
Der übersetzte Beitrag vom 29.11.2024:
Weiterlesen: Rusa - Wir haben kein Recht zu vergessen, dass ein Krieg stattfindet
Die Stadt Baimak liegt an der Ostflanke des Südlichen Ural in der russischen Teilrepublik Baschkortostan. Die Stadt hat knapp 18.000 Einwohner, der gesamte Bezirk kommt auf etwa 55.000 Bewohner, davon sind etwa 88% Baschkiren.
Die Stadt liegt ziemlich abgelegen in Baschkortostan und hat keinen Eisenbahnanschluss. Die Hauptstadt Ufa befindet sich 490 km weiter nördlich. Und trotzdem kam es Anfang 2024 zu den größten Protestkundgebungen seit Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine an denen sich fünf- bis zehntausend Menschen beteiligten.
Ein Gericht hatte den baschkirischen Umweltaktivisten Fail Alsynow zu vier Jahren Gefängnis verurteilt, deshalb protestierten im Januar 2024 in Baimak die Demonstranten für seine Freilassung und es kam zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der Polizei.
Als Reaktion auf die russische Invasion in der Ukraine im Jahr 2022 äußerte Alsynow scharfe Kritik an der Mobilisierung in Russland und betonte, dass diese dem baschkirischen Volk möglicherweise schaden könnte. Im Dezember 2022 bezeichnete Alsynow im russischen sozialen Netzwerk VKontakte die „teilweise“ militärische Mobilisierung des Kremls als „Völkermord an den baschkirischen Völkern“.
Baschkortostan hat im Augenblick mit Abstand die höchsten Opferzahlen aller russischen Regionen, das kann man mit Sicherheit sagen. In der Folge wollen wir aufzeigen, was das für den Bezirk Baimak bedeutet.
Es ist der 9. Dezember 2024 und wir befinden uns in den südlicheren Regionen Russlands. Der Kindergarten Nr. 8 „Aljonuschka“ aus dem Dorf Wolotschajewski in der Region Rostow am Don feiert den Tag der "Helden des Vaterlandes" und gedenkt der Toten im Krieg gegen die Ukraine.
Dorf Iljinka im Bezirk Kasanski -- Foto: Горный спец -- Lizenz: CC BY-SA 4.0
Ganz im Süden der sibirischen Region Tjumen an der Grenze zu Kasachstan liegt der Bezirk Kasanski. Im Jahr 1913 lebten dort noch 43.000 Menschen, heute ist die Bevölkerung auf 20.000 geschrumpft - Tendenz weiter fallend. Die Gegend ist ziemlich abgelegen - die Hauptstadt Tjumen ist 370 km entfernt und der nächste Bahnhof 60 km.
Das Dorf Kasanskoje mit 5.500 Einwohnern ist das Verwaltungszentrum des Bezirks. Dort gibt es ein Heimatmuseum, das ein Video mit den Namen der getöteten Soldaten zusammengestellt hat. Insgesamt werden 39 Namen aus dem Bezirk gelistet, 15 davon konnten wir in unsere Listen neu aufnehmen.
Das Video allerdings zeigt beispielhaft, mit welchem Pathos die Verluste im Krieg gegen die Ukraine den Bürgern vermittelt werden. Die Kriegstoten werden in Zusammenhang mit den russischen Toten des zweiten Weltkriegs gebracht, Wladimir Putin wabert durch das Bild, alles um zu vermitteln, dass Russland das Opfer dieses Krieges ist und sich nur verteidige.
Wir hatten gestern über den jungen Wehrdienstleistenden Nikita Konstantinowitsch Molotschkowski berichtet, der auf Grund einer gefälschten Unterschrift unter einen Militärvertrag an die Front geschickt und dort im August getötet wurde. Seine Klage gegen das russische Militär wurde Anfang Dezember abgewiesen, einen Tag danach erhielt seine Familie ein Gutachten eines forensischen Instituts, das die Fälschung bestätigte.
Aus dem selben Ort, der Stadt Ocha auf der Insel Sachalin, kam ein zweiter Wehrdienstleistender mit dem selben Schicksal. Viktor Baturin wurde bei Angriffen am Bein und am Arm verletzt und wäre zumindest am Leben - haben wir geschrieben. Aber das System der Unmenschlichkeit im russischen Militär hat sich erneut gezeigt - auch Viktor Baturin ist jetzt tot. Verletzt und wahrscheinlich unbewaffnet musste er an einem neuen Angriff teilnehmen.
Nachdem die Aufmerksamkeit zu unseren Veröffentlichungen wächst, eine kurze Information zu OskarMaria.
Unter diesem Pseudonym war der Initiator im Internet seit über 25 Jahren recht unregelmäßig präsent. Ab dem Jahr 2014 hat er hier über die Situation in den von Russland besetzten Gebieten des Donbass geschrieben. Als einer der ersten Journalisten überhaupt informierte er über die damals neu gegründete Gruppe Wagner.
Beruflich war er seit den 80-iger Jahren Geschäftsführer von diversen Medienunternehmen im Printbereich. Jetzt im Ruhestand, Kinder erwachsen, bleibt etwas mehr Zeit, die gesammelten Erfahrungen zusammen mit wenigen Mitstreitern für dieses Projekt zu nutzen.
Nachtrag: OskarMaria– das ist eine kleine Verbeugung vor dem beinahe vergessenen Schriftsteller Oskar Maria Graf. In Zeiten der Bücherverbrennungen wurden seine Werke von den Nazis verschont, ja sogar teilweise empfohlen. „Verbrennt mich!“ schrieb er 1933 in der Wiener Arbeiterzeitung, „nach meinem ganzen Leben und nach meinem ganzen Schreiben habe ich das Recht, zu verlangen, dass meine Bücher der reinen Flamme des Scheiterhaufens überantwortet werden und nicht in die blutigen Hände und die verdorbenen Hirne der braunen Mordbanden gelangen!“ Schließlich floh er in die USA – dort lebte er in bescheidenen Verhältnissen. Deutschland wollte den unbequemen Mann nach dem Krieg nicht wieder haben. Er starb 1967 in New York.
Literaturempfehlung: Wir sind Gefangene - Autobiograhie 1927.
Beruflich erfolgreich war Wjatscheslaw Alexandrowitsch Borchoschkin nicht. Wjatscheslaw wurde am 19. März 1987 im burjatischen Dorf Jelanzy in der Region Irkutsk geboren. Nach der Schule besuchte er eine Flugschule in Irkutsk, aber mit dem Fliegen hat es nicht geklappt, er verdiente als Bauarbeiter in Ulan-Ude sein Geld.
Zurück in seinem Heimatdorf arbeitete er in einem Asphaltbetonwerk, in den Touristenzentren der Region oder war arbeitslos. Das örtliche Arbeitsamt verdonnerte ihn zu einer Ausbildung als Tischler. Das schnelle Geld wollte Wjatscheslaw dann im Krieg gegen die Ukraine verdienen. Am 17. Dezember 2024 unterschrieb er einen Militärvertrag und im Januar 25 war er schon tot. Das genaue Todesdatum wird verschwiegen. Am 6. Februar 25 wurde Wjatscheslaw in seinem Heimatdorf begraben.
Tawda ist die östlichste Stadt der Oblast Swerdlowsk, sie liegt im asiatisch Teil der Region und ist von der Hauptstadt Jekaterinburg 360 km entfernt. Die Geschichte der Stadt ist untrennbar mit dem stalinistischen Gulag-System verbunden. Um das Jahr 1930 wurden 11.000 Enteignete aus Kuban, der Ukraine und Belarus gewaltsam in das Dorf verbracht, deren Anzahl die Bewohner der Siedlung um das Dreifache überstieg. Es folgten weitere Deportierte - Deutsche, Kalmücken, Usbeken, Bulgaren, Griechen und Chinesen.
Bei Tawdas städtischen Wohnungs- und Kommunaldienst arbeitete der 49 jährige Marat Ravilewitsch Achmadulin als Planierraupenfahrer. Für langjährige gewissenhafte Arbeit im Bereich Wohnungs- und Kommunaldienstleistungen und hohe Professionalität wurde Marat im März 2024 ausgezeichnet.
Warum Marat kurze Zeit später seine Arbeit aufgab und in den Krieg zog, ist nirgendwo überliefert. Er hatte sich der "Wilden Division des Donbass" angeschlossen, eine militärische Einheit von ehemalilgen Söldnern, die vorher für private Gruppierungen am Krieg teilgenommen hatten.
Aber Marat konnte wenig zum Krieg beitragen, er ging bei der Erstürmung der ukrainischen Stadt Makijiwka am 11. Mai 24 verloren. Erst am 4. Februar 25 wurde er in Tawda bestattet.
In der Stadt Suchoi Log im asiatischen Teil der Region Swerlowsk lebte Juri Wiktorowitsch Borowitsch. Juri wurde am 6. April 1980 geboren und hatte den Beruf eines Traktor- und Mähdrescherfahrers erlernt. Sein Sohn wurde im Herbst 2022 mobilisiert und im August 2024 an der Front in der Ukraine schwer verwundet.
Das Schicksal seines Sohnes nahm Juri persönlich, er meldete sich als Freiwilliger zum Kriegsdienst in der Ukraine und erklärte: "Für alle Toten und Verletzten".
Lange dauerte sein Kriegseinsatz nicht. Am 10. September informierte er seine Familie, dass ihre Einheit Nowogrodowka stürmen würde. Das war Juris letzter Kampf. Am 31. Januar 25 wurde er bestattet.
Anatoli Alexandrowitsch Wlassow, geboren am 4. Oktober 2006, kam aus dem ukrainischen Luhansk, das seit Frühjahr 2014 von Russland besetzt ist. Vater und Mutter hatten wohl eine prorussische Einstellung, den Vater sieht man auf Fotos in Militäruniform, die Mutter mit einem "Z", dem Symbol des russischen Angriffskrieges, auf ihrem T-Shirt. Und Anatoli findet man auf einem Foto mit 10-11 Jahren in militärischer Kleidung bei einem Übungsschießen.
Anatoli wurde am 4. Oktober 24 achtzehn Jahre alt, bereits am 21. November 24 schloss er einen Vertrag mit dem russischen Militär und zog in den Krieg.
Auf seiner VKontakte-Seite findet man zahlreiche Fotos, auf denen er allein und mit Kameraden posiert.
Auch Anatolis Leben fand ein schnelles Ende. Seinen genauen Todestag kennen wir nicht, aber seine Beisetzung fand am 7. Februar 2025 statt.
Andrej Iwanowitsch Tortumaschew, geboren am 02. Februar 1968, kam aus der Stadt Taschtagol in der Region Kemerowo. Die Existenz der Stadt mit 22.000 Einwohnern hängt an einem Unternehmen: der Eisenerzmine Taschtagol. Andrej ist als Freiwilliger in den Krieg gezogen und wurde am 29. März 24 als vermisst gemeldet. Seine Angehörigen suchten nach ihm mit folgenden Details:
Andrej Iwanowitsch Tortumaschew, geb. am 02.02.1968 aus Mittel-Tscheley, Taschtagol. Militäreinheit 21005 74. separate motorisierte Schützenbrigade, Jurga seit 29.03.2023 als vermisst gemeldet.
Unter der rechten Brust befindet sich eine Narbe von einer Lungenoperation, zwei Segmente der rechten Lunge wurden entfernt, links eine gebrochene Nase, links eine Narbe über der Oberlippe.
Alexandra Konstantinowna Lobanowskaja wäre die erste Frau aus der Region Iwanowo gewesen, die im Krieg gegen die Ukraine getötet wurde.
Alexandra wurde im Jahr 1990 geboren und kam aus der Stadt Kineschma. Sie hatte sich in einer anderen Region für den Einsatz im Krieg als Sanitäterin beworben, vermutlich weil dort höhere Antrittsprämien gezahlt werden. Alexandra wurde im Januar 2025 getötet.(Link)
Die Stadt Sudak liegt an der Ostküste der Krim und ist das Zentrum der Wein- und Sektherstellung auf der Halbinsel. Aus Sudak kam Elena Jurjewna Kim, geboren am 19. Oktober 1972. Sie machte ihren Abschluss an der Schule Nr. 2 in Sudak und studierte anschließend an der medizinischen Hochschule in Simferopol.
Mit Beginn des Krieges bewarb sich Elena beim russischen Militär als Sanitäterin. Am 23. Mai 23 schließlich konnte sie einen Vertrag abschließen und wurde Teil einer Angriffseinheit. Am 12. Januar 2025 wurde sie getötet. Sie hinterließ zwei Söhne und eine Tochter. (Link)
Zu den entbehrlichen Soldaten in der russischen Armee gehören auch die Waisen, wir haben das schon viel zu häufig dokumentiert. Auch sie werden auf die gefährlichsten Angriffe geschickt und sterben schnell an der Front. Ein aktuelles Beispiel aus Baschkortostan:
Wladislaw Arturowitsch Saliew wurde am 27. Oktober 2003 in Ufa, der Hauptstadt Baschkortostans, geboren. Mit zehn Jahren kam er in ein Waisenhaus, das später geschlossen wurde. Wladislaw wurde in ein 100 km entferntes Waisenhaus in der Stadt Birsk abgeschoben. Nach der 9. Klasse im Jahr 2020 absolvierte er eine Ausbildung zum Automechaniker. In seinem Beruf fand er keine feste Anstellung und verdiente sein Geld als Gelegenheitsarbeiter.
Wladislaw hatte keinen Wehrdienst geleistet, trotzdem schloss er im September 2024 einen Vertrag mit dem russischen Militär und im Oktober war er bereits tot.
Am 22. Januar 25 wurde er in Ufa begraben.
Russlands Krieg gegen die Ukraine begann im Jahr 2014 mit dem Einmarsch in den Donbass. Eine Tatsache, die Russland bis heute leugnet. Per Zufall sind wir heute über eine Nachricht aus Perm gestoßen, veröffentlicht am 3. September 2014. Der übersetzte Orginaltext von PermNews.ru in Auszügen:
In der Ukraine ist ein Vertragssoldat aus der Region Perm gestorben
Ein 20-jähriger Bewohner des Dorfes Kuwa im Bezirk Kudymkarsky im Perm-Territorium, Wassili Karawajew, der im Rahmen eines Vertrags in den Panzertruppen der russischen Streitkräfte diente, starb in Donezk.
Den Tod des Soldaten aus der Kama-Region berichtet PermNews unter Berufung auf die Schwester des Verstorbenen.
Nach Angaben der Frau wurde sie am 31. August vom Militärkommissar und dem Leiter der ländlichen Siedlung Beloevsky persönlich über den Tod ihres Bruders informiert. Sie sagten, dass ihr Bruder Wassili Karawajew am 21. August schwer verletzt und ins Krankenhaus in Rostow am Don eingeliefert wurde, es jedoch nicht möglich war, das Leben des Verwundeten zu retten, und er am 26. August starb. Der Veröffentlichung zufolge sollte die Leiche des Verstorbenen am 3. September nach Hause gebracht werden.
Die Schwester des Verstorbenen sagte auch, dass Wassili im Mai 2014 seinen Militärdienst in der russischen Armee abgeschlossen habe und sich im Juli entschieden habe, im Rahmen eines Vertrags zum Militärdienst zu gehen. Kurz bevor der junge Mann verwundet wurde, teilte er seinen Angehörigen mit, dass seine Einheit an die Grenze zur Ukraine in der Region Rostow gebracht worden sei....
Knapp 5.000 Menschen wohnen im Dorf Bogoslowka in der Region Pensa und die meisten davon gehören der russisch-orthodoxen Kirche an. Der Priester der Gemeinde, Pater Paul, bürgerlich Pawel Anatoljewitsch Batschurin, hatte seine Ausbildung am am Theologischen Seminar Pensa erhalten und war seit 2002 predigender Teil der Orthodoxie.
Doch mit 54 Jahren zog es Pater Paul zu höheren Aufgaben - er meldete sich als Freiwilliger zum Krieg gegen die Ukraine.
Wir haben bisher schon über einige Priester berichtet, die an der Front gefallen sind, aber alle waren mit der geistlichen Betreuung der Frontsoldaten beauftragt. Pater Paul zog es zur kämpfenden Truppe. Details über seinen Kriegseinsatz wissen wir nicht, aber Pawel wurde am 24. Januar 25 in seinem Heimatdorf beigesetzt.
Er wäre ein mitfühlender, freundlicher, verantwortungsbewusster und aufrichtiger Mensch gewesen, heißt es in seinem Nachruf - kaum zu glauben.
Russlands Krieg gegen die Ukraine wird von beiden Seiten auch mit Drohnen geführt. Häufig kommen handelsübliche Kleindrohnen zum Einsatz, die geringfügig modifiziert und mit Sprengkörpern ausgerüstet werden. Die Drohnenpiloten sitzen in geringer Entfernung zum Kampfgebiet in Gebäuden versteckt, haben eine FPV-Brille über den Augen und steuern die Drohne mit einem kleinen Controller.
Und so kommt es, dass wir immer häufiger solche Drohnenpiloten in unsere Liste der Getöteten aufnehmen. Meist sind es junge Soldaten, die in Computerspielen Reaktionsschnelligkeit erlernt haben.
Damir Ischkinejew war so ein junger Drohnenpilot. Damir, geboren am 15. Januar 1999, kam aus der Stadt Nurlat in Tatarstan. Nach der Schule erlernte er einen Beruf in der Fachrichtung "Landwirtschaftliche Mechanisierung". Doch im November 2023 zog er als Freiwilliger in den Krieg, steuerte dort Drohnen und wurde am 25. Dezember 24 getötet.
Ein Foto von Damir haben wir nicht, aber ein Foto seiner Beisetzung.
Am 15. November 2024 wurde Derrick Ngamana, ein Bürger der Zentralafrikanischen Republik, bei den Kämpfen um das Dorf Novoivanovka im Bezirk Sudzhansky der Region Kursk getötet.
Der Todesanzeige zufolge kämpfte der 32-jährige Söldner in der Angriffskompanie einer Marine Brigade der Pazifikflotte im Dienstgrad eines Matrosen.
Ngamana diente zuvor bei den zentralafrikanischen Streitkräften im Rang eines Unteroffiziers. Im Jahr 2023 wandte sich Ngamana an einen Freund der Familie und Teilzeitdiplomaten der Zentralafrikanischen Republik in Moskau, mit der Bitte um Hilfe bei der Einschreibung an einer russischen Universität, doch dann fehlten ihm die Mittel, um nach Russland zu reisen. Das gab Whangapou selbst auf Facebook bekannt .
Ngamanas jüngerer Bruder behauptet, er habe einen Vertrag mit der russischen Armee unterzeichnet und sei im September 2024 zum Kampf in die Ukraine gegangen. Laut seinem Bruder sagte Ngamana ihm, dass er auf diese Weise hoffte, „seine Kinder großzuziehen“ und ihnen „eine bessere Zukunft zu ermöglichen“.(Quelle)
Gestern haben wir hier über Stanislaw Tymrik berichtet, der aus dem aussterbenden Dorf mit dem Namen "Schnee" in einer abgelegenen Region von Tschukotka stammte. Nur 15 km davon entfernt (für die dortigen Verhältnisse wenig) liegt das größere Dorf Ust-Belaja mit etwa 600 Bewohnern. Aus diesem Dorf kam der sehr junge Waleri Beljajew, geboren am 24.10.2002.
Waleri meldete sich im September 24 freiwillig zum Kriegstdienst beim russischen Militär, bereits am 12. Dezember war er tot. Wir haben den Originalbeitrag aus Tschukotka hier veröffentlicht.
Waleri ist bereits der dritte junge Mann aus dem Dorf, der im Krieg gegen die Ukraine getötet wurde. (Ruslan, Alexej)
Kubinka ist eine kleine Stadt etwa 60 km westlich von Moskau. Die örtliche Schule soll nach einem gefallenen Teilnehmer des Krieges gegen die Ukraine umbenannt werden. Pawel Tichonow ging dort zur Schule, hatte eine Frau und vier Kinder und viel mehr wissen wir nicht. Dafür wissen wir etwas über seinen militärischen Lebensweg.
Im Jahr 2014 reise Pawel in den ukrainischen Donbass, um als Separatist verkleidet, Moskaus erste Invasion der Ukraine zu unterstützen. Als dann 2022 der zweite russische Einmarsch erfolgte, unterschrieb Pawel erneut einen Vertrag und ging zurück ins Kriegsgebiet. Eine schwere Verwundung hielt ihn nicht auf, er lernte danach russische Drohnen zu steuern. Anfang 2024 beendete eine HIMARS-Rakete sein Kriegsabenteuer.
Maxim Michailowitsch Kusnetsow, geboren am 24. Juni 1985, kam aus dem Dorf Gorchon in Burjatien. Nach der Schule absolvierte er eine Sekundärausbildung an der Technischen Hochschule Baikal mit den Schwerpunkten Recht und Organisation der sozialen Sicherheit. Danach musste er seinen Wehrdienst ableisten und erhielt nach dessen Ende eine Stelle als Gerichtsvollzieher in Baschkortostan.
Privat trainierte Maxim als Boxer und als "Martial Arts"-Kämpfer und bekam 2015 in diesen Sportarten den Titel eines Meisters. Im Jahr 2023 gab er seine Stelle in Baschkortostan auf und wurde Gerichtsvollzieher im von Russland besetzten Teil der Oblast Saporoschja.
Und weil er schon mal nahe am Krieg war, schloss Maxim am 1. September 2024 einen Vertrag zum Kriegsdienst mit dem russischen Militär ab. Für einen Gerichtsvollzieher mag seine "Martial Arts"-Ausbildung von Vorteil sein, im Krieg der Drohnen und Artilleriegefechte ist sie eher zweitrangig. Bereits am 24. Oktober 24 lief Maxims Vertrag aus. Er wurde am 14. Januar 25 in seiner Heimat bestattet.
Schon wieder sind wir in Baschkortostan, diesmal in einer Region nördlich der Hauptstadt Ufa. Im Bezirk Mischkinski befindet sich das Dorf Staroarzamatowo mit etwas über 500 Einwohnern. Die Bewohner des Dorfes sind fast alle ethnische Mari. Benz Leonidowitsch Parsajew, wurde am 24.12.2002 im Dorf geboren und ist dort aufgewachsen. In der Berufsschule machte er eine Ausbildung zum Schweißer. Danach arbeitete er ohne feste Anstellung.
Auch ihn lockte das viele Geld zum Kriegsdienst, am 15. November 24 schloss er einen Vertrag mit dem Militär. Er hätte als einfacher Schütze in einer Sturmtruppe gedient. Aber bereits im Dezember war Benz tot - das genaue Datum wird überall verschwiegen.
Er hätte "mit Ehre und Würde beschlossen, die edle Arbeit seiner Vorfahren fortzusetzen", schreibt die Bezirksverwaltung am 7.1.25 im Nachruf.
Heute haben wir den ersten Eskimo in unsere Datenbank eingetragen. Kirill Agha stammte aus Neu Tschaplino, das auf der russischen Seite des Beeringmeers liegt.
Wir haben den Originalbeitragder Presseagentur von Tschukotka hier veröffentlicht.
Zur Situation der verschiedenen Ethnien im Nordosten Russlands empfehlen wir den Beitrag "Das Volk der Kerek existiert nicht mehr".