Image Chillingeffects ist ein Projekt der Electronic Frontier Foundation zusammen mit einigen amerikanischen Universitäten. Auf der Webseite werden Zensurmaßnahmen im Internet mittels Unterlassungsanordnungen dokumentiert. Google z.B. leitet alle eingegangenen Verfügungen an diese Webseite weiter. Trauriger Spitzenreiter ist dabei Deutschland – in den letzten vier Monaten verzeichnete die Webseite insgesamt 83 Zensurbemühungen, mehr als ein Drittel (30) davon kommt aus Deutschland. In allen dokumentierten Fällen soll Google Webseiten aus seinem Suchindex entfernen.

Die eingegangen Zensurmaßnahmen werden zwar akribisch dokumentiert, doch die wichtigsten Informationen erfährt man nicht. „Complaint alleges German court order“, heißt es bei ChillingEffects zum Beispiel – übersetzt etwa „vorgetragene Beschwerde auf Grund einer gerichtlichen Verfügung“. Und klickt man auf den Link, dann wird man auch nicht schlauer: „ Am 3. März 2006 erhielt Google eine Nachricht über eine Webseite im Google-Index, die angeblich einen deutschen Gerichtsbeschluss verletzen würde. Als Reaktion auf diese Eingabe, hat Google die Webseite entfernt.“

Solch eine Information ist völlig unnütz. Man erfährt nicht um welche Webseite es sich handelt, welches Gericht auf Basis welchen Gesetzes geurteilt hat, noch wer die Beschwerde bei Google eingereicht hat. Schaut man sich die anderen Verfügungen in den letzten vier Monaten an, dann gibt es teilweise auch etwas genauere Informationen. Ein paar Webseiten wurden wegen angeblicher Pornografie (§184 StGB) aus dem Index genommen, einige andere wegen verfassungswidriger Propaganda (§86 StGB) oder wegen Volksverhetzung (§130 StGB) nicht mehr gelistet.

Damit das deutlich wird – in all diesen Fällen wurde nicht die Webseite geschlossen, sondern deren Inhalte werden auf Grund der Verfügung bei Google bei einer Suche nicht mehr aufgeführt. Immerhin dokumentiert die Suchmaschine solche Zensurmaßnahmen. Bei der Auflistung der Suchergebnisse erfährt man am Ende jeder Seite: „Aus Rechtsgründen hat Google x Ergebnis(se) von dieser Seite entfernt. Weitere Informationen über diese Rechtsgründe finden Sie unter ChillingEffects.org.“

Nun kann man einwenden, dass es bei den meisten der gelisteten Seiten nicht schade ist, wenn diese aus dem Suchindex verschwinden. Bei der verfassungswidrigen Propaganda und der Volksverhetzung handelt es sich in den überwiegenden Fällen um Naziseiten - um die brauen Soße der ewig Gestrigen, die dort ihre Lügen (Leugnen des Holocaust etc) oder ihre verschwurbelten Ideen zum Besten geben. Und auch bei den meist kommerziellen Porno-Anbietern hält sich unser Mitleid in engen Grenzen. Wahrscheinlich wurden in einigen Fällen die Altersverifikation „vergessen“.

Doch es gibt auch gänzlich andere, besser dokumentierte Fälle. Im Laufe des letzten Jahres gab es eine Auseinandersetzung zwischen dem Förderverein für eine freie informationelle Infrastruktur e.V und der Firma Nutzwerk GmbH. Hintergrund der Auseinandersetzung war eine Informationsseite des Vereins über Patentauseinandersetzungen zwischen Nutzwerk und Mitkonkurrenten unter der Adresse nutzwerk.ffii.org. Gegen diese Seite hatte Nutzwerk einige gerichtliche Verfügungen erwirkt. Nach Angaben des FFII-Vorsitzenden Hartmut Pilch hätte Nutzwerk seit Mitte Juni bei Google insistiert, die Inhalte unter nutzwerk.ffii.org (Seite inzwischen nicht mehr verfügbar) aus dem Index zu nehmen. Ende September hätten dann die Eingaben Wirkung gezeitigt und die Seiten wären aus dem Index entfernt worden. Nach Pilch wäre es äußerst schwierig, diese Entscheidung zu revidieren.