31.08.2024 -- 68.100 // Zuwachs zum 31.07.24: 4.246
Heute sind wir im Dorf Kanaewka in der russischen Oblast Pensa. Die Oblast liegt im Zentrum des europäischen Teil Russlands, das Dorf Kanaewka liegt im Osten der Provinz und hat weniger als 1.800 Bewohner (2010) mit fallender Tendenz. Und selbst in dieser abgelegenen Region spielt der russische Krieg gegen die Ukraine eine bedeutende Rolle im Alltag des Dorfes.
Auf dem Foto sieht man den Trauerzug des gefallenen Soldaten Juri Wiktorowitsch Alexandrow. Der 58-jährige Mann wurde in der Hauptstadt Pensa geboren und arbeitete dort als Traktorfahrer. Im Jahr 2021 war er ins Dorf gezogen und hatte sich im Juni 2024 zum Kriegsdienst verpflichtet. Bereits am 27. Juli war er tot, am 12. August 24 wurde er begraben.
Aber gehen wir in der Chronik des Dorfes bis Ende Juli 2024 zurück, alle veröffentlichten Fotos können stark vergrößert werden:
Bilibino in Tschukotka -- Foto: Doctor Digger Shrew -- Lizenz: CC BY 3.0
In der Tundra-Landschaft ganz im Norden des Autonomen Kreises der Tschukschen liegt die Stadt Bilibino. Es ist kalt dort, es herrscht arktisches Klima, die jährliche Durchschnittstemperatur beträgt etwa minus 14 Grad Celsius. Die Stadt ist das Ergebnis von Goldfunden in der Region, die man industriell etwa ab 1960 abbaute.
Die Einwohnerzahl schnellte in die Höhe und erreichte im Jahr 1990 knapp 16.000 Bewohner. Seither geht es stetig bergab und heute wohnen noch etwa 5.500 Menschen in Bilibino.
Das nördlichste Kernkraftwerk der Erde befindet sich ebenfalls in Bilibino, vier Blöcke lieferten 48 MW Leistung und versorgten die Minen und die Bevölkerung der Region mit elektrischer Energie. Der erste Block wurde bereits stillgelegt, in Zukunft soll die Anlage durch das schwimmende Kernkraftwerk Akademik Lomonossow ersetzt werden.
Es gibt Pisten zu den Minen, zu Nachbarorten und zum Flugplatz, geteerte Straßen gibt es nicht. Das obige Bild täuscht etwas - die kleine Stadt ist auch geprägt durch den Zerfall (siehe Foto unten).
Das harte Leben der Minenarbeiter in einem unwirtlichen Klima bringt auch Männer aus Bilibino dazu, schnell sehr viel Geld im Krieg in der Ukraine verdienen zu wollen. Wir dokumentieren hier drei Kriegsopfer aus Bilibino und der Region.
Weiterlesen: Die Goldstadt Bilibino in Tschukotka und der Krieg in der Ukraine
Juri Alexandrowitsch, 18 Jahre Im Jahr 2022 ist die Familie von Juri Alexandrowitsch Tschernikow aus der Region Tschita in Transbaikalien in den kleinen Ort Rasswet in Irkutsk gezogen. Das Dorf Rasswet hat gerade mal 300 Einwohner. Juri , geboren am 21. Februar 2006 schrieb sich bei einer weiterführenden Schule in Irkutsk im Fach Maschinenbau ein. Die hat er abgebrochen und Anfang März für viel Geld sein eigenes Todesurteil beim Militär unterschrieben, das am 13. August 24 erwartungsgemäß vollstreckt wurde. Dieser Text war eigentlich für unsere ständige Rubrik der gefallenen Soldaten bestimmt, die nach dem Jahr 2000 geboren wurden und in der wir jeden Tag ein neues Opfer dieses Krieges vorstellen. Ok - etwas hart formuliert, aber vielleicht müssen sich die jungen Männer, die sich zum Kriegsdienst entscheiden, der Tatsache bewusst werden, dass nur wenige heil zurück kommen werden. |
Erst als wir uns die Webseite jener "Nationalen Technischen Forschungsuniversität Irkutsk" angeschaut haben, wurde uns bewusst, dass Juri auch Opfer einer perfiden Rekrutierungsmasche geworden ist. Auf ihrer Webseite wirbt die Fachschule aktiv für den Vertragsdienst - sprich Kriegsdienst - beim russischen Militär.
Wir haben für die Werbeseiten der Fachschule für den Kriegsdienst eine übersetzte Bildschirmkopie erstellt. Die Logos sind mit einem Link versehen, der auf die Originalseite der Fachschule führt.
Die russische Teilrepublik Tuwa kann man entweder mit den Flugzeug oder mit dem Auto erreichen. Das Auto oder der LKW sind die bevorzugten Verkehrmittel der Region. Die Straße von Abakan (Chakassien) zur Hauptstadt Kyzyl ist die wichtigeste von zwei Straßenverbindungen nach Tuwa. Dabei windet sich die Straße auf 250 km durch die Schluchten des Sajans und über drei Gebirgspässe.
Seit 2006 ist eine Eisenbahnverbindung nach Tuwa geplant. Sie soll nicht nur dem Personenverkehr dienen, sondern auch Kohlelager in Tuwa erschließen und privat finanziert werden. Im Dezember 2011 wurde der Bau der Trasse durch Präsident Putin symbolisch eröffnet. Die 50 Meter Bahnstrecke zeigt unser Bild. Seither ist nichts als neue Ankündigungen, Investionsstreichungen und wieder neue Ankündungen passiert. Und durch den Krieg gegen die Ukraine düfte auch in der nahen Zukunft keine Bahnverbindung mehr finanzierbar sein.
Mitschurisk, Region Tambow, im April 2021 -- Foto: Ludvig14 -- Lizenz: CC BY-SA 4.0
Wenn man auf der Karte eine Linie zwischen Moskau und Wolgograd zieht, dann liegt auf halbem Wege die Oblast Tambow. Die Region ist dünn besiedelt und hat etwa eine Million Einwohner. Die zweitgrößte Stadt mit knapp 100.000 Einwohnern ist Mitschurinsk. In Russland hat die Stadt den Status einer Wissenschaftsstadt. Da die Gegend landwirtschaftlich geprägt ist, finden sich dort Forschungsinstitute und Hochschulen zum Thema Gartenbau und Landwirtschaft.
Wir hatten die Stadt im selben Zusammenhang im Juli 24 schon einmal vorgestellt. Eine Initiative aus der Stadt hat den dortigen Polynkowo-Friedhof besucht und die Gräber der im Krieg gegen die Ukraine gefallenen Soldaten fotografiert. Im Juli waren es noch 44 Namen, jetzt sind es über 100. Da es ja bekanntermaßen keine offiziellen Dokumentationen über die Kriegsopfer geben darf, sind wir auf solche Informationen angewiesen. Durch den Film haben wir über 30 Namen neu in unsere Datenbank aufnehmen können.
Auch in diesem Fall gilt, solche Filme sind wenig guckenswert - wir veröffentlichen ihn ausschließlich zum Zwecke der Dokumentation.
Das Foto zeigt eine Beisetzung in der Region Krasny Kut in der Oblast Saratow. Fjodor Gerlein, geboren am 26. Juni 1976 in Kasachstan, wurde am 11. August 24 im Dorf Schurawlewka begraben. Er war als Bauarbeiter in der Region tätig und hatte zwei Töchter. Fjodor gehörte zu den Soldaten, die im Herbst 2022 mobilisiert wurden.
Am Nachnamen kann man erkennen, dass Fjodor deutsche Vorfahren hatte. Diese waren nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion nach Kasachstan deportiert worden. Viele dieser Wolgadeutschen - die Region Saratow war deren Zentrum - sind nach 1989 von Kasachstan nach Deutschland ausgereist, die Familie von Fjodor hat es in die alte Heimat in Russland gezogen.
Ein Russlanddeutscher hat eine Liste zusammengestellt, die die im Krieg getöteten Soldaten mit deutschen Wurzeln zusammenfasst. Solch eine Liste muss unvollständig sein, da sie nur die Linie der männlichen Nachkommen erfassen kann. Und doch sind Stand 22. August 24 über 600 Namen zusammengekommen.
Wir haben die Liste sehr roh übersetzen lassen und nur oberflächlich korrigiert. Über die russischen Namen kann man in fast allen Fällen die getöteten Soldaten auch in unseren Zusammenstellungen finden.
Weiterlesen: Über 600 Russlanddeutsche im Krieg gegen die Ukraine getötet
Im Kaukasusvorland in der Region Stawropol liegt die Stadt Swetlograd. Sie hat etwa 35.000 Einwohner, die Gegend ist landwirtschaftlich geprägt. Dort besuchen wir den Kindergarten "Löwenzahn".
Im Rahmen der "moralischen und patriotischen Erziehung" war im August 24 Jana Gwosdenko zu Besuch. Sie ist die Witwe des 32-jährigen Wladislaw Wladimirowitsch Gwosdenko, der sich freiwillig zum Kriegsdienst gemeldet hatte und am 8. März 24 in der Ukraine getötet wurde. Sie erzählte die Geschichte ihres Mannes und brachte Spielsachen mit.
Damit niemand auf die Idee kommt, wir würden uns solche Geschichten ausdenken, lassen wir den Kindergarten die Veranstaltung selbst erzählen:
Weiterlesen: Liebe Kinder, gebt fein Acht, ich hab euch etwas mitgebracht
Bezirk Selentschukski, Karatschai-Tscherkessien -- Foto: NovelNik -- Lizenz: CC BY-SA 4.0
Auf Basis unserer Daten zum 14. August 24 wollen wir einen kurzen Überblick über die aktuelle Situation in Bezug auf die russischen Kriegsopfer geben.
Schon eine ganze Weile schauen wir auf die Entwicklungen in den russischen Unruheprovinzen im Kaukasus. Zu Beginn des Krieges war die bevölkerungsreichste Republik Dagestan bei den russischen Verlusten immer mit an der Spitze, die dortigen Bürger hatten die imperialen Ambitionen der Zentralregierung mitgetragen. Das hat sich etwas geändert. Dagestan ist in unserer Tabelle der Kriegstoten im Verhältnis zur Bevölkerung langsam abgerutscht. Zum Jahresbeginn stand die Republik noch auf Platz 45, zum 31.07. auf Platz 53 und der Trend setzt sich auch zum 14.08. fort - nur 12 neue Kriegstote sind dazu gekommen.
Zugegeben - das Foto mit den beiden Soldatenkindern hat uns so gut gefallen, dass wir damit beginnen, auch wenn es den Beitrag nicht unbedingt richtig einleitet.
Wir befinden uns in dem großen Dorf Mokschan in der Region Pensa. Das Dorf hat 11.000 Einwohner und liegt etwa 50 km nordwestlich der Hauptstadt Pensa. Im Dorf gibt es u.a. zwei Asphaltwerke, eine Butter- und eine Süßwarenfabrik und das größte Zentrum der Region Pensa für Menschen mit Behinderungen.
Die Schule Nr. 2 könnte auch eine Generalsanierung vertragen, wir zeigen das Foto am Ende des Beitrags. Dafür hat die Bildungseinrichtung jetzt einen Heldenschreibtisch, den das obige Foto zeigt. Gewidmet ist das Pult einem ehemaligen Schüler, Nikolai Krowjakow, der seine Schulzeit nicht lange überlebt hat.
Weiterlesen: Heldenschreibtisch im Dorf Mokschan in der Region Pensa
Die beiden jungen russischen Soldaten auf den Fotos waren Cousins und kamen aus der Region Achtubinsk in der südlichen Oblast Astrachan. Beide waren junge Vertragssoldaten, die sich in der Nacht vom 8. auf den 9. August 24 in einer Militärkolonne befanden, die auf Grund der ukrainischen Offensive in der Region Kursk sich Richtung Kampfgebiet bewegte.
Das linke Bild zeigt Nikolai Linkow, geboren am 12.05.1996, über den sonst nichts bekannt wurde. Rechts, das ist Ruslan Ruslanowitsch Geljaschew, geboren am 28. Februar 2005, also gerade mal 19 Jahre alt. Sein Hobby war der Mixed Martial Art Kampf, bei dem er wohl erfolgreich war.
Und obwohl seit Beginn des russischen Angriffkrieges auch der russischen Führung bekannt sein dürfte, dass Militärkolonnen ein gutes Ziel für den Gegner abgeben, bewegten sich die Lastwagen in Richtung des Kampfgebiets erneut in einer dichten Reihe. Die ukrainische Armee entdeckte die Kolonne und nahm sie mit HIMARS-Raketen unter Beschuss.
Wir zeigen einen Film mit dem Resultat des Angriffs und dokumentieren einen übersetzten Bericht der russischen Nachrichtenagentur Astra
Weiterlesen: Zwei Soldaten aus Astrachan & ein zerstörter Konvoi
Alexander Wasin war ein 20-jähriger russischer Vertragssoldat aus der Region Moskau, der bei der ukrainischen Offensive in die Region Kursk getötet wurde. Sein Leichnam wurde bisher nicht freigegeben und seine Angehörigen haben sich deshalb an die Öffentlichkeit gewandt. Offensichtlich wurden beim Vormarsch der ukrainischen Armee viele junge unerfahrene Soldaten in den Kampf geworfen und getötet.
Wir geben den Bericht eines russischen Telegramkanals übersetzt wieder. Die darin angesprochenen Details zum Vorgehen bei der Rekrutierung, zu nicht eingehaltenen Zusagen usw, können wir aus den Erfahrungen mit vielen anderen, ähnlich gelagerten Berichten bestätigen.
Weiterlesen: Zu viele Tote russische Soldaten in der Region Kursk
Wahrscheinlich eine fehlgeleitete Flugabwehrrakete ist im Zentrum der Stadt Belgorod eingeschlagen
Eine Initiative aus Belgorod ("Asche") recherchiert zu den Kriegsopfern in der Region Belgorod. Wir haben schon mehrfach über deren Veröffentlichungen geschrieben. Die Region Belgorod liegt direkt an der Grenze zur Ukraine und hatte immer einen intensiven Austausch mit dem Nachbarstaat. Menschen sind zum Einkaufen über die Grenze gefahren - von beiden Seiten. Und es gibt vielfache familiäre Verflechtungen untereinander.
Im Zeitraum vom 20. - 27. Juli hat "Asche" 27 neue Kriegstote aus der Region recherchiert. Das sind häufig keine aktuellen Fälle, sondern gefundene Gräber auf Friedhöfen der Region oder Soldaten, die irgendwo im Kriegsgebiet tot zurückgelassen wurden und aktuell bestattet wurden.
Wir geben den Telegram-Beitrag vom 28.07.24 roh übersetzt wieder, das bedeutet in diesem Fall, dass wir die Namen nicht auf die deutsche Schreibweise korrigiert haben.
Nachdem die Aufmerksamkeit zu unseren Veröffentlichungen wächst, eine kurze Information zu OskarMaria.
Unter diesem Pseudonym war der Initiator im Internet seit über 25 Jahren recht unregelmäßig präsent. Ab dem Jahr 2014 hat er hier über die Situation in den von Russland besetzten Gebieten des Donbass geschrieben. Als einer der ersten Journalisten überhaupt inormierte er über die damals neu gegründete Gruppe Wagner.
Beruflich war er seit den 80-iger Jahren Geschäftsführer von diversen Medienunternehmen im Printbereich. Jetzt im Ruhestand, Kinder erwachsen, bleibt etwas mehr Zeit, die gesammelten Erfahrungen zusammen mit wenigen Mitstreitern für dieses Projekt zu nutzen.
Nachtrag: OskarMaria– das ist eine kleine Verbeugung vor dem beinahe vergessenen Schriftsteller Oskar Maria Graf. In Zeiten der Bücherverbrennungen wurden seine Werke von den Nazis verschont, ja sogar teilweise empfohlen. „Verbrennt mich!“ schrieb er 1933 in der Wiener Arbeiterzeitung, „nach meinem ganzen Leben und nach meinem ganzen Schreiben habe ich das Recht, zu verlangen, dass meine Bücher der reinen Flamme des Scheiterhaufens überantwortet werden und nicht in die blutigen Hände und die verdorbenen Hirne der braunen Mordbanden gelangen!“ Schließlich floh er in die USA – dort lebte er in bescheidenen Verhältnissen. Deutschland wollte den unbequemen Mann nach dem Krieg nicht wieder haben. Er starb 1967 in New York.
Literaturempfehlung: Wir sind Gefangene - Autobiograhie 1927.
Leninsk-Kusnezki ist eine Stadt in der Region Kemerowo im Kohlebecken Russlands, kurz Kusbass genannt. Aus dieser Stadt kam Alexander Pawlowitsch Kagan, geboren am 2. April 1987, der am 9. Juli im Krieg gegen die Ukraine getötet wurde. Dazu schreibt die lokale Nachrichtenseite:
Wir sind stolz! Wir werden uns für immer erinnern! Alexander Pawlowitsch Kagan starb heldenhaft und zahlte seine Schulden gegenüber dem Mutterland zurück. Der Abschied von ihm findet am 2. September an der Adresse Leninsk-Kusnezki, Kirow-Platz 7, in der Kirche der Heiligen Neuen Märtyrer und Beichtväter statt.
In unserem Bericht über die russischen Kriegstoten vom August 24 haben wir auch über den Umgang der russischen Armee mit ihren eigenen Soldaten einen kurzen Absatz geschrieben. In diesem Video zeigen wir eine Bestrafung eines russischen Soldaten, der von seinen Vorgesetzten im Dienst betrunken angetroffen wurde. Das Video stammt von Anfang September 24.
Im Norden des fernen Ostens in der Region Tschukotka sammelt die Nationalgarde auf "freiwilliger" Basis Schrotgewehre und Pump-Guns für den Krieg in der Ukraine ein.
"Die Notwendigkeit von Schrotflinten bei einer speziellen Militäroperation wird damit begründet, dass sie sich bei der Bekämpfung feindlicher Drohnen bewährt haben. Es wird betont, dass doppelläufige Schrotflinten und Pump-Action-Schrotflinten bessere Chancen haben, schnelle und kleine Drohnen zu entschärfen als Kampfhandfeuerwaffen", schreibt die Nachrichtenagentur des "Autonomen Kreises der Tschuktschen". Die Waffen werden von der Nationalgarde entgegen genommen, bisher wurden 12 solche Gewehre gegen Spendenquittung entgegengenommen.
Man muss wissen, dass viele Tschuktschen von der Jagd leben, und deshalb ein Gewehr zum normalen Haushalt dort gehört. Zudem benötigen die Familien diese Waffen zum Schutz vor Eisbären, die sich gerne in der Nähe der Siedlungen aufhalten.
Ein Mann mit einem schwierigen Schicksal bedeutet nach unserer Erfahrung nichts Gutes. Meist benutzen die russischen Autoren dieses Begrifflichkeit, wenn ein Mann sich wegen einer Strafermittlung oder Verurteilung bei der Armee verdingt hatte und im Krieg getötet wurde. Vielleicht trifft das auch auf Danila Sergejewitsch Owsjannikow, dem sehr jungen Mann mit schwierigem Schicksal.
Danila, geboren am 4. November 2005, kam aus der russischen Stadt Kostroma, die etwa 300 km nordöstlich von Moskau liegt. Seine Ausbildung an der Berufsschule hat er abgebrochen und sich freiwillig (?) zum Kriegsdienst gemeldet - Rufzeichen Boxer.
"Er wollte immer zeigen, dass er im Leben viel erreichen würde. Er hatte vielleicht nicht immer Erfolg, wie viele Jungen, aber er versuchte es", heißt es in seinem Nachruf. Viel ist es nicht geworden, Danila wurde in der Nacht vom 8. auf 9. August getötet, als seine Kolonne in der Region Kursk durch ukrainische Raketen komplett zerstört wurde. Siehe unseren Bericht.
Kargopol ist eine der ältesten Stadte in der Region Archangelsk mit weniger als 9.000 Einwohnern. Ein Soldat aus der Stadt wurde bei jenem HIMARS-Angiff in der Nacht vom 8. auf 9. August getötet. Die Verwaltung der Stadt schrieb darauf folgenden Nachruf:
Michail Anatoljewitsch Sofronow starb bei der Erfüllung von Aufgaben während einer speziellen Militäroperation auf dem Gebiet der Region Kursk am 9. August 2024.
Michail Anatoljewitsch, geboren am 2. Oktober 1974, ist Absolvent der Uchotskaja-Sekundarschule, er war ein fröhlicher, freundlicher, sympathischer Mensch, immer bereit zu helfen.
Während seines Dienstes blieb M.A. Sofronov dem Militäreid treu, hielt sich heilig an die Verfassung der Russischen Föderation, hielt sich strikt an die Anforderungen der Militärvorschriften und Befehle der Kommandeure, erfüllte seine Pflicht mit Würde, war mutig und entschlossen, ein wahrer Patriot sein Land.
Pawel Alexandrowitsch Tscheremisin aus der russischen Region Karelien ist am 6. Juni 2024 im Krieg gegen die Ukraine getötet worde. Zu seinem Tod finden sich einige Einträge bei VKontakte, nur nennt niemand sein Alter oder Geburtsdatum. Auf Grund seines jugendlichen Aussehens haben wir versucht etwas mehr über Pawel zu erfahren und sind fündig geworden. Aber gleich vorneweg - sein Alter konnten wir nicht recherchieren.
Dafür fanden wir ein Urteil des Stadtgerichts Segescha vom 29. März 2023. Darin wird Pawel so charkterisiert: Er hat eine Meldepflicht und einen ständigen Wohnsitz, wird vom örtlichen Polizeikommissar zufriedenstellend beschrieben, es liegen keine Beschwerden über das Verhalten zu Hause vor, ist ledig, hat ein unterhaltsberechtigtes kleines Kind und ist nicht erwerbstätig, nicht bei der Agentur für Arbeit gemeldet; keine Vorstrafen. Am Ende des Urteils wird Pawel zu einer fünfjährigen Strafe wegen des versuchten Handels mit Drogen verurteilt.
Den Rest der Geschichte kann man sich getrost zusammenreimen. Pawel wurde vor oder während der Haft zu einem Sturm-V Kommando rekrutiert. So kam er frei, musste aber bei Angriffen ganz vorne dabei sein.
„Wir wollen es nicht glauben, es scheint, als würde es an der Tür klingeln, wir werden uns umarmen und weinen, dass das nicht so ist ... Unsere kleine, warme Sonne ...“, schrieb seine Mutter.
Manchmal stolpert man über alte Fälle. Jedes Jahr zum Geburtstag von Wladimir Igorewitsch Nozdrin veröffentlichen Freunde auf VKontakte eine Todesanzeige. Geht man der Sache nach, dann findet man einen Donbass-Separatisten der ersten Stunde. Dumm nur, dass auch dieser "Separatist" gar nicht aus dem Donbass stammte, sondern aus der russischen Stadt Rostow am Don.
Wladimir wurde am 22.04.1984 dort geboren und bei einer der vielen Kampfhandlungen an der Demarkationslinie am 12.06.2017 getötet.
Ab 1. August 2014 kämpfte er in der LPR (ab 24. September - CheGuevara Brigade), dann ab 11. Mai 2015 in der DPR (GRU-Spezialeinheiten).