Wieder mal wurde ein Forenbetreiber abgemahnt. Ein Mitglied hatte einen Beitrag mit einem Cartoon illustriert, den er per Link von der Seite einer Frankfurter Zeichnerin übernommen hatte. Solch eine Praxis ist besonders in so genannten Plauderforen gang und gebe, wo von den Nutzern mangelnde sprachliche Ausdrucksfähigkeit durch aus dem Netz übernommene Zeichnungen und Bilder ersetzt wird. Nach Angaben des Domain-Inhabers, flatterte ihm ein anwaltliches Schreiben ins Haus – er soll für die Zeichnung 200 Euro und zusätzlich fast dieselbe Summe an Anwaltsgebühren bezahlen. Offensichtlich kein Einzelfall – der betroffene Betreiber fand noch weitere abgemahnte Foren.

Es ist gängige Praxis auf unzähligen Foren im Internet – statt langer Worte übernimmt man im Netz gefundene Fotos, Karikaturen, Zeichnungen und Logos zur Illustrierung. Mal werden die Bilder per Attachment auf den Forenserver gebeamt, mal werden sie auf kostenlosem Webspace zwischengelagert, mal verlinkt man direkt auf sie. Die Technik des Internets lässt das zu – es ist völlig egal, wo Fotos, Bilder oder Karikaturen herkommen. Durch das Verlinken kann man diese so darstellen, als ob sie direkt auf dem eigenen Webserver gespeichert worden wären (Inline-Links).

All diese Fundstücke aus dem Netz sind in der Regel nicht zur allgemeinen Verwendung freigegeben – sondern unterliegen ab einer gewissen Schöpfungshöhe dem Urheberrecht. Wer sie verwenden will, braucht dazu die Zustimmung des Rechteinhabers. Und müsste dafür in der Regel bezahlen. Doch die Praxis ist eine Andere – eine Vielzahl von Nutzern bedient sich an den Fundstücken der Google-Bildersuche oder schlachtet Sammlungen mit Illustrationen aus.

Im jetzt vorliegenden Fall soll nach eigenen Angaben das talk-2002-Forum abgemahnt worden sein. Konkret soll ein Mitglied einen Link auf eine gefundene Zeichnung bei cartoon-it veröffentlicht haben. Diese Praxis sei durch eine Anwaltskanzlei abgemahnt worden, der Seiteninhaber solle dafür 200 Euro Schadensersatz und 192,90 Euro Anwaltskosten bezahlen. Eine Internetrecherche der Forenadministratorin hat weitere, in der letzten Zeit betroffene Internetforen ergeben – das shisha-forum, partysplash und meerschwein.

Während talk-2002 inzwischen einen Anwalt eingeschaltet hat, haben die anderen drei Betroffenen eine Unterlassungserklärung abgegeben und die verlangten Summen bezahlt. Alle Betroffenen waren im Übrigen der Meinung, dass sie eindeutig im Unrecht gewesen wären und die Abmahnung zu Recht erfolgt wäre. Auch wenn ein einfaches eMail genügt hätte, um den Cartoon oder den Link zu entfernen.

Schauen wir uns mal die Rechtslage an - es gibt dazu ein paar eindeutige Aussagen von Anwälten im Internet. Die genannte Praxis stelle eine Verletzung des Urheberrechts dar. Nach § 15 stehen dem Urheber das alleinige Recht zur Vervielfältigung, Verbreitung & Ausstellung zu. Und schließlich entstünde durch die Verlinkung auf die Originalseite dem Betreiber zusätzlicher Traffic, der extra bezahlt werden müsse. Solch ein „Traffic-Klau“ wäre inakzeptabel, also käme noch ein Vergehen nach § 242 Strafgesetzbuch hinzu – Diebstahl.

Doch ganz so eindeutig ist die Rechtslage in Falle des bloßen Verlinkens nicht. Tatsächlich gibt es in Deutschland kein Urteil einer höheren Instanz, das jenes Inline-Linking als einen Verstoß gegen das Urheberrecht wertet. Man könnte argumentieren, dass es das Wesen des Internets ist und dessen Einzigartigkeit ausmacht – nämlich verschiedene Informationsquellen zueinander in Bezug zu setzen. Wer das nicht will, sollte sich von diesem Medium fern halten. Zum anderen verbleiben alle Verfügungsrechte am geschützten Werk beim Urheber - er stellt die Dateien auf seinen Webserver und kann die Art der Zugriffe darauf durch diverse Einstellmöglichkeiten regeln.

Und auch der so genannte Traffic-Klau ist in der Regel eine vernachlässigbare Größe. Wessen Webpräsenz nur über eine geringe Bandbreite verfügt, kann effizient über html, Scripts, Flash oder htaccess seine Bilder vor dem externen Verlinken oder Downloaden schützen. Die Sache als Diebstahl einzuordnen, ist völlig absurd. Dann könnte im Umkehrschluss jeder Internetnutzer, der mit einem Modem ins Netz geht, einen Seitenbetreiber verklagen. Weil der zum Beispiel ein Werbe-PopUp dort untergebracht hat. Das war nicht gewünscht, braucht zusätzliche Ladezeit, verlängert deshalb seine Zeit im Internet und schlägt sich so auf der Telefonrechnung nieder. Völliger Quatsch - jeder der sich im Internet bewegt, muss sich auf die dortigen Gepflogenheiten einstellen.

Und schließlich gilt für Forenbetreiber auch noch die Norm, dass Diensteanbieter gerade nicht dazu verpflichtet seien, die von ihnen nur übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen. Erst nach Kenntnis muss der Administrator bei potenziell rechtswidrigen Beiträgen handeln. Eine Abmahnung kann erst dann erfolgen, wenn er informiert wurde und nach einer kurzen Frist immer noch nichts passiert ist.

Aber zurück auf den Boden der Realität - Betreiber von nicht kommerziellen Internetforen werden das Kostenrisiko scheuen, das ein gerichtliche Klärung über mehrere Instanzen mit sich bringen würde. Ein privater Rechtsschutz hilft da auch nicht weiter - der klammert das Urheberrecht gewöhnlich aus. Tatsächlich helfen könnte hier ein Rechtshilfefonds, der forenübergreifend aufgebaut wird und dann einspringt, wenn Forenbetreiber unverschuldet in die Bredouille kommen. Um Prinzipienreiterei kann es allerdings auch nicht gehen.

Und für Forenbetreiber gilt - das eigene Forum abmahnsicher zu machen. Also mal das Board auf Links, Avatare und Attachments durchsuchen und evtl. bedenkliche Inhalte löschen.