Sergej Wladimirowitsch und Evgeny KhudyakovEin Verbrechen des Tschetschenienkrieges , das damals großes Aufsehen erregt hatte, wird im Ukrainekrieg wieder aktuell. Angeklagt waren damals zwei junge russische Leutnants, deren Verurteilung von Ramsan Kadirow lautstark eingefordert worden war.

Am 15. Januar 2003 während des zweiten Tschetschenienkrieges errichtete eine Gruppe von russischen Geheimdienstoffizieren eine Straßensperre im Bereich des Flughafens von Grosny. Die Soldaten sollen betrunken gewesen sein und trugen grüne Gesichtsmasken. Es kam zu brutalen Übergriffen auf die vorbei fahrenden Einheimischen.

Schließlich hielt die Soldateska einen KamAZ-LKW an, in dem drei Bauarbeiter saßen - Said Yangulbaev, Abdulla Dzhambekov und Nazhmudi Khasanov. Die Festgenommenen mussten aussteigen, sich auf den Boden legen und wurden von den Soldaten mit Kopfschüssen getötet. Danach wurde der LKW mit den Leichen an den Straßenrand gefahren, mit Benzin übergossen und angezündet.

Es kam zu einem Gerichtsprozess bei dem zwei russische Leutnants angeklagt wurden. Sergej Wladimirowitsch Arakcheev (geb. 1981, Foto links) und Evgeny Sergeevich Khudyakov (geb. 1979, Foto rechts) besaßen noch nicht lange ihr Offizierspatent, hatten positive Beurteilungen ihrer Führung, waren ohne Vorstrafen und hatten bereits Auszeichnungen erhalten. Beide wurden im Verfahren freigesprochen. Die tschetschenische Öffentlichkeit forderte Schuldige an dem Verbrechen, besonders hervor tat sich Ramsan Kadirow, der auf Repressalien bestand.

Wegen Verfahrensfehlern kam es zu einem zweiten Prozess, bei dem die Angeklagten wieder freigesprochen wurden. 2006 hob der Oberste Gerichtshof den Freispruch erneut auf, es gab einen dritten Prozess vor einem Einzelrichter. Dort kam es schließlich zu der von den Tschetschenen gewünschten Verurteilung. Im Dezember 2007 wurden Arakcheev und Khudyakov zu 17 bzw. 15 Jahren Haft verurteilt. Arakcheev kam in Haft, Khudyakov war beim Urteil nicht anwesend und blieb verschwunden. Viele politische und mediale Kommentatoren des Falls sehen darin ein russisches Analogon zur Dreyfus-Affäre.

Erst im März 2015 entschied das Nordkaukasus-Militärgericht, dass Arakcheev, nachdem er in zwei Anklagepunkten (Artikel 162: Körperverletzung und Raub, Artikel 286: Amtsmissbrauch) freigesprochen worden war, ein Anrecht auf Entschädigung und Entschuldigung hätte.

Was aus Khudyakov wurde war lange nicht bekannt. Er wurde wohl Jahre später festgenommen. Angeblich wäre er in einer Kolonie bei Nischni-Tagil, Oblast Swerdlowsk gefangen. Doch dort wusste man nichts von seiner Anwesenheit und man solle besser auch nicht fragen.

Evgeny Khudyakov ist am 10.09.2022 in der Ukraine im Krieg gefallen. Ob er sich via der Gruppe Wagner und deren Soldatenakquisition in den russischen Gefängnissen seine bedingte Freiheit erkauft hat, ist unbekannt.

Foto Arakcheev - Urheber: Vasily Deryugin - CC BY-SA 3.0