Die Webseite rotglut.org von Jörg Reinholz aka fastix ist nicht mehr erreichbar. Wer exakt die Schließung veranlasst hat, ist im Moment nicht sicher. Sicher aber ist, dass die Abschaltung seiner Seite einen Tiefpunkt in der jungen Geschichte des deutschsprachigen Internets darstellt. Die berechtigte Kritik von Fastix am unsäglichen Treiben einiger Geschäftemacher im Internet wird augenscheinlich durch gerichtliche Scharmützel auf Nebenkriegsschauplätzen unterdrückt. Ein Fall von offensichtlicher Zensur.

Die Gullis, Dolzers, Hyros, Consilieres und Schmidtleins verbindet eine lange Geschichte von dubiosen Geschäftspraktiken im Internet. Diesen Strukturen hat sich Jörg Reinholz mit ganzer Macht entgegen geworfen. Manchmal vielleicht ungeschickt, zu ungestüm und vielleicht mit einem Schuss Sektierertum hat er auch um Nebensächlichkeiten gerungen. Auf gut gemeinte Ratschläge in Sachen Vorgehensweise hat er selten gehört.

Nach diversen Verlautbarungen soll Jörg Reinholz Ende letzter Woche verhaftet und zur Vollstreckung einer Ordnungshaft in staatlichen Gewahrsam genommen worden sein. Seit heute ist auch seine Webseite rotglut.org nicht mehr erreichbar.

Wer heute im Internet als identifizierbare Person auftritt und sich kritisch äußert, sollte finanziell gut abgesichert sein. Denn selbst dann, wenn er presserechtlich alles richtig macht, geht er hohe Risiken ein. Die Sache fängt für Privatpersonen schon mit der Wahl der Gerichte an. Die Gegner können den Gerichtsstand frei in Deutschland wählen. In Pressesachen landet die Angelegenheit sowieso vor dem Landgericht. Da ist ein Anwalt Pflicht. Man hat also zunächst nur Kosten: Eine weite Fahrt zu einem Gericht irgendwo in Deutschland, ein fremder Anwalt, den man sich dort engagieren muss. Denn die Fahrt des heimischen Rechtsvertreters ist in der Regel viel zu teuer. Das alles kostet und meist bleibt man trotzdem auf einem Teil der Kosten sitzen. Die Gerichte neigen dazu, die Kontrahenten in Vergleiche zu zwingen.

Durchschaubare Regeln gibt es sowieso nicht - neben Internetrecht, Presserecht, Urheberrecht, Strafrecht kann man auch mal wegen Wettbewerbsrecht vor den Kadi gezerrt werden. Wer als Laie will das alles durchschauen, selbst Fachleute können da ins Straucheln kommen. Das Internetrecht selbst ist noch jung – was in Hamburg möglicherweise verboten ist, erlauben unter Umständen Gerichte in Stuttgart.

Kritische Internetschreiberlinge machen zudem keine Gewinne mit ihren Webseiten, haben keine Einnahmen durch ihre Arbeit. Die Kontrahenten dagegen verdienen mit ihren umstrittenen Geschäftsmodellen eine Menge. Und haben ein großes, finanzielles Interesse daran, ihre Kritiker mundtot zu machen. Man kämpft also mit ungleichen Waffen. Die einen können Anwaltskosten als Geschäftsausgaben absetzen, für die anderen sind das Existenz bedrohende Ausgaben.

In diese Falle ist Fastix aka Jörg Reinholz auch geraten. Von seinen Gegnern wurde er mit zahlreichen Abmahnungen belegt und in Prozesse gezwungen – meist ging es dabei nicht um die hauptsächliche Tendenz seiner Beiträge, sondern um Aussagen am Rande und um Stilfragen. Auch wenn er formal nicht immer das Richtige gemacht hat, meist lag er mit seinen Recherchen inhaltlich richtig. So versuchte man ihn systematisch in den Ruin zu treiben - durch zahllose Prozesse auf Nebenkriegsschauplätzen.

Trotzdem - Fastix hat auf die Richtigen eingehauen, mit allem was ihm zur Verfügung stand. Auf die Dialerabzocker, auf die Webseiten-Kostenverschleierer, auf die Porno-Linker und auf deren Anhang - einschließlich deren selbstgefällige Rechtvertreter. Die haben jetzt - vorläufig- ihr Ziel erreicht - rotglut.org ist vom Netz. Die Texte, die sich kritisch mit ihrem Wirken befassen, sind aus dem Internet verbannt.