In Russland gibt es zahlreiche Internetseiten, auf denen die Lebensläufe von im Krieg gegen die Ukraine gefallenen Soldaten dokumentiert werden. Meist sind es regionale Seiten, die von Bibliotheken oder Kulturinstitutionen betrieben werden und meist als Basis für patriotische Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche Verwendung finden.
Ein etwas größeres Projekt war die Webseite "Für den Sieg!", auf der immerhin knapp 6.000 Lebensläufe gefallener Soldaten veröffentlicht wurden. Es scheint allerdings, dass in Russland die Einsicht zunimmt, dass der "Sieg" noch eine ganze Weile weg ist - wenn überhaupt. Und bis dahin werden solche großen Sammelprojekte von Staats wegen als Risiko eingeschätzt.
So schreiben die Macher auch aktuell: "Liebe Besucher der Website Für den Sieg! Mit großem Bedauern teilen wir Ihnen mit, dass die Veröffentlichungen ab dem 2. November aufgrund von Umständen, die außerhalb des Einflussbereichs der Autoren liegen, eingestellt wurden.
Vielen Dank für Ihre ständige Aufmerksamkeit und Unterstützung des Projekts!"

Alexander Nikolajewitsch TjuminAlexander Nikolajewitsch Tjumin, geboren am 7. Mai.1976, kam aus der Großstadt Noginsk in der Oblast Moskau. Alexander war im Jahr 2023 als russischer Soldat verletzt in ukrainische Gefangenschaft geraten. Von einem Verhör gibt es ein Video mit dem Mann. Über acht Monate blieb er dann in ukrainischer Gefangenschaft, bis er im Zuge eines Gefangenenaustausches wieder zurück nach Russland kam.
Aber frei war Alexander danach nicht. Er kam zunächst in ein Filterlager, wo überpüft wurde, ob man in der Ukraine nicht einen Spion oder anderweitig unzuverlässigen Bürger aus ihm gemacht hatte. Und auch danach gab es keine Gnade: Alexander musste zurück an die Front, wurde der Angriffsabteilung der 114. Brigade zugeteilt. Am 10. Juni 2024 gab es den letzten Kontakt zu seinen Angehörigen, im Oktober wurde schließlich sein Tod gemeldet.

Viktor Neumin

Mit dem "Mutorden" wurde posthum Viktor Neumin aus dem Süd-Ural ausgezeichnet, er starb im März dieses Jahres.
Beamte riefen die Mutter und den Bruder des Verstorbenen zu der Zeremonie, aber die Lieben sind überhaupt nicht glücklich über dieses Eisen. Tränen sind die einzige Reaktion auf solche „Auszeichnungen“. Sie braucht keine Orden, sondern einen lebenden Sohn an ihrer Seite.
Eine Mutter kann sich nie mit dem Verlust des Wertvollsten abfinden - ihres Kindes. Und die Behörden haben buchstäblich Zehntausende solcher trauernden Mütter „geschaffen“.
Der Krieg ist ein großes Leid für alle, und er muss sofort beendet werden.
Nachricht des Telegram-Kanals "Tscheljabinsk der Zukunft" vom 4.11.24

Andrej Wiktorowitsch TschesakAndrej Wiktorowitsch Tschesak, geboren am 26.01.1967, mehrfach verurteilt wegen Raubes und räuberischer Erpressung. Er wurde auf dem Friedhof Chochrjakowskoje in der „Allee des Ruhmes“ beigesetzt. Auf dem Kreuz steht das Sterbedatum 20.05.2024. Dies ist derselbe Andrej Tschesak, über den 2013 alle udmurtischen Massenmedien schrieben.
Im Jahr 2013 wurde er wegen Erpressung  zu 3,6 Jahren Kolonie verurteilt. Zu diesem Zeitpunkt war er 46 Jahre alt.
Im Oktober 2012 soff er und zwei Komplizen in der Wohnung seines späteren Opfers.Nachdem er erfahren hatte, dass das Opfer ein Grundstück besaß, verlangte Tschesak, dass das Opfer Schutzgeld in Höhe von 50.000 Rubel zu zahlen hätte. Das Opfer weigerte sich, wurde geschlagen, mit einer Wäscheleine gefesselt und auf den Balkon gebracht. Vom Balkon aus begann er um Hilfe zu rufen. Er wurde in die Wohnung zurück gezerrt, erneut geschlagen und mit einem heißen Bügeleisen die Brust verbrannt, danach flüchteten die Täter.
2019 wurde Tschesak erneut verurteilt - das Zentrale Bezirksgericht von Tula verurteilte ihn wegen Raubes zu 2,4 Jahren in einer Kolonie. Die letzten zwei Monate dieser Strafe verbrachte er im IK-8 in Ischewsk.
Nach seiner Entlassung wurde er unter Verwaltungsaufsicht gestellt: 8 Jahre lang musste er sich zweimal im Monat bei der Polizei melden. Dies tat er unregelmäßig, weshalb er dreimal verurteilt wurde. Vielleicht wurde Tschesak dort dazu überredet, in seinem Alter in den Krieg zu ziehen. Er starb im Alter von 57 Jahren.

Marat Janybekowitsch KurmambajewMarat Janybekowitsch Kurmambajew wurde am 23. November 1988 im kleinen Dorf Jubileiny in der Region Orenburg geboren. Nach der Schule machte er eine Ausbildung zum Fahrzeugmechaniker und arbeitete nach der Armee als Fahrer, Traktorfahrer und Maschienenbediener im örtlichen Landwirtschaftsbetrieb. Mit 24 Jahren heiratete er.
Nach dem Zusammenbruch der Staatsfarm gab es im Dorf keine Arbeit mehr und Marat begann, in andere Regionen des Landes zu reisen, um dort zu arbeiten. Um seine kleine Familie zu ernähren, er hatte eine Tochter und einen Sohn, nahm er jede Arbeit an.
Seiner Familie verschwieg er zunächst, dass er am 22. Juni 2024 einen Vertrag mit dem Militär zum Kriegsdienst abgeschlossen hatte. Bereits am 5. Juli war Marat an der Front im Einsatz und bekam das Rufzeichen "Kasache". Am 8. August 24 war der Krieg für Marat beendet. (Link)

Die Tschetschenen spielen im Krieg gegen die Ukraine eine merkwürdige Rolle. In der Öffentlichkeit trommeln sie zwar lautstark für den Krieg Putins, haben martialische Videos ins Netz gestellt, aber an der Front halten sich die tschetschenischen Einheit zurück. Sie agieren meist als Sperreinheiten, die verhindern, dass die russischen Angreifer zurückweichen. Und wenn sie dann überraschend an die Front geraten, weichen sie schnell zurück. "Wir wollen unser Leute nicht für Russland opfern", soll einer ihrer Kommandeure geäußert haben, als im August 24 ukrainische Einheiten Teile der Region Kursk besetzten.
Folgerichtig sind die Meldungen über tschetschenische Kriegstote rar. Der tschetschenische Machthaber Kadyrow möchte zudem seiner geschundenen Bevölkerung keine großen Opferzahlen zumuten. Man kann also mutmaßen, dass unsere veröffentlichten Zahlen zu Tschetschenien zu niedrig sind.
Wir haben heute einen kurzen Film über eine Ordensverleihung für im Krieg getöteten Tschetschenen aus der städtischen Siedlung Naurskaja (ca 10.000 Bewohner) veröffentlicht.
Wir konnten auf Grund dieses Videos sechs neue Namen nachtragen.

Nikita Sergejewitsch KostrikowNein - Nikita ist nicht der jüngste tote russische Soldat, über den wir hier berichten müssen, aber er steht an zweiter Stelle. Nikita Sergejewitsch Kostrikow, geboren am 27. Mai 2006, kam aus dem Dorf Werch-Sujetka mit etwa 2.000 Bewohnern in der Region Altai. Nikita wurde nach seinem 18. Geburtstag zum Wehrdienst einberufen und wäre Anfang Juni 2025 wieder heil zuhause gewesen.
Aber Nikita wurde ein "cooler" Job in der Computerabteilung einer Aufklärungseinheit versprochen, vielleicht durfte er auch Drohnen fliegen, dazu gab es eine ordentliche Prämie für die Unterschrift und danach ein gutes Gehalt. Da konnte Nikita nicht nein sagen.
Jetzt ist er tot, getötet am 17. September 2024 bei "der Erfüllung seiner Aufgaben", wie es im Nachruf heist. Und er hätte ein "kurzes, aber helles Leben gelebt".

Daniel EngelDer Russlanddeutsche Daniel Engel, geboren am 20.08.1999, hat am 8. Juni 2022 auf einer VKontake-Seite zur Jobsuche folgenden Text inseriert:
"Daniel Engel, wir reinigen Baustellen jeglicher Komplexität! Während der Arbeiten und nach deren Abschluss sind wir für die Sauberkeit der Baustelle verantwortlich, Sie sind für die Kalkulation und Rückmeldung verantwortlich! 150 Rubel m² (rufen Sie 89527923237 oder 89005689342 an)."
Sein Bruder Sergej veröffentlichte am 1. November 2024 folgenden Text: "Bruder, schlaf gut! Und mögest du in Frieden ruhen. Ich vermisse dich sehr, du bist immer in meinem Herzen."

Andrej Andrejewitsch AntonowAndrej Andrejewitsch, 19 Jahre

Wir sind zutiefst betrübt, Ihnen mitteilen zu müssen, dass am 08.11.2024 unser geliebter Sohn, Enkel, Bruder, Neffe, zuverlässiger Freund und Kamerad zahlreicher Freunde und Kollegen, Andrej Andrejewitsch Antonow (geb. 19.03.2005), während der Erfüllung seiner dienstlichen Pflichten, während eines speziellen Militäreinsatzes, durch Mut und Heldentum verstorben ist.
Andrej war der gütigste, ehrlichste und gerechteste, tapferste und mutigste Mensch, eine Stütze für seine Verwandten, ein vorbildlicher Bruder, ein zuverlässiger und aufgeschlossener Freund. Es ist ein unersetzlicher Verlust für unsere Familie und zahlreiche Verwandte, ein schwerer Verlust für Klassenkameraden, Freunde und Kollegen.
Meldung aus Tuwa vom 11.11.24

Igor Sergejewitsch AgafonowIrina aus Ischewsk, der Hauptstadt von Udmurtien, suchte am 7. Oktober öffentlich nach ihrem Sohn. "Ich suche meinen Sohn Igor Sergejewitsch Agafonow, Rufzeichen ist mir unbekannt. Er hat am 16. August 2024 das zentrale Militärregistrierungs- und Einberufungsamt der Stadt Ischewsk verlassen, sich am 17. August 2024 bei mir gemeldet und es mir erzählt. Ab Rostow gab es keine Neuigkeiten mehr von ihm."
Irina wollte eigentlich ihren Sohn von dieser Entscheidung abhalten und ihn nicht gehen lassen - er ist trotzdem gegangen.
Wie zu erwarten war - die Suche ging nicht gut aus. Igor war bereits am 21. September tot. Am 30. Oktober 24 wurde Igor in Ischewsk begraben.

Alexander Igorewitsch BajangujewAlexander Igorewitsch Bajangujew kam aus der Kleinstadt Birjussinsk, die knapp 700 km westlich der Hauptstadt Irutsk liegt. Immerhin - der Ort hat einen Bahnhof an der Transsibirischen Eisenbahn. Alexander wurde am 18.08.2003 geboren und wuchs in einer sozialen Einrichtung auf. Seinen Eltern wurde das Sorgerecht entzogen.
Der Lebensweg solch entwurzelter jungen Leute führt häufig direkt zum russischen Militär. Alexander meldete sich im Juni 2024 freiwillig zum Kriegsdienst und gehörte wohl zu den Soldaten, die mit Motocross-Motorrädern aus dem Versandhaus an der Front agieren. Alexanders Aufgabe war es Nachschub an die Front zu bringen und Verwundete dort abzuholen. Bei einem Sturz brach er sich zwei Zehen, nach einem Tag im Krankenhaus musste er zurück zum Kriegseinsatz. Am 10. Oktober 2024 war sein junges Leben beendet. (Link)

Roman Olegowitsch ZaitschkinRoman Olegowitsch Zaitschkin, 20 Jahre alt, kam aus dem Bezirk Sorokinsky mit weniger als 10.00 Bewohnern in der westsibirischen Region Tjumen. Er unterschrieb im Juli 2024 einen Vertrag mit dem russischen Militär, bereits am 15. August war er tot. Am 25. Oktober wurde er in seiner Heimat beigesetzt.
Die Bezirksverwaltung fabulierte im Nachruf: "Mit Ehre und Würde, mit Standhaftigkeit und Mut versuchte er unter Einsatz seines Lebens, Frieden und Ruhe in unserem Land zu bewahren.
Solche Sätze mögen dem autoritären russischen System geschuldet sein, doch unverständlich ist, dass in den zahlreichen Nachrufen und Komentaren zu Romans Tod, niemand die einfache Frage gestellt hat: Was ist das für ein Militär, das einen 20-jährigen Jungen ohne Erfahrung mit Krieg innerhalb weniger Tage/Wochen in den Tod geschickt hat?

Juri Wiktorowitsch Teptsow Juri Wiktorowitsch Teptsow, 42 Jahre, kam aus dem Kurort Gorjatschi Kljutsch in der Region Krasnodar. Und richtig - im Stadtgebiet lag auch mal das militärische Trainingsgelände der Gruppe Wagner. Doch damit hatte Juri nichts zu tun. Er war ganz einfach in den Krieg gegen die Ukraine gezogen und hat ihn nicht überlebt.
Doch niemanden interessierte das, so hat seine Tante auf VKontakte am 25. Oktober 24 angekündigt, dass Juri am kommenden Tag beigesetzt würde. "Er war ein freundlicher Mann, auch wenn nicht alles im Leben gut lief," schrieb die Tante.
Eine schnelle Suche brachte wenig Erhellendes über Juri, aber es gab ein Urteil des Stadtgerichts von Gorjatschi Kljutsch. Danach war Juri am 26. Februar 2021 ganz ohne Corona-Schutzmaske in ein Lebensmittelgeschäft am Ort zum Einkaufen gegangen. Das Gericht verhängte eine Strafe vom 1.000 Rubel.
Offensichtlich scheint Juri aber kein prinzipielles Problem mit Masken gehabt zu haben, denn an der Front ließ er sich gerne mit Maske ablichten.

Aidasch Andreewitsch Hertek Unser geliebter Mann, der geliebte Sohn seiner Eltern, der geliebte Bruder seiner Schwestern, der ältere Bruder seiner Schwestern, der ältere Onkel seiner Tanten, der enge Freund vieler Verwandter, Freund von Freunden und Klassenkameraden, Aidasch Andreewitsch Hertek, wurde am 04.03.1999 geboren.
Er unterschrieb mutig seinen Militärvertrag, um sein Land zu verteidigen.
Wir sind zutiefst betrübt, seinen Verwandten und Freunden mitteilen zu müssen, dass er verstorben ist, während er furchtlos und heldenhaft seine militärischen Pflichten in einer speziellen Militäroperation erfüllte.
Aidasch ist einer von etwa 60 Tuwiner, die im Oktober 24 in ihrer Heimat begraben wurden.

Sergej Gennadjewitsch TscherwowSergej Gennadjewitsch Tscherwow, geboren am 23.06.1978, wurde am 26. Oktober 24 im Bezirk Cholmogory in der Region Archangelsk beigesetzt.
Sergej hatte sich am 9. September 23 freiwillig zum Kriegsdienst in der russischen Armee gemeldet. Statt der üblichen Sprechblasen - Verteidiger des Vaterlandes, Kampf gegen Nazis, Ruf seines Herzens - nennt die Bezirksverwaltung den wirklichen Grund für Sergejs Entscheidung:
Sergej war arbeitslos, verdiente kein eigenes Geld und kümmerte sich stattdessen um den Haushalt, während seine Frau arbeitete. Aus dieser finanziellen Not heraus zog Sergej in den Krieg. Sein Tod brachte seiner Familie dann einen Geldregen - zwischen fünf und sieben Millionen Rubel.

ZinkowDie Familie Zinkow kommst aus Donezk in der Region Rostow und ihre Geschichte ist eng mit Russlands Krieg gegen die Ukraine verbunden.
Andrej Zinkow, 19 Jahre alt, war Panzerfahrer in der russischen Armee. Anfang Oktober 2022 wurde sein Fahrzeug von einer ukrainischen Panzerabwehrgranate getroffen, sein Panzer brannte völlig aus, Andrej hatte keine Überlebenschance (Unsere Liste, Pos. 128).
Vater Juri Zinkow, 45 Jahre, suchte Rache und meldete sich daraufhin freiwillig an die Front. Ende Oktober 2023 wurde der Mann schwer verletzt, kam in ein Krankenhaus bei Rostow und danach in eine Einrichtung in St. Petersburg. Am 18. Januar 2024 starb er an seinen Verletzungen (Unsere Auflistung, Pos. 875).
Der älteste Sohn Alexander Zinkow, geboren am 19.07.2002, hat aus all diesen Erfahrungen seiner Familie nichts gelernt. Er meldete sich ebenfalls freiwillig zum Kriegsdienst, heiratete zunächst und zog im August 2024 an die Front. Am 19. Oktober 2024 beendete eine Gewehrkugel sein Leben (Link).

Alexej Gennadjewitsch BojtsowAlexej Gennadjewitsch Bojtsow war so ein entbehrlicher Soldat, nur als Kanonenfutter geeignet. Er wurde am 14. September 1981 geboren und kam aus dem Dorf Kusnezkowo in der Region Twer, das 2010 noch 143 Einwohner hatte. Die Hauptschule hat er nicht geschafft, dafür den Wehrdienst und danach gab es nichts mehr über ihn zu berichten, er hatte auch keine Familie.
Dafür unterzeichnet Alexej im September 2023 einen Vertrag mit dem Militär und wurde bereits am 30. November 2023 getötet. Bei solch unwichtigen Menschen dauert dann auch die Heimreise - am 29. Oktober 24 wurde er bestattet. Das Begräbnis fand im Nachbardorf Sloboda statt, das im Jahr 2010 noch genau 0 Bewohner aufwies.

Ratibor Wladimirowitsch JaungatLeider konnten wir das Alter von Ratibor Wladimirowitsch Jaungat nicht in Erfahrung bringen. Ratibor stammte aus der Umgebung von Salechard, der Hauptstadt des Autonomen Kreises der Jamal-Nenzen. Im Jahr 2024 hatte er sich beim russischen Militär verpflichtet und war Drohnenpilot in der Armee.
Man kann annehmen, dass auch Ratibor ein geschickter Zocker beim Spiel mit dem Computer war und so war der Umgang mit Drohnen für ihn nur logisch. Doch am Computer mag sein Motto in seinem Status bei VKontakte Gültigkeit haben - Leben, Sterben und das Ganze noch einmal.
Im Krieg dagegen gibt es kein weiteres Mal - Ratibor wurde am 22.10.24 in Salechard begraben.

Alexej Truchatschow

Alexej Truchatschow, ein 46-jähriger Einwohner des Dorfes Zarechje, ist im Krieg in der Ukraine gefallen, berichtet der "Pitschewski Vestnik". Der Mann unterzeichnete am 25. April 2024 freiwillig einen Vertrag.
"Oft sagte er, dass er in den Kampf gegen die Nazis ziehen würde. Er hatte einen hartnäckigen, entschlossenen Charakter. Es war nicht leicht, ihn jedes Mal davon abzubringen“, sagte seine Frau Nadeschda.
Truchatschow starb am 9. Juni in der Region Luhansk während eines Beschusses. Die Militäreinheit, in der er diente, erklärte, dass „eine Evakuierung des Leichnams nicht möglich ist“.
Eine Telegram-Meldung aus Tambow vom 21.10.24. Zur Erläuterung - Alexej gehörte zu den Sturmtruppen, die mit hohen Verlusten gegen die ukrainischen Stellungen anrennen. Die Toten bleiben dann auf dem Feld liegen, denn diese Verluste jener entbehrlichen Soldaten zählen bei der russischen Armee sehr wenig.

Auch die scheinbar unerschöpflichen Reserven an schwerem Gerät werden manchmal knapp in der russischen Armee. Deshalb rüstet das Militär seine Angriffseinheiten neuerdings mit billigen Motocross-Rädern aus chinesischen Versandhauskatalogen aus (Alibaba - AliExpress). Eine neue Form der Kavallerie wurde so geschaffen.
Die Todesrate unter solch ungeschützt fahrenden Soldaten ist entsprechend groß. Ein aktuelles Beispiel:
Ein Mann aus Transbaikalien ist bei der SWO (speziellen Militäroperation) ums Leben gekommen. Er hat eine Frau und einen einjährigen Sohn zu Hause.
Wladislaw Fomin war 29 Jahre alt, er wurde in Tschara geboren. Der Mann besuchte die erste Schule und arbeitete dann im zentralen Bezirkskrankenhaus und bei den „Wohnungs- und Versorgungsbetrieben von Tschara“. Wladislaw starb am 6. September.

Wladislaw Fomin

Wenn ein russischer Soldat im Krieg in der Ukraine getötet wird, zahlt der russische Staat den Hinterbliebenen fünf Millionen Rubel Entschädigung (etwa 50.000 €) - im Volksmund wird das Sarggeld genannt. Manche Regionen fügen weitere Entschädigungszahlungen hinzu.
Der 44-jährige Fjodor Bulgakow aus Rjasan gehörte wahrscheinlich auch zu den Opfern jenes ukrainischen HIMARS-Angriffes auf eine russische Wagenkolonne bei Kursk in der Nacht vom 8. auf 9. August 2024 - zumindest ist er in jener Nacht getötet worden.
Seine Frau hatte deshalb einen Antrag auf Entschädigung an die örtlichen Behörden gestellt. Die lehnten allerdings eine Auszahlung des Sarggeldes ab. Denn jene Entschädigung würde nur jene Angehörigen ausbezahlt, die in der Ukraine gefallen wäre. Fjodor dagegen wäre in Russland getötet worden und diese Region gehöre nicht zur Zone der "speziellen Militäroperation". Link
OM, 3.11.24

Am 19. Oktober 24 wurde der Soldat Artur Isjanbajew im Dorf Asikejewo, Bezirk Belorezk (Baschkortostan), auf seine letzte Reise geschickt, berichtet die Bezirksverwaltung. Artur wurde 1976 geboren.
Am 10. April 2024 verließ er das Gefängnis als Sturm-V Soldat und wurde an die Front geschickt. Er war ein Granatenwerfer in einer Angriffseinheit. Er starb am 7. Juni 2024. Artur Isjanbajew hinterlässt vier Kinder.
Telegram, 20.10.24

Artur Isjanbajew

Oleg Kowal aus Rjasan war in einem örtlichen Metallkeramikwerk als Abteilungsleiter für die Zulieferungen verantwortlich. Im Jahr 2017 wurde er festgenommen und wegen gewerbsmäßiger Bestechung in besonders großen Umfang sowie wegen Amtsbetrugs angeklagt.
Im Mai 2024 wurde Kowal zu sechs Jahren strenger Haft verurteilt. Das Urteil sah außerdem finanzielle Verpflichtungen in Höhe von 17 Millionen Rubel vor, mit einem verbindlichen Rückzahlungsplan - jeweils 500.000 Rubel pro Monat.
Es war sofort klar, dass Oleg Kowal sich solche Zahlungen aus dem Gefängnis heraus nicht leisten und daher nicht mit einer Bewährung rechnen konnte.
Im Lager unterzeichnete Oleg einen Vertrag zum Kriegsdienst im russischen Militär - mit erwartbarem Ausgang. Am 21. Oktober 24 wurde Oleg In Rjasan begraben.

Oleg Kowal

Aleksej Janik kam aus dem Dorf Ust-Belaja im Automomen Kreis der Tschuktschen. Das Dorf ist das Zentrum einer großen Rentierzuchtfarm mit etwa 600 Bewohnern. Im kurzen Sommer kann man es innerhalb von 2-3 Tagen mit dem Schiff erreichen, sonst bleibt nur die Anreise mit dem Hubschrauber.
Alexej, geboren am 25. Juli 1993, hatte den Beruf eines Schweißers erlernt und arbeitete in der Region. Auch Alexej wollte einmal in seinem Leben viel Geld verdienen und schloss im Jahr 2024 einen Vertrag mit dem russischen Militär. Aus gutem Grund nennt die Nachrichtenagentur aus Tschukotka kein genaueres Vertragsdatum. Auch Alexejs Vertrag hatte eine kurze Laufzeit, Anfang Oktober 24 wurde er getötet. Er soll in den dortigen Kohlegruben beigesetzt werden.

Alexej Janik

Wenn die Meldungen über russische Kriegstote mit Gedichten verziert werden, dann hat man wenig Lust weiter zu lesen. Es sind meist holprig formulierte Machwerke, die versuchen, den banalen Tod eines Soldaten mehr oder weniger kunstvoll zu überhöhen.

Aber manchmal findet man auch ein interessantes Gedicht:

Es kam eine Vorladung zum Einberufungsbüro des Militärs,
Ich lege mich hin und höre meine Frau
Mit der ganzen Familie teilt sie meine Haut
Ich wurde im Kampf getötet.

Meine Frau und Schwiegermutter drängen mich -
Geh zum Einberufungsamt!
Sie packen meinen alten Rucksack,
Einen Laib Brot, einen Becher, einen Doschirak*.

Ergeben Sie sich nicht törichterweise!
Und verschwinden Sie nicht!
Sorgt dafür, dass die Leiche ordentlich verarbeitet wird!
Sieh zu, dass wir unsere Särge** bekommen!

Was für ein Witz, sieben Millionen!
Wir werden alles kaufen, was wir wollen!
Wir werden unsere Kredite abbezahlen!
Und im Sommer fahren wir alle auf die Krim!

Meine Frau schreit: Ich werde ein Auto kaufen!
Mein Sohn will einen Motorroller,
und mein Schwiegervater will ein neues Gewächshaus
Und eine Schnapsbrennerei.

Und mein Schwiegervater schreit: Sei ein Held!
Du wirst der erste sein, der angreift!
Und da wurde mir endlich klar
wie viel ich meiner Familie bedeute.

* russische Instantnudeln

** Sarggeld, staatliche Auszahlung für toten Soldaten

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