Vladislav Surkov in 2010Wladislaw Surkow ist ein Putin-Flüsterer. Einer der Menschen im Kreml, die nicht ständig im Rampenlicht stehen, aber großen Einfluss auf dessen Politik haben. Formal ist Surkow für die quasi von Russland annektierten Gebiete Georgiens Abchasien und Südossetien und für die Ukraine verantwortlich. Obwohl Surkow auf der Sanktionsliste der Europäischen Union steht, sah man den Mann zuletzt bei den Verhandlungen über das Minsker Abkommen in Berlin neben Wladimir Putin sitzen. [Foto: Wladislaw Surkow 2010(Kremlin.ru)]

Jetzt sind eMails von Surkows dienstlichem eMail-Account öffentlich gemacht worden. Der Hack der Surkow-Mails wird angeblich einem ukrainischen Hackerkollektiv zugeordnet, einem Zusammenschluss der Hackergruppen CYBERHUNTA, FalconsFlame, RUH8 und TRINITY. Möglich ist alles in unserer virtuellen Welt, aber es dürfte äußerst schwierig sein, Zugang zu einem Regierungsaccount Russlands zu bekommen. Da erscheint die Mutmaßung des Guardians doch plausibel, dass es sich um Geheimdienstaktionen handelt. Der Strippenzieher aus dem Kreml könnte nämlich das erste Opfer einer US-Vergeltungsaktion im Cyberkrieg geworden sein.(1)

Die veröffentlichten eMails aus 2014 bestätigen Surkows Rolle im verdeckten Krieg Russlands gegen die Ukraine. Mal wird darüber nachgedacht, eine Zeitung im besetzten Donesk zu gründen, mal wird der Tod eines russischen Soldaten vermeldet, mal erhält Surkow die Kandidatenliste für ostukrainische Regierungspositionen - bevor diese Positionen besetzt wurden.

Der Kreml reagierte sofort - Surkow benutze gar keine eMails und zudem wären einige Texte mit fehlerhaftem Ukrainischrussisch durchsetzt. Dumm nur, dass ein russischer Unternehmer seine eigene Korrespondenz in den veröffentlichten Datensätzen wiedererkannt hat. Und zudem Originalkopien der Pässe von Surkow und seiner Familie - samt Schengenvisas - dazwischen enthalten sind.

Wie eng Surkow übrigens mit Putin verbunden ist, zeigen Fotos aus seinem Büro. Neben veralterter Telefontechnik stehen da einige Apparate mit den klassischen Direktleitungen. Einer führt laut Aufkleber direkt zu Präsident Putin. (2)

Arsen Pavlov aka MotorolaAber das ist noch nicht alles. Jene „ukrainischen Hacker“ haben noch weitere Dokumente veröffentlicht. Angeblich haben sie das Handy von Arsen Pawlow, besser bekannt als Motorola gehackt, der vor einigen Tagen im Aufzug seines Wohnhauses durch eine Bombe getötet wurde. Danach hatte der Mann wohl Angst davor, vom "großen Bruder" liquidiert zu werden und deshalb zuvor mehrfach in seinem Büro geschlafen. Als Bonusmaterial gibt es zudem Fotos von dem Mann im Leopardentanga, von seiner Geliebten und kleine Filmchen aus seinem Handy [Foto: Arsen Pavlov, aka Motorola (DenTVinform Official Stream)]. (3)

Aleksey Mozgovoy 2014Aber auch Korrespondenz einer anderen ehemaligen Führungsperson der Ostukraine ist aufgetaucht. Es geht um Alexander Mosgowoj, der in einem Hinterhalt in der Nähe von Lugansk getötet wurde. Der wollte offensichtlich eher Politiker sein als Befehlshaber einer Geistertruppe ( Prizrak (Geister) Brigade). Und wollte dazu eine politische Bewegung gründen, die er ganz ordentlich in Kiew angemeldet hatte.[Foto: Alex Mosgovoj 2014 (DenTVinform Official Stream)].(4)

Mikhail Tolstykh 2015Der Tod von Arsen Pawlow hat auch seinem Kumpel Giwi (Michail Tolstych), dem angeblichen "Che Guvara" der Ostukraine, die Laune verdorben. Nach einem Post von Eduard Basurin, dem Donezker "Verteidigungsminister" habe Giwi seine vier Wohnungen in der Ostukraine hektisch verkaufen wollen und habe zudem seine Freundin nach Transnistrien in Sicherheit gebracht. [Foto: Michail Tolstych 2015 (Mstyslav Chernov)](5)

Möglich ist alles in unserer virtuellen Welt, aber es dürfte für ukrainische oder andere Hacker äußerst schwierig sein, Zugang zu einem Regierungsaccount Russlands zu bekommen. Zudem kann man annehmen, dass die Veröffentlichung all dieser Informationen zur selben Zeit keinen Zufall darstellt.

Wahrscheinlicher ist eher, dass es eine direkte Antwort der USA auf die Veröffentlichung der Clinton-eMails durch Wikileaks ist, die die Regierung ja Russland in die Schuhe schiebt. Als kleiner Beweis für die Fähigkeiten der eigenen Dienste, werden jetzt scheibchenweise eigene Erkenntnisse öffentlich gemacht. Die Russen benutzten dafür Wikileaks, die USA schieben ukrainische Hacker vor. Halten die Russen jetzt still, gibt es keine neuen Veröffentlichungen.  Denn kein Dienst will sich ohne Not in die Karten gucken lassen und seine Fähigkeiten offen legen.

Was wir gerade erleben ist eine erste Runde im Cyberwar - Russland gegen die USA.