Oleg Kowal aus Rjasan war in einem örtlichen Metallkeramikwerk als Abteilungsleiter für die Zulieferungen verantwortlich. Im Jahr 2017 wurde er festgenommen und wegen gewerbsmäßiger Bestechung in besonders großen Umfang sowie wegen Amtsbetrugs angeklagt.
Im Mai 2024 wurde Kowal zu sechs Jahren strenger Haft verurteilt. Das Urteil sah außerdem finanzielle Verpflichtungen in Höhe von 17 Millionen Rubel vor, mit einem verbindlichen Rückzahlungsplan - jeweils 500.000 Rubel pro Monat.
Es war sofort klar, dass Oleg Kowal sich solche Zahlungen aus dem Gefängnis heraus nicht leisten und daher nicht mit einer Bewährung rechnen konnte.
Im Lager unterzeichnete Oleg einen Vertrag zum Kriegsdienst im russischen Militär - mit erwartbarem Ausgang. Am 21. Oktober 24 wurde Oleg In Rjasan begraben.

Oleg Kowal

Aleksej Janik kam aus dem Dorf Ust-Belaja im Automomen Kreis der Tschuktschen. Das Dorf ist das Zentrum einer großen Rentierzuchtfarm mit etwa 600 Bewohnern. Im kurzen Sommer kann man es innerhalb von 2-3 Tagen mit dem Schiff erreichen, sonst bleibt nur die Anreise mit dem Hubschrauber.
Alexej, geboren am 25. Juli 1993, hatte den Beruf eines Schweißers erlernt und arbeitete in der Region. Auch Alexej wollte einmal in seinem Leben viel Geld verdienen und schloss im Jahr 2024 einen Vertrag mit dem russischen Militär. Aus gutem Grund nennt die Nachrichtenagentur aus Tschukotka kein genaueres Vertragsdatum. Auch Alexejs Vertrag hatte eine kurze Laufzeit, Anfang Oktober 24 wurde er getötet. Er soll in den dortigen Kohlegruben beigesetzt werden.

Alexej Janik

Wenn die Meldungen über russische Kriegstote mit Gedichten verziert werden, dann hat man wenig Lust weiter zu lesen. Es sind meist holprig formulierte Machwerke, die versuchen, den banalen Tod eines Soldaten mehr oder weniger kunstvoll zu überhöhen.

Aber manchmal findet man auch ein interessantes Gedicht:

Es kam eine Vorladung zum Einberufungsbüro des Militärs,
Ich lege mich hin und höre meine Frau
Mit der ganzen Familie teilt sie meine Haut
Ich wurde im Kampf getötet.

Meine Frau und Schwiegermutter drängen mich -
Geh zum Einberufungsamt!
Sie packen meinen alten Rucksack,
Einen Laib Brot, einen Becher, einen Doschirak*.

Ergeben Sie sich nicht törichterweise!
Und verschwinden Sie nicht!
Sorgt dafür, dass die Leiche ordentlich verarbeitet wird!
Sieh zu, dass wir unsere Särge** bekommen!

Was für ein Witz, sieben Millionen!
Wir werden alles kaufen, was wir wollen!
Wir werden unsere Kredite abbezahlen!
Und im Sommer fahren wir alle auf die Krim!

Meine Frau schreit: Ich werde ein Auto kaufen!
Mein Sohn will einen Motorroller,
und mein Schwiegervater will ein neues Gewächshaus
Und eine Schnapsbrennerei.

Und mein Schwiegervater schreit: Sei ein Held!
Du wirst der erste sein, der angreift!
Und da wurde mir endlich klar
wie viel ich meiner Familie bedeute.

* russische Instantnudeln

** Sarggeld, staatliche Auszahlung für toten Soldaten

Almaz MinijarowHinter dem Begriff Grenzschutz verbirgt sich auch ein russischer Euphemismus. Russische Wehrdienstleistende dürfen nicht im Krieg gegen die Ukraine eingesetzt werden. Aber wenn man dringend Soldaten braucht, dann werden die jungen Männer schnell zu Grenzschützern umfunktioniert, die auch in den umkämpften Regionen Kursk, Brjansk und Belgorod eingesetzt werden. Und so kommt es, dass häufig auch Wehrdienstleistende Opfer dieses Krieges werden. Ein aktuelles Beispiel:
Almaz Minijarow aus dem kleinen Dorf Metewtamak in Baschkortostan war so ein Wehrdienstleistender. Er hätte nur noch zwei Monate in der Armee verbringen müssen und wurde als "Grenzschützer" in der umkämpften russischen Region Belgorod eingesetzt. Eine Drohne beendete sein Leben. Am 12. Oktober 24 wurde er in seinem Heimatdorf bestattet.

Nikita Eduardowitsch JaptuneEs ist mehr als ein Skandal, wie Russland mit seinen ethnischen Minderheiten umgeht.
Ganz im Norden der Region Krasnojarsk liegt die Taimyr-Halbinsel. Auf Grund der extrem kalten Witterungsbedingungen ist die Halbinsel kaum besiedelt. Dörfer gibt es nur im Süden entlang der im Sommer schiffbaren Flüsse.
Nosok (Socke)  ist so ein Dorf mit 1.800 Bewohnern, das am Ufer des Uschakow-Kanals an der Mündung des Flusses Jenissei liegt. Die Bewohner sind überwiegend Nenzen, die traditionell leben und Fischfang, Jagd und Rentierzucht betreiben.
Nikita Eduardowitsch Japtune (Foto) war ein junger Nenze aus dem Dorf Nosok. Er wurde am 18. August 2003 geboren und ist aus unbekanntem Grund im Krieg gegen die Ukraine gelandet. Die Menschen dort leben in einer Informationsblase, der Krieg ist weit weg und sie glauben der Propaganda und dem vielen Geld der Regierung. Zudem nimmt das Militär solche durch das raue Klima abgehärtete junge Menschen gerne für den Stellungskrieg in den Schützengräben. Doch auch für Nikita war der Krieg im Oktober beendet. In Taimyr sammelt man jetzt Spenden für seine Beisetzung.

Denis Asatowitsch ScharapowAsat Scharapow, geboren am 15. Dezember 1977, kommt aus der Stadt Utschaly in Baschkortostan und scheint bei guter Gesundheit zu sein - im Gegensatz zu all den anderen Menschen, über die wir hier berichten. Laut seinem Status ist er zudem auf aktiver Partnersuche. Mitte Juli hat er sich ein neues Auto gekauft, dem Innenraum nach zu urteilen ein ausländisches Modell.
Das konnte er sich auch leisten, denn sein Sohn war in den Krieg gegen die Ukraine gezogen, ging Ende Oktober 2023 los, um Essen zu organisieren und kam nicht wieder. Mit der staatlichen Abfindung beim Tod eines Angehörigen im Krieg kann man sich bequem ein neues Auto leisten.
So kam es, dass zuerst das neue Auto da war und die sterblichen Überreste seines Sohnes viel später bei Asat ankamen. Am 10. Oktober 24 teilte er mit, dass sein Sohn Denis Asatowitsch Scharapow (Foto), geboren am 10.11.2000, am 14. Oktober bestattet würde.
OM, 24.10.24

Kirill WjunowKirill Wjunow kommt aus der Region Krasnojarsk, ist 20 Jahre alt und leistet seinen Wehrdienst in der Region Kurgan. Am 14. Oktober 24 hatte Kirill plötzlich viel Geld auf seinem Konto. Der russische Staat hatte ihm 405.000 Rubel überwiesen, also etwa 4.000 €. Das entspricht der Prämie, die der Staat zahlt, wenn Wehrpflichtige einen Vertrag mit dem russischen Militär abschließen.
Nur - Kirill hatte keinen Vertrag abgeschlossen und hat das auch nicht vor. "Ich bin Mechaniker. Ich bin erst 20 Jahre alt, ich habe gerade erst die Fachschule abgeschlossen. Ich habe überhaupt keine weiteren Pläne. Ich will einfach nur lebendig von hier zurückkommen“, sagt Kirill.
Wie Kirill ging es auch sechs weiteren Wehrpflichtigen der Einheit. Der Staat weigert sich, das Geld zurück zu nehmen und für Kirill scheint die Sache aussichtslos. "Aber morgen sollten wir nach Rostow und an die Grenze geschickt werden. Ich verstehe, dass dies eine Einbahnstraße ist. Ich hatte nie vor, einen Vertrag zu unterschreiben, und das habe ich auch nicht vor! Helft mir hier rauszukommen," schreibt er.

Toljatti ist eine Großstadt in der Region Samara mit etwa 660.000 Einwohnern. Sie ist die Autostadt Russlands. Im dortigen AwtoWAS-Werk werden Autos der Marke Schiguli gefertigt, die in Deutschland unter dem Namen Lada verkauft wurden. Und richtig - der Name der Stadt klingt wenig russisch. Sie wurde nach dem italienischen Kommunisten und langjährigen Vorsitzenden der dortigen kommunistischen Partei Palmiro Togliatti benannt.
Der Kleinbus mit den Lautsprechern auf dem Dach ist für eine Autostadt wohl wenig attraktiv. Aber er lobt eine Menge Geld aus - zwei Million Rubel für eine Unterschrift unter einen Vertrag mit dem russischen Militär:
Diese ungewöhnliche Werbemaßnahme zeigt, dass es für die Rekrutierer immer schwieriger wird, neue Soldaten für die "Fleischangriffe" an der Front zu gewinnen.
OM, 22.10.24

Anton SergasinowDas Dorf Warschawka in der Oblast Tscheljabinsk wurde nach der polnischen Hauptstadt Warschau benannt - nicht aus Freundschaft, sondern weil im Jahr 1831 der russische Zar Warschau erobert hatte. Das Dorf hat gerade mal tausend Bewohner und erwartete am 14. Oktober 24 die Heimkehr von Anton Sergasinow, der erfolglos versucht hatte, die Ukraine zu unterwerfen. Anton, geboren am 3. August 2003, hatte sich im Juli 2004 beim Militär für den Kriegsdienst eingeschrieben und war bereits am 6. September getötet worden. So kam Anton im Zinksarg nach Hause.
Solch ein schneller Tod eines 21jährigen jungen Menschen wirft Fragen auf:

  • Was hat ihn zum Militär getrieben?
  • Warum hat ihn niemand aufgehalten?
  • Warum wurde ein junger Mann ohne Kriegserfahrung gleich in den Angriff geworfen?

Keine dieser Fragen wurde öffentlich gestellt oder gar beantwortet. "Sein Verlust wurde zu einer Tragödie für alle: Familie und Freunde, Mitbewohner im Dorf...  Helle Erinnerungen an einen Menschen, der sein Leben ehrlich und in Würde lebte und die Früchte seiner guten Taten hinterließ, werden immer stärker sein als der Tod," heißt es im Nachruf.

Sergej Pawlowitsch LunegowSchon mehrfach hatten wir über die sibirische Stadt Ust-Kut berichtet, im dortigen Bezirk lebte Sergej Pawlowitsch Lunegow. Der Mann hatte sich auch der russischen Armee im Krieg gegen die Ukraine angeschlossen und wurde bereits am 1. März 2023 an der Front getötet. Es dauerte ziemlich lange, bis die sterblichen Überreste von Sergej in seine Heimat gebracht wurden. Am 5. Oktober wurde er dann im Dorf Jantal im Bezirk Ust-Kut bestattet. Die Trauerfeier fand in der Nähe des Kulturhauses "Ukraine" statt.

Der ehemalige Cheftierarzt der Stadt Rostow am Don zur Bekämpfung von Tierseuchen, Dmitri Chegay, wurde in der Ukraine getötet, das berichten lokale Medien Anfang Oktober 2024.

Dmitry Chegay und sein Chef wurden am 17. Februar 2022, nur wenige Tage vor Beginn des russischen Angriffskrieges, wegen Korruption verurteilt. Dabei ging es um Kontrollen von tierischen Produkten der Lebensmittelindustrie. Die Kontrolleure ignorierten Verstöße gegen die Veterinärvorschriften und stellten den Produkten die erforderlichen tierärztlichen Begleitpapiere aus, ohne die Ware tatsächlich zu kontrollieren. Dafür zahlten die Unternehmen hohe Bestechungsgelder an den Leiter des Veterinäramtes.

Dimitri Chegay war dabei ein kleines Licht - er fungierte nur als Vermittler und überwies die Gelder an seinen unmittelbaren Vorgesetzten. Im Gerichtsprozess wurde der Mann dann zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt.

Auch Dimitri wollte seine Haftstrafe nicht absitzen und verpflichtete sich beim Militär als Sturm-V Soldat. Jetzt ist er ein Held, "er hätte seine Sünden mit seinem Blut abgewaschen" und bekam jenen "Orden des Mutes" - posthum.

Waleri Wladimirowitsch Gerasimtschuk

Dieses Foto ist uns aufgefallen. Waleri Wladimirowitsch Gerasimtschuk steht vor einem Wandgemälde, das einen martialisch verkleideten russischen Soldaten zeigt. Genau so wirbt das russische Militär um solche Freiwillige für die Armee, gut ausgestattet, hart und jeder Aufgabe gewachsen. Und Waleri hat sich vermutlich auch in dieser Rolle gesehen. Waleri kam übrigens aus dem kleinen Dorf Ababkovo in der Region Nischni Nowgorod.
Wie die Wirklichkeit dann aussah, das lassen wir seine Schwester berichten:
Die fast zweimonatige Suche nach meinem Bruder ist beendet. Waleri Wladimirowitsch Gerasimtschuk verließ das Land am 29. Juni 2024 aufgrund eines Vertrags für die spezielle Militäroperation und starb am 22. Juli.
Die Trauerfeier findet morgen, 2. Oktober, vor der Kirche auf der Straße statt.

Juri Gennadijewitsch Kitschigin"Wahrer Patriotismus ist nicht, wenn man stolz auf das Vaterland ist, sondern wenn das Vaterland stolz auf einen ist," ist das Motto des Dorfes Romanicha in der Region Perm auf deren VKontakte-Seite. Im Jahr 2010 lebten noch 71 Menschen in dem kleinen Dorf, wie viele heute wissen wir nicht - aber zumindest ein Einwohner weniger.
Denn der 19-jährige Juri Gennadijewitsch Kitschigin aus dem Dorf war in den Krieg gezogen, wurde am 27. Februar 2024 getötet und ist erst am 29. September im Zinksarg nach Hause gekommen.
Beim Nachruf ist die Bezirksverwaltung auch ganz verwirrt. Er hätte sein Heimatland verteidigt, schreibt die Verwaltung des Stadtbezirks Krasnowischerski und nennt als Ort seines Todes dann doch die Ukraine.

Da angeblich das Leben in der Region Samara so viel günstiger wäre als in den russischen Metropolen, gehörte die Prämienzahlung für Freiwillige zu den Niedrigsten in ganz Russland. Aber ganz offensichtlich ließen sich in Samara nicht mehr genügend Freiwillige finden, die für jene 1,2 Millionen Rubel (etwa 12.000 €) bereit waren, ihre Leben oder ihre Gesundheit zu gefährden.
So beschloss die Regierung am 11. Oktober 24, ab Mitte des Monats deutlich mehr zu bezahlen. Jetzt gibt es ganze zwei Millionen Rubel (ca. 20.000 €), wenn man in Samara einen Vertrag mit dem russischen Militär eingeht.

Bogdan Sergejewitsch JewsejewEine ziemlich skurile Meldung wurde in zahlreichen lokalen VKontakte-Kanälen aus der Region Saratow abgesetzt. Lassen wir die Autorin zu Wort kommen:

Bogdan Sergejewitsch Jewsejew, geboren am 10.04.2003, starb den Heldentod bei einem militärischen Zusammenstoß im Gebiet Cherson, Siedlung Kosatschije Lageri.
Abgehärtet durch Sport, Goldmedaillengewinner im Sambo, wich Bogdan nie zurück, aber das feindliche Schrapnell unterbrach sein Leben am 02.09.2024...
Im Saratower Institut für Innere Truppen war Bogdan einer der besten Kadetten in seinem Kurs. Und als einer der Besten wurde er gleich im 3. Jahr in die Zone des Nordöstlichen Militärbezirks geschickt, um die Ehre und den Mut der ruhmreichen russischen Soldaten in der Praxis zu zeigen.

Jelena Pimonenkowa In der Region Belgorod wurde am 27. August 24 die erste Frau getötet, die aus der Haft für den russischen Krieg gegen die Ukraine rekrutiert worden war. Jelena Pimonenkowa war 37 Jahre alt und stammte aus der Stadt Pikaljowo in der Oblast Leningrad.
Jelena hatte ein bewegtes Leben hinter sich. Sie wurde im Alter von 23 Jahren zunächst wegen Messerangriffs auf einen Mann verurteilt, dann wegen Autodiebstahls, Raubüberfalls, Sachbeschädigung fremden Eigentums und Morddrohungen. Im Jahr 2024 saß Jelena wegen Diebstahls in einer Frauenkolonie in Uljanowka, ebenfalls in der Region Leningrad gelegen.
Auch dort wurde für den Kriegsdienst in der Ukraine geworben. 60 Frauen meldeten sich, zehn wurden ausgesucht darunter Jelena.
Jelena PimonenkowaOhne jegliche medizinische Ausbildung wurde sie so zur „Sanitäterin im Gefangennahmekommando eines Angriffszuges“. Drei Wochen lang wurde Jelena an Waffen geschult, danach ging es an die Front und sie musste Verwundete evakuieren und Leichenteile aufsammeln.
Wie genau Jelena getötet wurde ist unklar. Angeblich wäre sie von einem Auto angefahren worden. Am 25. September 24 wurde sie begraben.

WladimirGolubUnsere kleine Geschichte spielt in der tatarsischen Großstadt Nabereschnyje Tschelny und handelt von Wladimir Golub, 44 Jahre. Der Mann arbeitete bei dem Lastwagenhersteller Kamaz als Schweißer.
In seiner Freizeit hatte er vielfältige Interessen, nahm Gesangsunterricht und nahm Tiktok- und Youtube-Videos auf. Mit seiner Ehefrau hatte er 11 Kinder, dazu hatte er seit dem Jahr 2000 noch eine geheim gehaltene Beziehung, aus der drei Kinder hervorgingen.
Und weil das noch nicht genug ist, konvertierte Wladimir zum Judentum, trug nur noch Kippa und nannte sich Abraham Israilewitsch Melech.
Als die Sache mit der zweiten Beziehung aufflog, zog Wladimir/Abraham zuhause aus, bei der zweiten Frau ein und ließ sich scheiden. Seine berufstätige Ex-Ehefrau bekam Probleme mit dem Jugendamt, weil eine alleinerziehende und arbeitende Mutter mit 11 Kindern sicher überfordert ist.
Seinen neuen Namen ließ er sich in den Pass eintragen und wahrscheinlich wollte Abraham auch im Krieg seine vielfältigen finanziellen Probleme lösen. Im Juli 2024 schloß er einer Vertrag zum Kriegsdienst, zwei Monate später war er tot. Am 2. Oktober wurde er in der tatarischen Stadt Jelabuga begraben.

Wladimir mit Familie Nr. 1
Wladimir Golub

Ildar Saidow

Ildar Saidow hatte eine steile Kariere beim russischen Zoll hinter sich gebracht. Seit 1995 war er in leitender Funktion in verschiedenen Regionen Russlands tätig, bis er schließlich 2017 erst zum kommisarischen und dann zum regulären Leiter des Zolls von Astrachan, Wolgograd und Kalmückien im Rang eines Generalmajors aufstieg.
Doch fünf Jahre später stand er wegen Bestechlichkeit vor Gericht und wurde zu sieben Jahre Haft verurteilt.
Er wäre reingelegt worden, meint seine Frau und ein ehemaliger Mitarbeiter schrieb: "In solchen Strukturen gibt es oft zwei ungleiche Kategorien. Diejenigen, die inhaftiert wurden, und diejenigen, die nicht verurteilt werden. "
Auch Ildar zog die Option "Sie kommen aus dem Gefängnis frei" in einer Sturm-V Einheit, setzte damit alles auf eine Karte und verlor. Am 14 September erhielten seine Angehörigen die Nachricht seines Todes, er wurde in Tatarstan begraben.

Viktor Wladimirowitsch DutowDer uns als zuverlässig bekannte Telegramkanal "Wütendes Tschwaschien" berichtete im September aus der russischen Teilrepublik:

Obdachlose werden gezwungen, in den Krieg zu ziehen
Leser erzählen uns, dass in den Regionen Tschuwaschiens die Razzien gegen Obdachlose und Menschen in schwierigen finanziellen und sozialen Situationen zugenommen haben. Einer von ihnen war Viktor Wladimirowitsch Dutow aus dem Bezirk Wurnarski. Einheimische sagen, er habe keinen festen Wohnsitz und Probleme mit Alkohol gehabt. 

Boris Melkoedow Im Bezirk Zilairsky in Baschkortostan leben etwa 15.000 Menschen. Der Leiter des Bezirks, Boris Melkoedow, muss häufig sich mit den Folgen des russischen Angriffskrieges beschäftigen. Verletzten überreicht er Orden, für gefallene Soldaten hält er ausgefeilte Grabreden. Am 17. September 24 sprach er den Nachruf für Chaerzaman Atangulow, der an der Front getötet wurde. Daraus wollen wir zitieren:
Wir wissen nicht, wie viel Zeit wir haben. Alles liegt in unserer Hand, und es hängt von uns ab, wie wir leben werden. Chaerzaman Halilowitsch ist ein Mann, der sein Heimatland und uns verteidigt hat. Dank solcher Menschen leben wir unter einem friedlichen Himmel.
Natürlich ist jeder Krieg ein Weg zum Frieden. Und solche Menschen, ihre Taten sind notwendig, damit wir uns frei fühlen und den Frieden und die Ruhe spüren, die wir haben. Es ist schwierig, unsere Leute so zu treffen. Wir hoffen immer, dass sie lebendig und gesund zurückkommen. Das ist natürlich ein großer Kummer. Wenn wir nicht stark sind, wird es kein Land mehr geben. Er wird als ein kluger Mann in unserer Erinnerung bleiben. Lasst uns zusammenhalten und uns in schwierigen Zeiten gegenseitig unterstützen.

Aibek RamasanowEine Vielzahl von ethnischen Kasachen wurde bereits im Krieg gegen die Ukraine getötet, wir haben darüber berichtet. Diese Männer lebten meist in Russland, mit und ohne russische Staatsbürgerschaft. Durch einen Vertrag mit dem Militär zum Kriegsdienst konnte man viel verdienen und falls notwendig, auch die russische Staatsbürgerschaft erhalten. Kasachische Bürger, die am Krieg teilnehmen, werden in Kasachstan strafrechtlich verfolgt.
Der kasachische Journalist Lukpan Achmedjarow berichtete am 16. September von einem in der Stadt Oral in Kasachstan lebenden Mann, Aibek Ramasanow,  geboren 17.07.1983, der bei einer Firma in Westkasachstan gearbeitet hatte. Im Jahr 2023  meldete sich Aibek freiwillig beim russischen Militär zum Kriegsdienst in der Ukraine und wurde dort getötet. Sein genaues Todesdatum wird genannt, aber Aibek bekam am 2. August noch die russische Staatsbürgerschaft.
Auf Instagram warnt der Journalist Achmedjarow zudem seine Leser: "Wichtiger Hinweis: Schützen Sie Ihre Psyche und Ihre nahen Verwandten vor übermäßigem Genuss russischen Fernsehens. Russische Propaganda tötet."

Waleri Wladimirowitsch RintschinowNachdem bisher im Jahr 2024 die Region Burjatien in Bezug auf die Kriegsopfer nicht so auffällig war wie zuvor, dürften im Monat September wieder deutlich mehr Kriegsopfer dazu kommen. In einer Liste mit etwa 20 neuen, im Krieg gefallenen Burjaten finden wir auch Waleri Wladimirowitsch Rintschinow, geboren am 28. Mai 1980 und getötet am 4. September 24.
"Im Gedenken an alle, die Valery kannten, oder wie ihn alle nannten – Bazyr, blieb er freundlich, großzügig und immer bereit, den Bedürftigen zu helfen," heißt es in seinem Nachruf.
Wie so eine Hilfe aussehen kann, zeigte Valery im Jahr 2019. Bei einem verbalen Streit mit einem betrunkenen Dorfbewohner stach Valery jenem mit einem Messer in den Bauch. Glücklicherweise überlebte der Mann den Stich und Valery bekam zusammen mit einem älteren Delikt vier Jahre Haft aufgebrummt.
Das erklärt nicht ganz, warum Valery in einem Sturm-V Todeskommando gelandet ist, denn Ende 2023 wäre seine Haft beendet gewesen. Es ist wahrscheinlich, dass seither weitere Delikte zur Anklage standen.

Eduard Fedorowitsch KandakowWaleri Narsow dürfte der Bürgermeister der ländlichen Siedlung Tegeschewskoje in der Region Urmarskij in der Republik Tschuwaschien sein. Am 17. September informiert er seine Mitbürger:
Wir informieren Sie, dass die Beerdigung des verstorbenen Kriegers Eduard Fedorowitsch Kandakow aus dem Dorf Tegeschewo, der bei Militäreinsätzen ums Leben kam, am Mittwoch, 18. September 2024, stattfinden wird.
Die Leiche des verstorbenen Teilnehmers der Sondermilitäroperation, Eduard Fedorovich Kandakov, wird am 17. September 2024 um 13:00 Uhr mit dem Zug in die Stadt Kasan (Tatarstan) gebracht und dann mit einem Sonderwagen in das Dorf Tegeschewo gebracht...
Die Bewohner des Dorfes Tegeschewo (erwachsene und gesunde Männer) werden gebeten, sich am Morgen des 18. September auf dem Friedhof des Dorfes Tegeschewo zu versammeln und beim Ausheben eines Grabes zu helfen.

Artem Wladislawowitsch MedwedewIm April 24 haben wir eine Zusammenstellung von russischen Anwälten veröffentlicht, die in den Krieg gegen die Ukraine gezogen sind - mit tödlichem Ausgang. Wir können einen neuen Namen hinzufügen.
Artem Wladislawowitsch Medwedew, geboren am 16. Dezember 1975 in der Stadt Uchta (Komi), war Mitglied der Anwaltskammer der Region Orenburg. Von 1992 bis 1997 studierte er Jura, arbeitete danach als Ermittler bei der Polizei und ab dem Jahr 2000 betätigte er sich als Anwalt.
Und weil Anwälte gerne auf das Geld schauen, reiste er nach Moskau, um dort am 28. Mai 24 einen Vertrag als Freiwilliger des russischen Militärs abzuschließen. Denn in Moskau sind die Antrittsprämien für eine Vertragsunterzeichnung mit die höchsten. Der Vertrag endete vorzeitig am 19. August in der Region Luhansk. Am 16. September 24 wurde er in Orenburg bestattet.

Wir wollen auf eine Fotoserie aus einem recht abgelegenen baschkirischen Dorf hinweisen, die die Beisetzung des 54-jährigen Eduard Schakmaew zeigt, der im Krieg gegen die Ukraine getötet wurde. Über den Mann wissen wir so gut wie nichts, aber die Fotos dokumentieren sehr gut die Lebensumstände dieser einfachen Menschen aus den Weiten Russlands.

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