Am ersten April darf ein jeder sein Späßchen machen: Die Belegschaft den Boss etwas ärgern, die Tageszeitungen dürfen ihrer Phantasie freien Lauf lassen und selbst
der seriöse Nachrichtensprecher in der ARD hat an diesem Tag einen Gag frei.
Blöd allerdings dass dieses Jahr der erste April auf einen Feiertag fiel, da
konnte man lediglich den Ehegatten oder den Nachbarn veräppeln. Oder man war
Webmaster bei einem Internetprojekt. Diese haben ja auch Feiertags geöffnet und
dort finden solche Scherze auch dankbare Abnehmer.
Gut gelungen war die kleine Revolution, die der Administrator
Kaervek gegen Boardchef
Gulli angezettelt hatte. Das
Board präsentierte sich im neuen
Kaervek-Layout, die eMail-Benachrichtigungen hatten Kaervek als Absender und
selbst die URL http://board.kaervek.com
führte zum Ziel. Als schließlich die Boardies ob der Machtübernahme allmählich
unruhig wurden und anfingen die Revolution für bare Münze zu nehmen, blies man
die Aktion schnell ab und kehrte zum gewohnten Outfit zurück. Dagegen wirkte der
Scherz der WbC-Macher
eher wie drittklassiges Bauerntheater, war niemals irgendwie witzig und dürfte
sich als virtueller Bumerang erweisen. Was war passiert: Alle Mitglieder, die am ersten April das WbC aufsuchen
wollten, wurden durch eine Mitteilung der
Business Software Alliance (BSA) begrüßt, dass das Board auf
Veranlassung dieser Organisation geschlossen worden wäre.
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Etwas später war dann die WbC-Seite ganz tot und selbst bei einer Überprüfung
mit einem Trace-Tool meldete sich nichts und niemand mehr unter der WbC-Adresse
- Host unreachable. Inzwischen gingen die ersten eMails bei den
Boardnachrichten ein. Mitglieder fragten nach dem Stand der Dinge, ob jemand
genaueres wüsste und völlig Unbekannte fragten sogar per Telefon nach.
Tatsächlich griff bei einem Teil der Boardmitglieder eine starke Verunsicherung
um sich. Im Chat wurde kolportiert, dass WbC-Chef
Computer verhaftet worden wäre und Hausdurchsuchungen bei anderen
Administratoren stattgefunden hätten.
Das alles genügte noch nicht. Kurz vor fünf Uhr trudelte ein eMail bei allen
Mitgliedern des Boards ein. Unter dem Betreff "Leider kein Scherz" kamen
schlechte Kunde:
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Hi,
aufgrund der geforderten Herausgabe von allen verbindungsrelevanten
Informationen durch die Staatsanwaltschaft Braunschweig und mehreren
Hausdurchsuchungen sowie vorläufigen Festnahmen eines Administrator´s und 4
Moderatoren bleibt dieses Board auf unbestimmte Zeit geschlossen.
Aufgrund der vorläufigen Beschlagnahmung aller Log-, Backup- sowie der aktuellen
Datenbankdateien durch die Polizei Bielefeld ist mit einer Sichtung dieser Daten
und einer damit verbundenen weiteren Fahndungskette zu rechnen. Wir raten daher
jedem, der das Board ohne geeignete Selbstschutzmittel, wie beispielsweise einem
anonymen Proxy benutzt hat, zu entsprechenden Massnahmen, sich einem nun
drohenden Zugriff durch die jeweiligen Behörden entziehen zu können.
Ich hoffe das alles nicht so schlimm wird.Heise News wird in kürze weitere
Details veröffentlichen, auf mein bitten hin halten Sie den Artikel
http://64.239.19.31/art20fg340sd01042002wbc.htm
noch bis morgen früh zurück.
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Danach ging der Ansturm nach weiteren Informationen erst richtig los. Die
Boardnachrichten erlebten einen Besucheransturm, im Chat wurde noch wilder
spekuliert. Gegen 20:30 h öffnete schließlich das WbC wieder die Pforten und
erlebte eine wahre Besucherflut die den Server zum Erbeben brachte. Alles
stellte sich als schlechten Scherz der Boardführung heraus.
In einem Monsterthema brach dann der Unmut der Mitglieder heraus. Mit 230
Beiträgen zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels zeigten die Benutzer,
dass die WbC-Macher doch weit über das Ziel hinaus geschossen waren. Nur ein
Viertel der Diskutanten fand die Aktion gelungen, eine zwei Drittel Mehrheit
dagegen verurteilte diesen Scherz mehr oder weniger deutlich. Reichlich
überheblich wirkte der Beitrag von Boardchef Computer,
der die Tatsche, dass einige Mitglieder CDs und Festplatten zerstört hatten, nur
lapidar kommentierte: "so bist Dein
altes gelumpe wenigstens mal los geworden!" Etwas konzilianter war da
Urmelchen, die darauf verwies, dass
Gulli im letzten Jahr eine ähnliche Aktion
gestartet hatte. Dieses Argument zählt allerdings überhaupt nicht, denn seit dem
letzten Jahr ist einiges passiert. Die Aktion des FBI kurz vor Weihnachten
zeigte, dass inzwischen international nach Raubkopierern gefahndet wird. In
dieser aufgeladenen Atmosphäre werden solche "Späße" von Mitgliedern anders
aufgefasst.
Das zeigt auch die
Reaktion des ehemaligen Sponsors des WbC Klaus
Marwede. Dieser hat noch am selben Abend Selbstanzeige gegen sich bei
der Kriminalpolizei Braunschweig erstattet und damit einen Stein ins Rollen
gebracht, der vielleicht zum Auslöser einer richtigen Lawine wird. Inzwischen
hat dieser Sponsor zwar den Versuch unternommen, die Sache als Aprilscherz
rückgängig zu machen, doch der Ausgang bleibt ungewiss. Auf jeden Fall hat sich
der Vorgang zum blamablen Eigentor der WbC-Macher entwickelt. Das Vertrauen der
Mitglieder ist erschüttert, die Ermittlungsbehörden wurden sensibilisiert.
Es empfiehlt sich auf jeden Fall, dass alle Mitglieder, die noch bei Verstand
sind, zuerst ihre gesamten persönlichen Nachrichten auf dem Board löschen und
auch ihre eMail-Adressen dort wechseln. Eine generelle Löschung aller IP-Nummern
in der Datenbank wäre ebenfalls eine sinnvolle vertrauensbildende Maßnahme der
Administration.