Wieder mal eine Schippe draufgelegt hat Gulli und seine Firma beim Einsatz von Dialern. Seit kurzem findet man auf den so genannten Pseudo-Gulli-Seiten wie zum Beispiel Gulli.de, Gulli.at oder Gully.com eine täuschend ähnliche Kopie der Originalseite. Mit dem kleinen Unterschied, dass dort hinter beinahe jedem Link ein Dialer lauert, der für ein einmaliges Einwählen die stolze Summe von 55 Euro kassiert. Damit springt auch Gulli auf die Welle der so genannten Flat-Dialer auf, die sich zur Zeit im Internet breit machen. Zum Preis eines Tagesverdienstes vieler Arbeitnehmer wird versucht, den Internetbesuchern eine 0190-Verbindung aufzuschwätzen.

Eigentlich ist das Angebot unglaublich: Da bietet man Tricks und Tipps für Computerspiele, so genannte Cheats, per 55 Euro Dialer an. Dabei sind die entsprechenden Computer-Spiele in der Regel deutlich billiger. Da gibt es für 55 Euro Handylogos und Klingeltöne. Für diesen Preis bekommt man in vielen Telefonläden bereits ein Handy. Da werden "Hacker"-Tools" und Verschlüsselungssoftware angeboten, die man im Netz überall kostenlos bekommen kann. Welcher nüchtern denkende Mensch würde sich eigentlich auf solche Geschäfte einlassen?

Genaue Untersuchungen gibt es dafür nicht, aber bereits die Art des Angebots sagt eine Menge über die potentiellen "Kunden". Es sind wahrscheinlich zum großen Teil gelangweilte Computer- & Handykids, von ihren arbeitenden Eltern allein zuhause gelassen, die auf diese Angeboten hereinfallen. Während sie im richtigen Leben gerade mal ihr Taschengeld ausgeben dürfen, alle weitergehenden Geschäfte für sie Tabu sind, scheint es noch immer keine juristische Bremse bei der Benutzung des elterlichen Telefonanschlusses zu geben. Hier sind die Jugendlichen offensichtlich unbeschränkt geschäftsfähig und können Telefonrechnungen in ungeahnte Höhen treiben.

Die BoardNachrichten hatten bereits im letzten Jahr die Geldbeschaffungsmethoden des Unternehmens Gulli genauestens aufgezeigt. Neben den eigentlichen Gulli-Seiten unter den Domains www.gulli.com und board.gulli.com unterhält die Firma noch eine Vielzahl anderer Domains, die sich an den Namen Gulli anlehnen. Dazu gehören alle Variationen des Namens Gulli wie zum Beispiel gulli.de, gulli.at, gulli.ch, gulli.co.uk, gulli.us, gulli.info, gulli.biz, gully.com und gulli.to. Doch im Gegensatz zu den beiden Hauptseiten wartete auf diesen Domains früher kaum Inhalt, sondern meist ein kostenpflichtiges Angebot via Dialer wie zum Beispiel Piratos oder Hackerspider. Man nutzte auf diese Weise also Vertipper aus. Die Surfer wollten eigentlich Gulli.com besuchen, gaben aber versehentlich eine andere Domain-Endung an. Und man nutzte die Dienste der Suchmaschinen. Sucht man im Internet nach Stichworten wie Warez oder Cracks im Zusammenhang mit Gulli, so warfen die Suchmaschinen eben auch die Pseudo-Gulli-Seiten aus, auf denen nichts als das Dialer-Angebot wartete.

Doch jetzt hat man das Konzept geändert. Alle Pseudo-Gulli-Domains bekamen das neue, typische Layout verpasst und sehen jetzt der Hauptseite Gulli.com täuschend ähnlich. Mit dem Unterschied, dass alle Links auf diesen Seiten bei einem Dialer enden. Egal ob man sich für wenige Minuten einwählt oder dort eine 3/4 Stunde verweilt, der Dialer kassiert in jedem Fall 55 Euro von demjenigen, der ihn benutzt.

Doch gegenüber Handylogos, Klingeltönen oder Mailbombern wie bei der Konkurrenz hat Gulli noch noch viel bessere Angebote im Warenkorb. Bei ihm soll es Warez, Cracks und Serialz geben - so kann man es zumindest auf den Seiten lesen. Die BoardNachrichten wollten sicher gehen und haben Gulli befragt: "Wie sieht es mit den so genannten illegalen Angeboten aus, also bei Warez & Cracks? Was bekommt man konkret via Dialer? Können wir damit zum Beispiel Photoshop von Eurem Server herunterladen? Oder wenn es nicht Photoshop gibt, welches Programm gibt es eigentlich dann?". Gullis Antwort fiel erwartungsgemäß knapp und unbestimmt aus: "Es ist doch wohl selbstverständlich, dass ich Fragen zu firmeninternen Prozessen nicht öffentlich beantworte."

Auf dem Gulli-Board dagegen war er etwas gesprächiger und meinte, dass die Banner-Werbung eben nicht seine Ausgaben decken würde: "Es ist richtig, dass die gulli Vertipperdomains derzeit (es war viele Monate lang anders) wieder auf einen Dialer verweisen. Wen die Meinung der Betreiber von gulli.com zu Dialern erfahren will, sollte sich mal diese Seite durchlesen. Wer meint, dass die normale auf gulli.com erscheinende (Banner-)Werbung auch nur die entstehenden Infrastruktur-Kosten (Hardware, Traffic) deckt, irrt. Es ist nicht unbedingt ein Zustand, der uns sehr gefällt, aber derzeit ist es anders nicht machbar. Wer meint aufgrund dieser Tatsache irgendwelche Konsequenzen ziehen zu müssen, ist herzlich dazu eingeladen jegliche gulli.* Domains in der Firewall zu blacklisten - nur bitte macht aus der ganzen Sache nicht gleich einen Elefanten, sondern findet euch damit ab."

Tatsächlich hat sich bei Gulli qualitativ einiges geändert. Die früher eingehaltene Trennung zwischen den Originalseiten und den Pseudo-Seiten ist inzwischen durch die Verwendung des gleichen Layouts obsolet geworden. Auf den Pseudo-Domains gibt es jetzt angebliche Links zu den wirklichen Gulli-Seiten - Gulliworld, Gulli-Toplist, Gulli-Board und Gulli-Chat. Doch führen diese Links eben nicht zum gewünschten Ziel sondern zum 55 Euro Dialer (siehe Ausschnitt von Gulli.de oben). Wer also versehentlich auf die falsche Seite gerät und schnell den Link zum Board anklickt, bekommt sofort den teuren Dialer angeboten.

Wenig lustig findet auch der renommierte Netzexperte und Designer Ralph Segert diese neue Situation. Er zeichnete für die gelungene grafische Gestaltung beim Relaunch der Gulli-Seiten verantwortlich und antwortete auf unsere Anfrage: "Wenn das wirklich ein Abzocker-Dailer ist, dann bin ich strikt dagegen, dass man unsere Arbeit dafür missbraucht. Wir müssten dann überlegen, wie wir das in Zukunft verhindern können."

Wir wollen nicht verschweigen, dass Gulli nicht der einzige Boardbetreiber ist, der mit solchen Dialern Geld verdienen möchte. Auch Sharereactor wirbt mit einem ähnlich lautenden Angebot von Piratos. Die BoardNachrichten sind deshalb diesen Angeboten auf den Grund gegangen und haben nachgefragt, wer die Dialeranbieter sind und was hinter diesen Angeboten steckt. All diese Informationen finden Sie in unserem zweiten Beitrag - Was bekommt der Kunde beim Flat-Dialer?